Die Rekordjagd am amerikanischen Aktienmarkt ist nicht zu bremsen. Alleine seit Jahresbeginn konnte der breit gefasste S&P-500-Index gut 6 Prozent auf 1‘960 Punkte zulegen. Seit seinem Zwischentief im März 2009 bei 667 Zählern hat sich das Börsenbarometer nahezu verdreifacht, der technologielastige Nasdaq Composite Index sogar mehr als vervierfacht.

Im Windschatten davon haben auch die europäischen Aktienmärkte Auftrieb. Der Deutsche Aktienindex (DAX) ist in den letzten Tagen zwar wieder unter die magischen 10‘000 Punkte gefallen. Nach den ersten sechs Monaten bringt er es dennoch auf ein ansehnliches Plus von 3,5 Prozent. Noch besser schneidet unser Swiss Performance Index (SPI) ab, welcher ziemlich genau 9 Prozent über dem Stand von Anfang Jahr steht.

Wie es in den kommenden Monaten an den Märkten weitergehen wird, dürften schon die nächsten Tage verraten. Am Dienstagnachmittag um 16 Uhr steht in Übersee der ISM Index zur Veröffentlichung an. Die Umfrage bei amerikanischen Einkaufsmanagern gilt als wichtiges Stimmungsbarometer für die dortige Wirtschaft. Für Juni rechnen Experten mit einem Stand von 55,8 Punkten. Ein über 50 Punkten liegender ISM Index deutet auf eine expansive, sprich auf eine wachsende Wirtschaft hin.

Am Donnerstag folgt dann der Arbeitsmarktbericht für Juni, der aufgrund des Nationalfeiertags einen Tag früher als gewohnt veröffentlicht wird. Experten gehen von 217‘000 neu geschaffenen Stellen ausserhalb der Landwirtschaft und einer Arbeitslosenquote von 6,3 Prozent aus. Die Stundenlöhne sollten um durchschnittlich 0,2 Prozent steigen. Die Situation am amerikanischen Arbeitsmarkt ist nicht zuletzt deshalb wichtig für die Märkte, weil sich die US-Notenbank mit ihrer Zins- und Geldpolitik in einem hohen Grad daran orientiert.

Aktienmärkte vor entscheidenden Wochen

Ist die Stimmung unter den amerikanischen Einkaufsmanagern besser als erwartet und hellt sich die Situation am dortigen Arbeitsmarkt weiter auf, sollte das den Aktienmärkten noch einmal Auftrieb verleihen.

Noch orientieren sich die Marktakteure nicht allzusehr an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Bestes Beispiel ist die dritte und letzte Revision des US-Bruttoinlandprodukts von vergangener Woche. Neusten Erhebungen zufolge schrumpfte dieses in den ersten drei Monaten um 2,9 Prozent. Der Wert ist auf das Jahr hochgerechnet. Ende Mai noch hatte das Handelsministerium nur einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1 Prozent gemeldet.

Experten hatten nach einem ungewöhnlich harten Winter zwar mit einer Wachstumsdelle gerechnet. Von deren Ausmass zeigten sie sich vergangene Woche jedoch überrascht. Dennoch reagierten die Aktienmärkte sowohl in Übersee als auch in Europa äusserst besonnen. Vermutlich auch deshalb, weil sich durch das schlechte Wetter ein Nachholbedarf aufgestaut hat. Dieser sollte sich in Zukunft positiv in der Wirtschaftsentwicklung niederschlagen.

In Zuge der extrem expansiven Zins- und Geldpolitik der Zentralbanken führender Wirtschaftsnationen koppelten sich die Aktienmärkte über die letzten Jahre von der realwirtschaftlichen Entwicklung nach oben ab. Die Märkte sind nun allerdings an einem Punkt angekommen, an dem es zunehmend harten Fakten bedarf, um noch einmal in den Genuss höherer Kurse zu kommen.

Fallen die in den kommenden Tagen zur Veröffentlichung anstehenden Wirtschaftsindikatoren schwächer als erwartet aus, wird die längst überfällige Korrektur immer wahrscheinlicher. Gerade am amerikanischen Aktienmarkt war seit dem Spätherbst 2011 nie mehr eine Korrektur von 8 Prozent oder mehr zu beobachten. Man muss weit in der Geschichte zurückgehen, um auch nur auf eine im Entferntesten vergleichbare Phase zu stossen.

Auf welche Aktien und Sektoren Anleger im Sommer setzen sollten

In der ersten Jahreshälfte gerieten die Zinsen überraschend unter Druck. Alleine in den USA sanken die Zinsen zehnjähriger Staatsanleihen von rund 3 Prozent vorübergehend auf unter 2,5 Prozent. Nach der Leitzinsreduktion und der Einführung negativer Einlagenzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) fielen die Zinsen in Europa wieder in die Nähe ihrer absoluten Tiefststände.

Während das Zinsumfeld für defensive Aktien aus den Sektoren Gesundheit, nichtzyklische Verbrauchsgüter und Telekommunikation spricht, lassen die zusehends positiveren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine überdurchschnittliche Entwicklung konjunkturabhängiger Aktien und Sektoren erwarten. Dazu zählen solche aus den Bereichen Industrie, Grundstoffe und Technologie.

Lagen in der Zeit seit Anfang Jahr vermehrt defensive Aktien und Sektoren in der Gunst der Anleger, könnte dieser Trend zusehends in Richtung konjunkturabhängiger Aktien und Sektoren kehren. Dann ist beim viel beachteten S&P-500-Index auch ein Sprung über die psychologisch wichtige Marke von 2‘000 Punkten kein Tabuthema mehr. Grundvoraussetzung dafür ist allerdings, dass die in diesen Tagen anstehenden Wirtschaftsindikatoren keine Hiobsbotschaften bergen.

Übernahmetätigkeit vielleicht das Zünglein an der Waage

Alleine seit Jahresbeginn wurden weltweit Übernahmen und Fusionen mit einem Transaktionswert von 1,75 Billionen Dollar bekanntgegeben. Das entspricht dem höchsten Stand seit dem Rekordjahr 2007. Zuletzt sorgten diesbezüglich vor allem amerikanische Firmen für Schlagzeilen. Gemäss Merrill Lynch sitzen die ausserhalb des Finanzsektors angesiedelten Unternehmen auf Barmittelreserven von 1,3 Billionen Dollar. Ein substanzieller Teil dieser Barmittel liegen im Ausland. Einige Firmen haben im Rahmen von Steueroptimierungsversuchen damit begonnen, im Ausland Grossübernahmen zu tätigen. Manchmal ist es in den letzten Wochen und Monaten aber auch nur beim Versuch geblieben. Dass amerikanische Unternehmen vor allem in Europa auf Einkaufstour sind, ist dennoch nicht von der Hand zu weisen.

Und auch wenn sich dieser Einflussfaktor nur am Rande auf den unmittelbaren Trend an den Aktienmärkten auswirkt, so sollte er sich für letztere zumindest als stützend erweisen.