Im Ukraine-Konflikt stehen derzeit nur wenige Zeichen auf Beruhigung. US-Präsident Joe Biden hat am Dienstag vor einer Invasion der russischen Streitkräfte in der Ukraine gewarnt. Der amerikanische Aussenminister Anthony Blinken hat Gespräche mit seinem russischen Counterpart Sergej Lawrow abgesagt. Westliche Länder bereiten Sanktionen gegen Russland vor. Neben der Zinsfront, der hohen Inflation und steigenden Rohstoffpreisen wirbelt ein weitere Unruhefaktor durch die Aktienmärkte. 

Doch trotz des grössten Kursrückgangs seit dem Corona-Schock vom Februar und März 2020 zeigen die Aktienmärkte relativ wenig Stresssignale, wie Bloomberg schreibt. Technische Unterstützungen wirkten weiter. Beim Blue-Chip-Index Euro Stoxx 50 zeige sich eine Support-Linie bei 3900 Punkten stabil, so Analyst Pierre Veyret von ActivTrades.

Indem Aktien "günstiger und attraktiver" würden, könne jede positive Entwicklung eine "starke Bullen-Korrektur" mit sich bringen. Veyret sieht den Euro Stoxx 50 in der kurzen Frist auf 4065 Punkte springen. 

Der Stoxx Europe Index 600 ist seit dem Rekordstand im Januar um 10 Prozent zurückgefallen. Die Handelsvolumen weichen aber nicht stark vom Durchschnitt ab. Auch die Entwicklung der Volatilität spricht dafür, dass die Investoren die Nerven behalten. Das Niveau ist nicht wesentlich höher als im Januar.

Der VStoxx-Future innerhalb der letzten 12 Monate (Grafik: SIX Group).

Die letzten Anstiege beim Euro-Stoxx-Volatilitätsindex VStoxx haben in der Folge zu Kursanstiegen bei Aktien geführt. "Wir könnten in den nächsten Tagen mehrheitlich risikofreudige Trades sehen, da der Markt nicht sonderlich erschreckt ist", sagt Valerie Gastaldy, technische Analystin bei DayByDay. Der Trend bei europäischen Aktien bleibe in der mittleren Frist bullish. 

Etwas vorsichtiger ist Goldman Sachs. Die New Yorker Investmentbank erwartet bei europäischen Aktien eine Richtung irgendwo zwischen einer 9-Prozent-Korrektur und einer 8-Prozent-Rally. Abhängig sei dies von der weiteren Entwicklung in der Ost-Ukraine und der Frage, ob es zu einer eigentlichen russischen Invasion im westlichen Nachbarland kommt. 

 

 

Ein Hedge gegen mögliche Entwicklungen bildeten aber weiterhin Öl- und Energie-Aktien: Bei Goldman Sachs wie auch JPMorgan sind das jetzt mithin die Lieblings-Sektoren. Die Investmentbank Jefferies wiederum hat einen Call auf Goldminen-Titel eröffnet und sagt gleichzeitig, Volatilität werde für 2022 die beste Anlageklasse sein.  

Für Madison Faller, Strategin bei der JPMorgan Private Bank, ist die beste Strategie gegen Unsicherheiten weiterhin Diversifikation. "Wir sind mehr denn je auf die Qualitätsbereiche im Markt fokussiert - Unternehmen mit starken Bilanzen, einer erwiesenen Fähigkeit zur Wertsteigerung sowie einem starken ESG-Rating." 

Daten zeigen: US-Märkte steigen nach Korrekturen

Auch der US-Index S&P 500 ist nach zwei Jahren durch die geopolitischen Unsicherheiten in Osteuropa offizell wieder im Korrektur-Modus, wenn man den 10-Prozent-Kursrückgang seit Anfang Januar als Richtschnur nimmt. Der Tech-lastige Nasdaq Composite, der noch anfälliger auf den Zinserhöhungs-Fahrplan der US-Notenbank Fed reagierte, ist bereits vor einem Monat in die Korrektur gefallen. 

Die Erfahrung zeigt aber, dass der Markt von diesen Korrekturen zurückspringt, wie die US-Börsenwebsite Marketwatch.com schreibt. Daten seit 1928 würden dies bestätigen. Im Schnitt würde der Markt eine Woche nach der Korrektur um 0,7 Prozent ansteigen, innerhalb einer Zwei-Wochen-Frist aber um 0,4 Prozent sinken. Dann aber zeige der Markt in einer Drei-Wochen-Periode genauso wie in der Monats-, Halbjahres- und Jahresfrist eine Aufwärtsbewegung. 

(Bloomberg/cash)