Die Aktie von Richemont hat an der Börse seit Mitte August wieder an Fahrt gewonnen. Während viele Luxuswerte mit vorsichtigeren Konsumenten in China, nachteiligen Wechselkurseffekten und handelspolitischen Risiken zu kämpfen haben, konnte der Genfer Konzern an der Börse zulegen. Seit dem 12. August ist die Aktie von rund 130 auf 150 Franken gestiegen.

Zuvor waren die Aktien nach dem Umsatzzahlen zum ersten Quartal ab Mitte Juli deutlich gesunken. Seit Anfang des Jahres hat der Titel dennoch um über 8 Prozent zugelegt. Der S&P Global Luxury Index verzeichnet im selben Zeitraum ein Minus von 6 Prozent.

Es bestehen schon seit einiger Zeit strukturelle Belastungsfaktoren. Allen voran die anhaltende Konsumschwäche in China, die als wichtigster Wachstumsmarkt für Luxusgüter gilt. Hinzu kommen Unsicherheiten über die US-Handelspolitik, die Einfluss auf Zölle und Lieferketten nehmen könnte, sowie volatile Währungsrelationen.

Nach 18 schwachen Monaten mehren sich aber die Anzeichen einer sektorweiten Stabilisierung. Der Ausverkauf bei Luxustiteln, allen voran dem französischen Konzern LVMH, scheint Dynamik zu verlieren. Die Bewertungen sind selektiv wieder attraktiver und Investoren differenzieren stärker nach Qualitätsmerkmalen. Bereits im Juli deuteten Strategen darauf hin, dass ein erheblicher Teil der Negativfaktoren in der Luxusbranche an der Börse eingepreist sein dürfte.

Der Rückenwind kommt für Richemont aus der Schmucksparte, angeführt von den Luxusmarken Cartier und Van Cleef & Arpels, wie die Zahlen des ersten Quartals zeigten. Die sogenannten «Schmuck-Maisons» fungieren in einem abgekühlten Konsumumfeld als Stabilitätsanker für Richemont. Denn dass das zweite Segment, die Uhrensparte, konjunkturell sensibler reagiert, ist bekannt.

Jüngst war auf Branchenportalen aus den USA in den USA von Preiserhöhungen bei Richemont-Produkten zu lesen. So werde der Cartier-Schmuck um 6 Prozent und Uhren um 5 Prozent teurer werden, bei einzelnen Kollektionen sogar um 10 bis 12 Prozent. Hintergrund der US-Erhöhungen sind die Schwäche des US-Dollars und der steigende Goldpreis. In Europa und China wurden die Preise bereits im September angehoben.

«Strukturell zunehmende Verbreitung von Markenschmuck»

Nun rücken langsam die Zweitquartalszahlen von Richemont vom 14. November in den Fokus. Barclays ​​​​​erwaretet ein starkes Wachstum in der Schmucksparte, während sich das Uhrengeschäft leicht negativ entwickelt haben dürfte. Aufgrund höherer Rohstoffpreise und Zölle nimmt Barclays die Gewinnschätzungen fürs Gesamtjahr leicht zurück, ohne jedoch die positive Grundhaltung zur Aktie infrage zu stellen. Denn die Anlageempfehlung lautet weiterhin «Übergewichten», das Kursziel wurde leicht auf 161 von 164 Franken gesenkt.

Die UBS kommt zu einem etwas zuversichtlicheren Fazit. Die Grossbank hob ihr Kursziel im Hinblick auf die Zahlen auf 176 von 169 Franken an und blieb bei ihrem «Kaufen»-Rating. Die bevorstehenden Halbjahresergebnisse dürften ihre Erwartung bestätigen, dass der Luxusgüterkonzern zu den Unternehmen mit dem besten organischen Umsatzwachstum der Branche gehört, schrieb zuständige Analystin.

Als Hauptgründe nennt sie die «strukturell zunehmende Verbreitung von Markenschmuck und das starke Markenportfolio der Gruppe». Zwar würden der anhaltende Druck bei Rohstoffen, also konkret bei Gold, sowie Wechselkurse kurzfristig auf der operativen Dynamik lasten. Aber mit Blick auf das zweite Quartal sollten gesundes Wachstum und strikte Kostenkontrolle den Margendruck ausgleichen, so die Analystin.

Gemäss Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg empfehlen 19 Analysten die Richemont-Aktien zum Kauf, 14 zum Halten, eine Verkaufsempfehlung liegt nicht vor. Das durchschnittliche Kursziel veranschlagen sie bei gut 165 Franken. Das Aufwärtspotenzial ist mit 10 Prozent also nicht überwältigend. Das Allzeithoch von 187,55 Franken wurde im Februar erreicht.

Monique Misteli Ringier
Monique MisteliMehr erfahren