Das Investmentunternehmen der Luxusgüterfamilie Pinault, Artemis, hat seine Verschuldung laut einer mit den Vorgängen vertrauten Person um etwa 40 Prozent über das historische Niveau auf rund 7,1 Milliarden Euro ausgeweitet. Die Finanzierungskosten könnten jedoch weiterhin problemlos durch Dividenden aus Beteiligungen gedeckt werden, so die Person, die aufgrund der Sensibilität der Angelegenheit nicht namentlich genannt werden wollte. Details, wie genau der Schuldenabbau erfolgen soll, wurden nicht genannt.
Der Rückzug markiert das Ende einer langen Wachstumsphase der Familie, deren Patriarch François Pinault (89) vor über sechs Jahrzehnten die Grundlage für Kering schuf und später das Auktionshaus Christie’s International, einen Fussballverein, Weingüter, Medienunternehmen, eine Kreuzfahrtlinie und Kunst kaufte. Zuletzt investierte die Familie in die Hollywood-Talentagentur Creative Artists Agency (CAA), während Kering Milliarden in Gewerbeimmobilien, den Parfumhersteller Creed und 30 Prozent des Modehauses Valentino steckte.
Das Familienvermögen hat jedoch gelitten: Das Nettovermögen ist in den vergangenen vier Jahren um mehr als die Hälfte gefallen – teilweise wegen gescheiterter Sanierungsversuche bei der Kering-Tochter Gucci. Die Gesamtausschüttungen aus den Beteiligungen des Family Office sollen dieses Jahr um etwa 40 Prozent auf rund 520 Millionen Euro sinken.
Die Nettovermögenswerte der Artemis-Beteiligungen liegen laut Insider bei rund 28 Milliarden Euro, also etwa beim Vierfachen der eigenen Schulden. Kering SA selbst hat weitere 10 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten, CAA rund 2 Milliarden Euro. Grosse Übernahmen wie die von CAA will Artemis auf absehbare Zeit vermeiden. 2023 kaufte die Firma 53 Prozent an CAA für rund 3,5 Milliarden Dollar – ein Investment in den US-Markt und die Talentbranche; der Anteil liegt inzwischen bei 54,2 Prozent.
Probleme der Beteiligungen
Artemis’ Verschuldung sei im weltweiten Vergleich ungewöhnlich, heisst es im Global Family Office Report 2025 von Citigroup. Von 346 untersuchten Strukturen arbeite die Hälfte komplett ohne Fremdkapital, nur 8 Prozent wiesen eine Verschuldung von mehr als 30 Prozent auf. «Family Offices haben in der Regel den Auftrag, generationenübergreifend Vermögen aufzubauen und Kapital zu bewahren», so der Bericht. «Erträge sollen aus strategischer Asset-Allokation und stetigem Zinseszinseffekt stammen – nicht aus einer starken Hebelung des Portfolios.»
Das Vermögen der Familie Pinault erreichte im August 2021 seinen Höhepunkt, als die Nachfrage nach Luxusgütern stark anstieg. Seitdem ist es jedoch um 58 Prozent auf etwa 25 Milliarden US-Dollar gesunken – laut Bloomberg Billionaires Index der grösste Rückgang unter den 500 reichsten Menschen weltweit.
Dies spiegelt die Probleme wichtiger Beteiligungen wider: Kering hat die Ausschüttungen an die Pinaults und andere Aktionäre gekürzt, während Gucci versucht, aus einer Abwärtsspirale herauszukommen. Ein neuer CEO, Luca de Meo, soll den Turnaround schaffen. Ähnlich läuft es bei Puma SE (Artemis-Anteil: 29 Prozent), wo der neue Chef Arthur Hoeld die Strategie überarbeitet.
Der Schuldenabbau von Artemis folgt dem Beispiel von Kering, das im August von Standard & Poor’s mit einem negativen Ausblick versehen wurde. S&P bezifferte die Nettoschulden inklusive Leasingverpflichtungen auf rund 14,5 Milliarden Euro in den Jahren 2025/2026, bestätigte aber das Investment-Grade-Rating. Von Artemis gingen keine «negativen Kreditüberlegungen» aus, so die Agentur.
Auch bei CAA stiegen die Schulden – teils wegen «schuldenfinanzierter Dividenden», wie Fitch im Januar berichtete. Die Agentur verwies auf das Risiko eines stärkeren Eingriffs der Artemis-Eigentümer und die Wahrscheinlichkeit weiterer schuldenfinanzierter Ausschüttungen, bestätigte jedoch ebenfalls die Bonität. CAA behält eine führende Marktposition, vor allem im Musik- und Sportbereich, und plant ein neues Büro in London – teilweise durch neue Kredite finanziert.
Für 2025 erwartet man bei CAA rund 1,8 Milliarden Dollar Umsatz bei einer 27-prozentigen Gewinnmarge. Eine höhere Verschuldung für zusätzliche Dividenden sei jedoch nicht vorgesehen.
Luxus-Patriarchat von Frankreich
Artemis wurde 1992 gegründet und ist eines der ältesten Family Offices Frankreichs. François Pinault und sein Sohn François-Henri Pinault (63) fungieren als geschäftsführende Partner. Zwei Geschwister sowie drei Mitglieder der dritten Generation sitzen im Vorstand. Der bretonische Patriarch, der die Schule mit 16 verliess, hat zudem eine der grössten Sammlungen zeitgenössischer Kunst aufgebaut – rund 10'000 Werke, gehalten in der Holding Financière Pinault.
In einer aktuellen Meldung gab Artemis bekannt, 2024 eine Dividende von 250,2 Millionen Euro an Financière Pinault gezahlt zu haben – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Die durchschnittliche Ausschüttungsquote der letzten fünf Jahre liegt bei 25 bis 30 Prozent. Ein bedeutender Einschnitt erfolgte Anfang September: François-Henri Pinault gab nach zwei Jahrzehnten seinen Posten als CEO von Kering auf. Er bleibt zwar Chairman, zieht aber von London zurück nach Paris und will sich stärker auf Artemis konzentrieren.
(Bloomberg)