Arbeitnehmer demonstrierten vor dem Veranstaltungsort in Wiesbaden am Donnerstag gegen eine Übernahme durch die Italiener. Sie hielten Plakate mit dem Spruch «Wir sind die Bank - stark und eigenständig» in die Höhe. Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp unterstrich vor dem Aktionärstreffen, die Bank konzentriere sich auf ihre «eigenständige Strategie und das ist das Wesentliche». Es gelte, «dass wir nicht irgendwie ständig Störfeuer von aussen brauchen», sagte sie Reuters.

Die Commerzbank ist ins Visier der Unicredit geraten, der in Deutschland bereits die HypoVereinsbank (HVB) gehört. Aktionäre riefen den Commerzbank-Vorstand aber auch auf, «strategische Optionen» für alle Aktionäre zu prüfen - zu diesen gehört auch Unicredit. Kooperationen dürften für die Commerzbank kein Tabu sein, sagte Hendrik Schmidt von der Fondsgesellschaft DWS.

Die Italiener sind inzwischen der zweitgrösste Commerzbank-Aktionär nach dem Bund, der rund zwölf Prozent hält. Unicredit-Vertreter wurden auch bei der Hauptversammlung erwartet. Die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufseherin für die Grossbanken hat eine weitere Aufstockung der direkten Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent bereits genehmigt. Auch das Kartellamt gab grünes Licht für die Aufstockung. Die Commerzbank stemmt sich gegen eine Übernahme.

Unicredit-Chef Andrea Orcel hat immer wieder betont, dass sein Institut bei der Entscheidung über ein Übernahmeangebot für die Commerzbank nicht unter Zeitdruck ist. Er könne auch bis 2027 warten. Bei einer Entscheidung komme es auch darauf an, wie ein Meinungsaustausch mit der neuen Bundesregierung ausfällt - und ob das Commerzbank-Management eine konstruktive Haltung einnehme. Orlopp machte nun klar, dass die Commerzbank im Austausch mit der neuen Bundesregierung steht. «Wir sind in regelmässigem Kontakt mit all unseren Aktionären und wirklich allen grossen Aktionären», sagte sie vor dem Aktionärstreffen. «Und dazu zählt natürlich auch ganz klar der Bund, und deswegen ist es jetzt keine Überraschung, dass wir natürlich auch mit Berlin in Kontakt stehen.»

Orlopp: «Eigene Strategie hat Priorität»

Auch in ihrer vorab verbreiteten Rede machte sich Orlopp für eine Unabhängigkeit des Geldhauses stark. «Es ist unser grosses Ziel, die Commerzbank als feste Grösse unter den erfolgreichen europäischen Banken zu etablieren», sagte sie in ihrer vorab verbreiteten Rede. Dabei werde die «Momentum» genannte Strategie der Bank helfen. «Der Kapitalmarkt weiss (...), dass wir einen überzeugenden Plan zur Wertschaffung haben – und was wir als eigenständige Bank erreichen können.» Die Bank sei natürlich auch bereit, sich alternative Optionen ergebnisoffen anzuschauen. «Priorität hat jetzt aber die zügige Umsetzung unserer eigenen Strategie.» Mit dieser trimmt sie das Institut auch auf Profit und umgarnt die Aktionäre mit Ausschüttungen. Steigt der Aktienkurs, wird eine Übernahme für die Unicredit teurer.

Teil des «Momentum»-Programms ist auch der Abbau von rund 3900 Stellen, rund 3000 davon in Deutschland. Am Vorabend der Hauptversammlung hatte das Geldhaus eine Einigung mit den Arbeitnehmern über die Modalitäten des Abbaus verkündet. Die Bank setzt dabei vor allem auf Altersteilzeit und Vorruhestand, aber auch Abfindungen seien möglich, wenn Mitarbeiter den Konzern in Deutschland in Abstimmung mit dem Arbeitgeber verlassen.

(Reuters)