Nein, es handelt sich nicht um das Frühstücksmüsli, wenn in Finanzkreisen von den «Granolas» gesprochen wird. Gemeint ist eine im Jahr 2020 von Goldman Sachs benannte Aktiengruppe. Diese beinhaltet elf europäischen Unternehmen mit der höchsten Marktkapitalisierung (Stand 2020), also GSK, AstraZeneca, Novo Nordisk, L'Oréal, LVMH, ASML, SAPSanofi und die drei Schweizer Schwergewichte Nestlé, Novartis und Roche. Ihre Marktkapitalisierung repräsentiert ein Viertel des Stoxx Europa 600-Index.

Im Gegensatz zu den allbekannten «Glorreichen Sieben» aus den USA scheint die europäische Gruppe auf den ersten Blick keinen Stich zu haben. Immerhin werden die US-Aktienmärkte S&P 500 und der Nasdaq von Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla getragen. Die Tech-Titel sind hoch bewertet und überzeugten bis anhin mit ihren Wachstumshoffnungen. 

Risikobereitschaft belastet Mag 7

Diese Überzeugung hat letztlich denn auch gelitten. Die Aktien kamen wegen der von Präsident Donald Trump verhängten Zölle stark unter Druck. «Die Magnificent Seven sind ein Barometer für die Risikobereitschaft der Anleger», zitiert Reuters den Chefmarktstratege bei B. Riley Wealth, Art Hogan. Dabei hat sich die weltweite Risikobereitschaft der Anleger unter der neuen US-Politik stark reduziert. 

Seither hat sich der US-Aktienmarkt stark zurückgekämpft und darunter auch die sieben Aktien der glorreichen Sieben, wobei diese auf Jahressicht nach wie vor rund 5 Prozent einbüssen. Dabei gibt es Unterschiede: Nicht alle Titel wurden gleichermassen abgestraft und nicht alle haben sich gleichermassen erholt. Während Tesla, Goole oder Apple zu den Abgestraften gehören, haben sich Meta und Microsoft besser gehalten. Dabei spielen nebst dem Zollkonflikt primär unternehmensspezifische Meldungen und Entwicklungen eine Rolle. 

So oder so, notieren die Aktien der Gruppe laut Goldman Sachs mit einem durchschnittlichen KGV von 28 auf der niedrigsten Bewertung seit 2018. Der zuständige GS-Analyst David Konstin geht davon aus, dass der Bewertungsabschlag den Aktien bald Rückenwind verleihen könnte. 

Gruppen im Vergleich

In Europa hegt man derweil die Hoffnung, dass die hiesigen Aktienmärkte wieder an das erfolgreiche erste Quartal anschliessen könnten, denn erst die Zollankündigungen von Donald Trump zogen dem Rally den Stecker. Interessant sind die Granolas primär unter dem Aspekt der Risikodiversifikation. Laut den Analysten von Goldman Sachs haben die Granola-Aktien in der Vergangenheit bessere risikoadjustierte Renditen erzielt - sprich die Rendite der Investition war höher im Verhältnis zum Risiko gemessen an der Schwankungsanfälligkeit.

Konkret lassen sich die beiden Gruppen folgendermassen vergleichen: 

  Granolas Mag 7
Performance 2024 +20,3 Prozent +67 Prozent
Performance 2025 +1,07 Prozent -12,73 Prozent
Marktkapitalisierung 2,5 Billionen Euro 2,3 Billionen Dollar
Sektordiversität Gesundheit, Konsumgüter, Tech Technologie, Automobilindustrie
Volatilität gering (50 Prozent weniger) hoch (Ein Vontobel-Produkt, das die Magnificent Seven nachbildet, hat eine Volatilität von 31.79 Prozent - basierend auf den Bezugsverhältnissen)
Dividendenrendite 2–2,5 Prozent (jedes Unternehmen zahlt Dividende) 0,3 Prozent (Amazon, Tesla, Alphabet zahlen keine Dividende)
Bewertung KGV ca. 19,6 KGV von 28

 

Aus der Tabelle lässt sich primär ein Fazit ziehen. Die Magnificent Seven überzeugen zwar mit einer höheren Performance aufgrund des realisierten Wachstums in der Vergangenheit, aber unterliegen einer beachtlich höheren Volatilität. Dies ist einerseits der niedrigen Sektordiversifizierung zuzuschreiben, aber auch den höheren Erwartungen des Marktes. Die hohe Abhängigkeit von Innovationserwartungen befindet sich in einer direkten Symbiose mit den Kursen. 

Gleichzeitig überzeugen die Granolas durch die Auswahl an qualitativ hochwertigen und wachstumsstarken Unternehmen. Goldman Sachs betont das starke Gewinnwachstum, hohe und stabile Margen sowie robuste Bilanzen. Diese Eigenschaften machen sie besonders langfristig attraktiv. Da die Gruppe im Verhältnis zu ihrem Gewinn etwa 30 Prozent weniger kosten, wirken sie ausserdem preiswerter als das amerikanische Pendant.

