Die hohe US-Inflation erweist sich als hartnäckiger als gedacht und setzt die Notenbank Fed bei den Zinsen weiter unter Zugzwang. Die Teuerungsrate für Waren und Dienstleistungen fiel im August auf 8,3 Prozent von 8,5 Prozent im Juli, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte.

Von Reuters befragte Experten hatten mit einem Wert von 8,1 Prozent und damit einem deutlicheren Nachlassen des Preisauftrieb gerechnet. Die Jahresteuerungsrate ist nunmehr immerhin zum zweiten Mal in Folge gesunken, was Experten als gutes Zeichen werten.

 

 

Der US-Dollar und die Kapitalmarktzinsen in den USA legten nach der Veröffentlichung der Preisdaten stark zu. Das spricht dafür, dass die Finanzmärkte weitere deutliche Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed erwarten. Diese muss auch gegen die hohe Inflation vorgehen, da die schädlich für die Wirtschaft ist. Menschen kaufen dann weniger ein. Gleichzeitig verteuern steigende Zinsen Kredite für Unternehmen und Menschen.

Börsenkurse fallen - US-Tech-Aktien deutlich verkauft

Die Aussicht auf ein anhaltend hohes Zinserhöhungstempo der Notenbank Fed vertreibt Anleger aus der Wall Street. Die Leitindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 fielen zur Eröffnung am Dienstag um bis zu drei Prozent. "Anleger werten die unerwartet hohen Inflationszahlen als Signal dafür, dass die Fed noch lange nicht mit der Zinserhöhung fertig ist", sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Der Zinserhöhungszyklus werde wohl länger dauern und der Spitzensatz höher liegen als bislang gedacht.

Vor diesem Hintergrund trennten sich Investoren vor allem von Technologiewerten. Die Aktien von Amazon, Apple, Netflix, des Facebook-Betreibers Meta und der Google-Mutter Alphabet fielen um bis zu fünf Prozent. Eine steigende Inflation und höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen. 

Der SMI hat inzwischen ins Minus gedreht und notiert um 0,60 Prozent tiefer. Der Dax an der deutschen Börse fallt um 0,92 Prozent zurück.

«Der Hochpunkt der US-Inflation sollte hinter uns liegen»

"Es wird immer mehr zu Gewissheit: Der Hochpunkt der US-Inflation sollte hinter uns liegen", so LBBW-Ökonom Dirk Chlench. An den US-Terminmärkten wird nunmehr dennoch fest damit gerechnet, dass die US-Notenbank am 21. September einen dritten grossen Zinsschritt in Höhe von 0,75 Prozentpunkten gehen wird. Damit würde der Schlüsselzins dann in einer Spanne von 3,00 bis 3,25 Prozent landen. Auch eine noch drastischere Anhebung gilt als nicht ausgeschlossen.

Der Hintergrund: Die Notenbank strebt als Idealwert für die Konjunktur eine Jahresteuerung von 2,0 Prozent an und ist davon trotz des jüngsten Rückgangs noch meilenweit entfernt. Sie will auf jeden Fall verhindern, dass sich die Erwartung einer anhaltend hohen Inflation in den Köpfen der Amerikaner festsetzt. Denn damit wäre die Glaubwürdigkeit der Notenbank als Hüterin der Preisstabilität in Gefahr. Die Fed wird nach Ansicht von VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel daher gefordert bleiben. Mit den Inflationszahlen vom August sei eine Zinsanhebung um 75 Basispunkte "in Stein gemeisselt". Dies gelte gerade auch vor dem Hintergrund der im zweiten Halbjahr wesentlich besseren wirtschaftlichen Entwicklung.

An den Finanzmärkten blicke man deshalb auf die Zinssitzungen im späteren Jahresverlauf: "Sollte sich herausstellen, dass die Inflationsdynamik im Dienstleistungssektor hoch bleibt, wird die Fed nicht umhinkommen, auch auf den Zinssitzungen im November und Dezember deutlicher an der Zinsschraube zu drehen als bislang erwartet." Bis Ende dieses Jahres dürften weitere Zinsschritte notwendig sein, um die Inflationsrate deutlich und anhaltend nach unten zu befördern, meint auch Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.

(Reuters/AWP/cash)