Nach weiteren Kurseinbrüchen an Weltbörsen vergangene Wochen – der Swiss Market Index (SMI) konnte als einer wenigen Länderindizes leicht gewinnen – suchen Börsianer nach Anzeichen für ein Ende der Talfahrt. "Wir befinden uns in der Mitte eines wild wütenden, historisch einmaligen Sturms, der über die Wirtschaft und die Finanzmärkte hinwegfegt", sagte Daniel Schär, Experte bei der Weberbank.

Es werde zwar von den Regierungen und Notenbanken alles unternommen, um die Auswirkungen der Pandemie zu begrenzen. Die Wirtschaft werde aber in eine Rezession abgleiten. "Die Tiefe und Dauer der Rezession hängt von der Dauer der Einschränkungen des öffentlichen Lebens ab, die wir hinnehmen müssen, um die Pandemie zu überstehen."

In Deutschland gehen Börsianer davon aus, dass nach dem Kursrutsch von etwa 40 Prozent beim Dax seit seinem Höhepunkt im Februar nun der grösste Teil der Verluste überstanden ist. Andreas Hürkamp, Aktienexperte bei der Commerzbank, verweist darauf, dass der Dax schon in etwa auf das Niveau seines Buchwerts gefallen ist. Der schlimmste Absturz sei daher wohl vorbei. Nun werde der Markt versuchen, einen Boden zu finden, das könne aber lange dauern.

Schweizer Aktienmarkt preist U-förmige Rezession ein

Der SMI verlor mit seiner defensiven Ausrichtung im gleichen Zeitraum etwas weniger (-23 Prozent). Während der letzten Woche konnte er sogar als einer der wenigen Länder-Indizes zulegen (+3 Prozent).  "Der Aktienmarkt preist derzeit das Risiko eines 'U' zumindest teilweise ein", sagt Daniel Kalt, Chefökonom und Anlagechef Schweiz bei der UBS, gegenüber cash. Man sei nicht mehr weit davon entfernt, dass der Aktienmarkt den U-Verlauf komplett antizipiere. 

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Robert Greil, Chefstratege von der Privatbank Merck Finck, rechnet mit noch länger turbulenten Zeiten am Markt. "Die immer weitreichenderen Massnahmen der Notenbanken und der Politik sind richtig, Erfolge bei der Eindämmung der Virus-Ausbreitung sind aber wichtiger." Die Liquiditätsspritzen der Notenbanken seien notwendig, um die Funktion der Finanzmärkte zu gewährleisten. "Die Börsen hassen Unsicherheit - daher ist für sie nichts wichtiger, als erste echte Anhaltspunkte dafür, wann das Virus soweit unter Kontrolle gebracht werden kann, dass wieder normales Wirtschaftsleben absehbar ist."

Aufschluss darauf, wie stark die Wirtschaft unter den Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie leidet, erhoffen sich die Anleger aus den Konjunkturdaten, die in der kommenden Woche vorgelegt werden. Unter anderem steht in Deutschland am Mittwoch der Ifo-Index an. Erstmals in seiner Geschichte legte das Münchner Institut ein vorläufiges Ergebnis vor. Demnach brach das Barometer im März so stark wie seit 1991 nicht mehr ein. Auch bei den Einkaufsmanagerindizes, die am Dienstag veröffentlicht werden, wird mit einem Rückgang gerechnet.

KOF-Zahlen am Dienstag

In der Schweiz wird am Dienstag der KOF Consensus Forecast publiziert. Für diesen werden über 20 Ökonomen befragt. Sie prognostizieren zum einen gesamtwirtschaftliche Daten (Wachstum des BIP, der Bau-​ und Ausrüstungsinvestitionen, Entwicklung des Preisniveaus und der Arbeitslosenquote), zum anderen Finanzmarktgrössen (kurz-​ und langfristige Zinsen, Wechselkurse, Börsenentwicklung).

Geschäftsergebnisse der Unternehmen rücken dagegen in den Hintergrund. Derzeit läuft die Berichtssaison auf Hochtouren, eine Reihe von Unternehmen aus der zweiten Reihe legt ihre Zahlen vor. Zuletzt haben viele Unternehmen ihre Prognosen für das laufende Jahr drastisch zusammengestrichen.

Unternehmen, die in der nächsten Woche Zahlen präsentieren sind: Jungfraubahn, Edisun Power, Vaudoise, Investis, Cham Group, QuickLine und Santhera

Für mehr Aufmerksamkeit bei den Börsianern sorgen die Nachrichten aus der Medizin. Die beste Nachricht dabei wäre für viele Finanzexperten ein Impfstoff gegen das Virus, mit dem nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts aber erst 2021 zu rechnen ist. Auch ein wirksames Medikament könne die Stimmung am Markt drehen, sagte Commerzbank-Experte Hürkamp.

(cash/Reuters)