Der breit gefasste Börsenindex S&P 500 in den USA hat in den letzten vier Wochen 11 Prozent zugelegt, der Nasdaq gar 14 Prozent. Was heisst: Aktien-Anlegerinnen und Anleger sind wieder optimistischer.

Während sich die Anleger wieder auf Aktien und auch Anleihen stürzen, deutet aber immer noch vieles darauf hin, dass die jüngste Rallye an den Aktienmärkten auf einem schwachen Fundament stehen könnte. Während eine leichte Abkühlung der US-Verbraucherpreise der Erholung weiteren Aufwind gab, bleibt die Inflation dennoch weiterhin bestehen. Hinzu kommen die sich weiter verschlechternden makroökonomischen Rahmenbedingungen, die Ungewissheit über das Ausmass einer weiteren Straffung der Geldpolitik, eine sich verschärfende Verknappung der Lieferketten und eine grosse Anzahl technischer Hindernisse. 

"Die Risikobereitschaft im Aktienhandel scheint im Widerspruch zu den sich verschlechternden makroökonomischen Bedingungen zu stehen", wie Barclays-Strategen unter der Leitung von Emmanuel Cau meinen. Sie fügen hinzu, dass die Fundamentaldaten für die Rallye in Europa nur wenig Unterstützung bieten. Diese würden nämlich, zusätzlich zu Energietiteln, defensive Versorgungs- und Gesundheitstitel bevorzugen, während bei Nebenwerten eine Short-Position ersichtlich ist.

«Eingebettete» Inflation als Teil der Struktur

Zyklische Werte gehörten zu den Hauptantreibern der jüngsten Erholung am Aktienmarkt. Barclays schätzt, dass diese Zykliker einen Anstieg der Einkaufsmanagerindizes von 50 auf 55 einpreisen, was die Grossbank unter den gegenwärtigen Umständen als unwahrscheinlich erachtet.

Auch für den Nomura-Strategen Charlie McElligott ist momentan kein Grund zur Entspannung gegeben. Die grössten Sorgen bereitet ihm dabei die Möglichkeit, dass der Markt im ersten Quartal 2023 zur Einsicht gelangt, dass die "eingebettete" Inflation bereits Teil der Struktur geworden ist.

Weitere Eindämmung der Inflation

In der Zwischenzeit ist der Zinspfad noch weit von einer Wende entfernt und die Zentralbanken könnten geneigt sein, die Zinssätze weiter zu erhöhen, damit die Inflation weiterhin angemessen eingedämmt werden kann. Die Pimco-Ökonomen Tiffany Wilding und Allison Boxer sehen eine "relativ hohe" Wahrscheinlichkeit, dass die Fed den Zinssatz im September um weitere 75 Basispunkte anheben wird.

Dies während die Sommerferien noch voll im Gange sind und das Handelsvolumen des Stoxx 600 auf einem saisonalen Tiefstand steht. Das macht den Markt anfällig für plötzliche Schwankungen.

Verschnaufpause wird nötig

Aus technischer Sicht häufen sich die Anzeichen, dass die Marktrallye eine Verschnaufpause nötig hat. Der globale Trendmonitor von Bloomberg zeigt eine positive Dynamik in allen Handelsorten ausser China auf, während die Volatilität an den meisten Märkten ein geringes Level aufweist. Viele Massstäbe deuten aber auch auf Übereinkäufe hin.

Unterdessen befindet sich der S&P 500-Index an einer entscheidenden Widerstandsmarke und jegliche Anstrengungen, diese zu durchbrechen, sind bisher gescheitert. Ein entsprechender Versuch am Donnerstag hat zu einem Ende des Handelstags geführt, welches von technischen Analysten als potenzielles Wendesignal für die Rallye angesehen wird. Ausserdem weist der Leitindex momentan den grössten Abstand zum 50-Tage-Durchschnitt seit den Sommermonaten von 2020 auf.

(Bloomberg/cash)