«In den USA werden die Technologie-Werte wahrscheinlich immer der langfristige Gewinner bleiben. In Europa ist es andererseits eher eine Kombination aus strukturell starken respektive stabilen Sektoren wie Gesundheitswesen, Basiskonsumgüter und Technologie», schrieb Aktienmarktstratege Peter Oppenheimer von Goldman Sachs damals.

Beidseitige Wachstumsaussichten

Die Granola-Unternehmen profitieren von strukturellen Trends wie dem demografischen Wandel, der Digitalisierung industrieller Prozesse und dem wachsenden Bedarf an Gesundheitslösungen. Besonders der Gesundheitssektor – vertreten durch Unternehmen wie Novo Nordisk, Roche, AstraZeneca oder Novartis – profitiert von der alternden Weltbevölkerung und der Zunahme chronischer Erkrankungen wie Diabetes oder Krebs. Novo Nordisk verzeichnet seit Jahren ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum durch seine GLP-1-Präparate, die sowohl zur Diabetes- als auch zur Adipositasbehandlung eingesetzt werden.

Die Luxuskonzerne wie LVMH und L'Oréal profitieren von der wachsenden Mittelschicht in Asien und der weltweit zunehmenden Nachfrage nach hochwertigen Markenprodukten. Gleichzeitig ist SAP jüngst zum wertvollsten Unternehmen Europas aufgesteiegen und stellt für 2025 weiteres Wachstum im zweistelligen Prozentbereich in Aussicht. Die Titel legten innerhalb von zwölf Monaten rund 40 Prozent zu - doppelt so stark wie der deutsche Leitindex Dax. Der Chipausrüster ASML hat seine Prognosen für das laufende Jahr trotz der erratischen US-Zollpolitik bekräftigt. Der holländische Konzern setzt dabei weiterhin auf die Künstliche Intelligenz (KI) als Wachstumstreiber.

Gleichzeitig ist die hohe Exponierung der Gesundheitsbranche auch eine mögliche Quelle für Rückschläge. Die Gruppe ist anfällig für branchenspezifische Probleme wie Patentausläufe, regulatorische Preissenkungen oder stagnierende Forschungspipelines. Auch die Einführung von Preisdeckel oder staatliche Subventionen würde die Margen und Gewinne der betroffenen Unternehmen betreffen. Hinzu kommen, dass die europäische Wirtschaft strukturell langsamer wächst als jene der USA, was langfristige Wachstumschancen begrenzen kann. Politische Unsicherheiten oder Währungsrisiken könnten das Wachstum ebenfalls beeinträchtigen.

KI ist für die Mag 7 das Stichwort

Vor allem Unternehmen wie Nvidia und Microsoft gelten als direkte Profiteure des KI-Booms – Nvidia durch die enorme Nachfrage nach Hochleistungschips, Microsoft über seine strategische Partnerschaft mit OpenAI und die Integration von KI-Funktionen in seine Office- und Cloud-Angebote. Viele der Konzerne erzielen weiterhin zweistellige Umsatzwachstumsraten, wie aus den jüngsten Quartalszahlen hervorgeht. Ihre Dominanz, hohen Margen und Innovationsführerschaft sorgen dafür, dass sie auch in den kommenden Jahren ein rasantes Wachstumstempo an den Tag legen dürften.

Sollten diese Erwartungen jedoch nicht erfüllt werden, drohen Kursverluste für Anleger - ein möglicherweise schmaler Grat zwischen Hoffnung und Risiko. Zudem verschärfen die US- und EU-Behörden zunehmend ihre Kartell- und Datenschutzregeln, was eine weitere Belastung darstellt. 

Risiko als Knackpunkt

Abschliessend lässt sich sagen, es ist kein direkter Vergleich möglich. Vielmehr spielen die Intentionen und die Risikobereitschaft des Anlegers eine Rolle. Während bei den Magnificent Seven höhere Gewinne lauern, überzeugen die Granolas mit Robustheit, was sie insbesondere für risikoaversere Anleger attraktiv macht. 

Langfristig orientierte Anlegerund auf Dividenden bedachte Anlegerinnen und Anleger dürften sich bei den Granolas gut aufgehoben fühlen, während die Mag7 für wachstumsorientierte und risikobereite Anleger ansprechender sind. Das gilt vor allem für Händler, welche das kurzfristige Kursrisiko nicht scheuen.

Wer auf Granolas setzen will, wird beim Tracker-Zertifikat «Solactive Granolas EUR Index» fündig und bei den Mag7 bietet sich der «Roundhill Magnificent Seven ETF» an. 

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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