Wenn Verwaltungsräte oder Geschäftsleitungsmitglieder Aktien der eigenen Gesellschaft kaufen oder verkaufen, schauen Investoren meist genauer hin. Die sogenannten Management-Transaktionen müssen in der Schweiz der Börsenaufsicht gemeldet werden und sind bei der Schweizer Börse SIX öffentlich einsehbar.

Management-Transaktionen können für Anleger einen wichtigen Hinweis für die zukünftige Aktienperformance eines Unternehmens bieten. Drücken doch die Manager mit ihren Kauf- und Verkaufsentscheiden möglicherweise die eigene Sicht auf den aktuellen oder zukünftigen Geschäftsgang des Unternehmens aus. Kauft ein Manager Aktien der eigenen Firma, ist dies in der Regel ein positives Zeichen. Ein Verkauf kann als ein negatives Signal gedeutet werden.

Trotzdem sollten Anleger bei der Interpretation vorsichtig sein – besonders bei Verkäufen. Es gibt viele Gründe für einen kurzfristigen Cash-Bedarf: Die Steuerrechnung, eine teure Scheidung oder der Kauf einer Villa. Doch auch Käufe sind trügerisch, decken sich doch gerade neue Manager aus Überzeugung - unabhängig von den tatsächlichen Aussichten - mit Aktien des eigenen Unternehmens ein.

Über Management-Transaktionen lässt sich also genüsslich spekulieren. Der Fantasie stellen sich fast keine Grenzen. Grundlage für eine vollumfängliche Handelsstrategie sind die Management-Transaktionen sicherlich nicht, sie sollten aber bei einer Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden.

Schweizer Aktien, bei denen Manager in den letzten vier Wochen besonders auffällige Zu- und Verkäufe getätigt haben:

Kühne+Nagel: Die Aktien des Logistikkonzerns haben sich von der Corona-Krise erholt und stehen auf Jahressicht knapp 8 Prozent im Plus. Sie nähern sich damit einem Bewertungs- und Kursniveau, dass die Aktien letztmals im Januar 2018 erreichten. Es muss nichts heissen, doch es wurden in den letzten vier Wochen Aktienverkäufe im Wert von 5 Millionen Franken bei der SIX gemeldet - werden hier vorsorglich Kursgewinne realisiert?

Performance der Kühne+Nagel-Aktien seit 2017 (Quelle: cash.ch).

Eines oder mehrere Geschäftsleitungsmitglieder haben in einer Transaktion Titel im Wert von 1'862'710 Franken verkauft. Eine oder mehrere "natürliche Personen", die einem Verwaltungsratsmitglied nahestehen, verkauften zweitens in drei Transaktionen Aktien im Wert von 2'650'534 Franken. Und schlussendlich veräusserte ein Verwaltungsratsmitglied Wertschriften im Umfang von 522'864 Franken.

Bei Management-Transaktionen bei Kühne+Nagel kommt sofort immer der Name Klaus-Michael Kühne ins Spiel. Der deutsche Milliardär hält über die Kühne Holding 53,3 Prozent am Logistikkonzern. Händler vermuten, dass Ankeraktionär Kühne zu den Verkäufern in den Transaktionen der vergangenen Monate dazugehört. 

Klar ist, das Unternehmen Kühne+Nagel hatte im Juli überraschend starke Halbjahreszahlen präsentiert. Auf einen Ausblick auf das Gesamtjahr wurde jedoch verzichtet. Verspürt der Logistikkonzern aktuell wieder mehr Gegenwind im internationalen Handel und ist dies der Auslöser für die Aktienverkäufe der Manager? Gut möglich ist jedoch auch, dass der hohe Kursstand einige Manager einfach zu Gewinnmitnahmen verleitete.

Dormakaba: Anfang September vermeldete das Schliesstechnikunternehmen die Zahlen für das per 30. Juni abgeschlossene Geschäftsjahr 2019/20. Die Zahlen waren corona-getränkt: Umsatzeinbruch von 10 Prozent, der Reingewinn ging um 35 Prozent zurück. Und auf eine Prognose für 2020/21 verzichtete Dormakaba. Stattdessen wurde ein Restrukturierungsprogramm zur Senkung der Kosten vermeldet – Stellenabbau inklusive.

