Vallair, eigentlich ein Spezialist für die Wartung und Zerlegung von Flugzeugen, hat in Chateauroux, 250 Kilometer südlich von Paris, mit der Umrüstung seines ersten A330-300-Passagierflugzeugs begonnen. Die neue Methode soll nur einen Monat dauern und nur ein Viertel der ansonsten gängigen vollständigen Umrüstung kosten.

Das Konzept des luxemburgischen Unternehmens Vallair sieht vor, lediglich die Sitze und die Einbauten aus der Kabine des Grossraumflugzeugs zu entfernen, ohne eine grosse Frachtluke einzubauen, was viel kostspieliger ist. Stattdessen soll die Fracht einfach durch die vorhandenen Passagiertüren geladen werden. Die sind für Standardpaletten oder Containern zwar zu klein, doch die Fracht soll stattdessen per Förderband in paketgrossen Kartons in den Innenraum gelangen.

In den letzten beiden Jahren wurde soviel Luftfracht befördert, wie noch nie: die traditionellen Lieferketten waren gestört und Online-Shopping boomte. Frachtmaschinen auf Basis von Grossraumflugzeugen kosten neu bis zu 350 Millionen Dollar und sind kurzfristig kaum zu bekommen. Die Wartezeit für gebrauchte und umgerüstete A330 liegen ebenfalls bei bis zu fünf Jahre und die Kosten bei bis zu 20 Millionen Dollar.

"Wir nutzen die Gelegenheit", sagte Vallair-Chef Gregoire Lebigot in einem Interview in dem Werk. "Die Nachfrage ist sehr hoch."

Ein so umgebauter A330 hat eine Nutzlast von etwa 60 Tonnen und die Konvertierung dürfte nach Schätzungen des Luftfahrtdienstleisters IBA weniger als 5 Millionen Dollar kosten. Darüber hinaus können die Modifikationen rückgängig gemacht werden, so dass die Fluggesellschaften die Sitze wieder einbauen können, wenn der Frachtboom abflaut. Die Zulassung des Verfahrens durch die Europäische Agentur für Flugsicherheit, EASA, wird in Kürze erwartet und ist weniger aufwändig, da tatsächliche Umbauten nur in geringem Umfang anfallen. 

Auch Boeing rüstet um

Die Elbe Flugzeugwerke GmbH, an der Airbus beteiligt ist, benötigt bis zu acht Monate, um in eine A330 eine grossen Tür einzubauen und die Maschine mit zwei Frachtdecks auszubauen.

Israel Aerospace Industries rüstet seit langem Boeing-Jets um und wird für das Leasingunternehmen Avolon Holdings zwischen 2025 und 2028 insgesamt 30 A330 umrüsten.

Vallair baut seit etwa zehn Jahren in den USA, China und Singapur kleinere Flugzeuge wie die Airbus A321 und Boeing 737 zu Frachtern um. Das französische Werk werde das erste sein, das auch A330-Maschinen umbauen kann und Kapazität für etwa 10 Flugzeuge pro Jahr haben, sagte Lebigot.

Die Arbeiten werden in einem gigantischen neuen Hangar auf dem Flughafen Chateauroux stattfinden, einem ehemaligen NATO-Stützpunkt. Dort gibt es nur eine Start- und Landebahn, umgeben von Äckern. Ausgelegt ist die Anlage für die Wartung und Lagerung der Superjumbos vom Typ A380.

Auf Passagiermaschinen vom Typ A330 können Fluggesellschaften womöglich leichter verzichten als auf andere Modelle, weil es für diesen Typ bereits modernere Konkurrenten gibt.

«Prachter»

Das Konzept von Vallair verzichtet auf eine grosse Tür und eignet sich dadurch zwangsläufig nicht die Beförderung von Autos oder grosser Maschinen. Eine Sprecherin von EFW sagte, dass "Prachter", wie die umgebauten Passagierflugzeuge genannt werden, am besten für die Expresszustellung von Paketen geeignet sind, obwohl die längere Beladungszeit aufgrund der fehlenden Paletten ein Problem werden könnte.

Die Probleme in den Lieferketten und der daraus resultierende Stau an Seefrachtcontainern in den Häfen dürften der Luftfracht wahrscheinlich noch bis 2024 Aufwind verleihen, so Pascal Fabre, Geschäftsführer von AlixPartners in Paris.

Ausserdem wollen sich einige Reedereien, beflügelt von den Rekordgewinnen in der Schifffahrt, Luftfrachtkapazitäten als zusätzliche Einnahmequelle und schnellere Alternative sichern. CMA-CGM baut in Zusammenarbeit mit Air France eine eigene Frachterflotte auf, während MSC  dabei ist, zusammen mit der Deutsche Lufthansa ein Gebot für die neue italienische Fluggesellschaft Italia Trasporto Aereo abzugeben.

(Bloomberg)