«Zum ersten Mal in unserer Geschichte werden wir alle drei der Big Three bestreiken», sagte UAW-Präsident Shawn Fain in einer Facebook-Live-Ansprache weniger als zwei Stunden vor Ablauf des alten Tarifvertrages. Die Arbeiter würden um Mitternacht die Arbeit niederlegen, sofern keine Einigung in letzter Minute zustande käme. Die Streiks sollen im Bronco-Montagewerk von Ford in Wayne, im US-Bundesstaat Michigan, im Montagewerk für mittelgrosse Pickups von GM in Wentzville, im US-Bundesstaat Missouri, und im Jeep-Montagewerk von Stellantis in Toledo, im US-Bundesstaat Ohio, stattfinden. Sie sind entscheidend für die Produktion einiger der rentabelsten Fahrzeuge der Unternehmen. Fain zufolge ist es nicht ausgeschlossen, dass die Streiks sich auf weitere Fabriken ausweiten könnten. «Wenn wir aufs Ganze gehen müssen, werden wir das tun», so der Gewerkschaftspräsident.

Ford sagte in einer Erklärung, dass die jüngsten Vorschläge der UAW seine Arbeitskosten in den USA verdoppeln würde. Eine Arbeitsniederlegung könnte bedeuten, dass die Gewinnbeteiligung der UAW für dieses Jahr «dezimiert» werde, so das Unternehmen. GM und Stellantis lehnten vor Ablauf der Streikfrist um Mitternacht eine Stellungnahme ab. Zuletzt hatten Ford und GM 20 Prozent mehr Lohn angeboten, Stellantis lag bei 17,5 Prozent. Insindern zufolge war die Gewerkschaft zuletzt bereit, von den geforderten 40 Prozent auf 36 Prozent herunterzugehen. Die UAW verfügt über einen Streikfonds von 825 Millionen US-Dollar. Ein langer Streik droht, die Wirtschaft in Aufruhr zu versetzen, da Zulieferer und andere Branchen, die von den Automobilherstellern und ihren Beschäftigten abhängig sind, einen Nachfragerückgang erleben. Nach Schätzungen der Deutschen Bank würde ein Vollstreik die Gewinne jedes betroffenen Automobilherstellers um 400 bis 500 Millionen US-Dollar pro Woche Produktionsausfall beeinträchtigen.

Die Situation hat sich längst zu einem politischen Thema ausgeweitet, da US-Präsident Joe Biden, der sich im nächsten Jahr zur Wiederwahl stellt, eine Einigung anstrebt. Er hatte am Donnerstag nach Angaben des US-Präsidialamts mit der Gewerkschaft sowie den Vorständen der Automobilunternehmen über den Stand der Tarifverhandlungen gesprochen. Einem Bericht der «Washington Post» zufolge bereitet die Regierung derzeit Nothilfen vor, um kleineren Autozulieferern im Falle eines Streiks bei den grossen amerikanischen Pkw-Herstellern unter die Arme greifen zu können. Das Weisse Haus hat sich dazu allerdings noch nicht geäussert.

(Reuters)