Dieser schlechte Zahlenkranz und die eher düsteren Aussichten hinderten ein Verwaltungsratsmitglied nicht daran, Aktien im Wert von 718'080 Franken zu kaufen. Anscheinend glaubt die im Unternehmen involvierte Person daran, dass Dormakaba auf lange Sicht ein gutes Investment ist und der Kurs ein Aufholpotenzial aufweist - er müsste es ja wissen.

Diese Zuversicht wird von den von Bloomberg befragten Analysten nicht geteilt. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 523 Franken - ein potenzieller Kursgewinn von 3 Prozent. Ein "Buy"-Rating steht acht "Holds" und zwei "Sells" gegenüber. 

Schindler: Für die Periode der letzten vier Wochen stehen genau drei Management-Transaktionen zu Buche – alles Verkäufe. Ende August verkauft ein Geschäftsleitungsmitglied 1200 Aktien im Wert von 288'000 Franken. Kurz darauf zieht ein Verwaltungsratsmitglied mit der Veräusserung von 3171 Aktien im Wert von 337’245 Franken nach. Den Schlusspunkt bildet der Abstoss von 6691 Aktien im Wert von 1'659’368 Franken durch ein Verwaltungsratsmitglied Mitte September. 

Fakt ist: Die Aktien des Aufzugsherstellers Schindler bewegen sich aktuell wieder auf dem Vorkrisenniveau – plus 3 Prozent seit Jahresbeginn. Vielleicht haben einige Schindler-Manager die Gunst der Stunde genutzt und Gewinne mitgenommen. Dies ist kein schlechter Schachzug, wenn man bedenkt, dass die Aktie mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 35,77 eindeutig hoch bewertet ist.

Cosmo Pharmaceuticals: Seit 2017 hat die Aktienperformance von Cosmo Pharmaceuticals nur eine dominierende Farbe: Rot. 2020 könnte dies erstmals wieder anders sein. Die Aktien stehen auf Jahressicht gut 13 Prozent im Plus. Zudem konnte das Pharmaunternehmen bei den Halbjahreszahlen – trotz Corona – ein Umsatzplus und eine Verlustminderung gegenüber der Vorjahresperiode bekanntgeben.

Performance der Cosmo-Aktien seit 2017 (Quelle: cash.ch).

Zufall oder nicht: Die SIX listet vier Verkaufs-Transaktionen im Wert von 2'321'958 Franken innerhalb der letzten vier Wochen auf – alle von Geschäftsleitungsmitgliedern. Ist dies ein Hinweis darauf, dass der Geschäftsgang beim Medtech-Unternehmen im zweiten Halbjahr stagniert oder sich sogar verschlechtert? 

Die Beantwortung dieser Frage bleibt sicherlich bis zu den Jahreszahlen 2020 reine Spekulation. Dass der Eigenbedarf des Geschäftsleitungsmitglieds die Ursache für den Verkaufsentschied gewesen ist, kann nicht ausgeschlossen werden. Dies umso mehr, da die von Bloomberg befragten Analysten noch Aufwärtspotenzial sehen. Ein Analyst von Research Partners versah die Aktien Ende August bei einem "Buy"-Rating mit einem Kursziel von 110 Franken – 28 Prozent Kursgewinnpotenzial.

Pierer Mobility: Etwas unübersichtlich gestalten sich die Management-Transaktionen beim grössten Motorradbauer Europas. Drei Zukäufe stehen einem Verkauf gegenüber. Dabei wurden alle Transaktionen von einer "juristischen Person", die einem Geschäftsleitungsmitglied "nahesteht", getätigt. Dabei handelt es sich vermutlich um die Industriebeteiligungsgesellschaft Pierer Industrie, die etwa 60 Prozent am Pierer Mobility hält und die Firmenchef Stefan Pierer gehört.

Die drei Aktienkäufe haben einen Wert von 3'037'443 Franken. Demgegenüber steht der Verkauf von 100'000 Aktien im Wert von 4'950'000 Franken. Was die genaue Ursache für diese gegenläufigen Transaktionen war, bleibt wie so oft bei Management-Transaktionen im Dunkeln. Eins ist aber sicher: Der österreichische Motorradbauer navigiert gut durch die Corona-Krise – für das zweite Halbjahr peilt das Unternehmen eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr an.

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