Der Swiss Market Index scheint derzeit nur eine Richtung zu kennen: Nach oben. Der Schweizer Leitindex hat in dieser Handelswoche jeden Tag ein neues Rekordhoch markiert und am Mittwoch erstmals die Marke von 12'400 Punkten überschritten. Es summiert sich ein Wochenplus von 2,4 Prozent. Marktteilnehmer erwarten, dass der Gipfel vorerst noch nicht erreicht ist. Beflügelt durch gute Unternehmenszahlen und positive Konjunkturdaten bleiben die Anleger gut gestimmt und kaufen weiter.

Die positive Grundstimmung am Schweizer Aktienmarkt wird durch mehrheitlich gute Firmenergebnisse weiter angeheizt, wie es am Markt heisst. Fast vier von fünf Firmen haben bei der Vorlage ihrer Zahlen im ersten Halbjahr die Schätzungen der Analysten übertroffen. "Im Zuge der positiven Ergebnisse steigt auch die Stimmung der Anleger, was die Volatilität des SMI auf den niedrigsten Stand seit Anfang des Jahres drückte", heisst es in einem Kommentar der Raiffeisen. Zudem gibt die Annahme des billionenschweren US-Infrastrukturpakets durch den US-Senat dem Markt weiteren Auftrieb.

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Die Dynamik bestimmt aber auch die Angst der Anleger, etwas zu verpassen. "Für einige, die an der Seitenlinie auf fallende Kurse gewartet haben, ist der Druck einfach zu gross geworden", sagt Portfolio-Manager Thomas Altmann. "Jetzt müssen sie in den Markt." Andere sähen die neuen Hochs als beständigen Aufwärtstrend und stockten ihre Bestände auf.

Mit ihrer Bergwanderung ist die Schweizer Börse nicht alleine, der SMI hat aber die meisten wichstigsten Indizes übertroffen. In der ablaufenden Woche legte der deutsche Dax  1,4 Prozent zu. Für die meisten europäischen Börsen war es die vierte Gewinnwoche in Folge. Der Dow Jones legte rund 1 Prozent zu.

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Trotz der Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus zeigten die Börsen in Europa und den USA bislang keine Schwäche, sagte Analyst Pierre Veyret vom Handelshaus ActivTrades. Das liege auch an den im Vergleich zu Asien energischeren Impfkampagnen. Hohe Kursgewinne seien zudem ein schwaches Argument für bevorstehende Korrekturen, fasst Anlagestratege Ulrich Stephan von der Deutschen Bank zusammen. Der eigentlich relevante Faktor für die Aktienanlage seien die Unternehmensgewinne, "und die entwickeln sich prächtig." So ermöglichten die weltweiten Öffnungen der Volkswirtschaften in den USA ein Gewinnwachstum im zweiten Quartal von gut 80 Prozent gegenüber dem Covid-belasteten Vorjahresquartal für bonitätsstarke Unternehmen.

Dank Impfstoffentwicklung und Fiskalpaketen werden auch die im europäischen Auswahlindex der 600 größten Unternehmen nach IBES-Daten von Refinitiv einen Rekordanstieg bei den Quartalsgewinnen von rund 148 Prozent einfahren. Das wären deutlich mehr als die vor die Beginn der Bilanzsaison prognostizierten 104 Prozent. Hierzulande stehen in der neuen Woche hauptsächlich noch Bilanzen aus der zweiten und dritten Reihe an.

Die Investoren hätten sich auch entschieden, den starken Anstieg der Produzentenpreise in den USA zu ignorieren. "Obwohl das Thema Inflation und Kostendruck in der jetzt zu Ende gehenden Berichtssaison sehr häufig als Belastungsgrund in den Bilanzpressekonferenzen der Unternehmen genannt wurde", heisst es in einem Kommentar von CMC Markets. Die Experten von Raiffeisen Schweiz verweisen allerdings auf den "gerade noch akzeptablen Anstieg der US-Produzentenpreise" vom Donnerstag. Dadurch lasse sich die Angst vor Inflation wieder etwas aufschieben.

Warnzeichen für Korrektur?

Marktteilnehmer betrachten das Geschehen inzwischen skeptisch. "Die laufende Berichtssaison zeigt zwar, dass die erwirtschafteten Zahlen die Erwartungen zu einem grossen Teil übertreffen, allerdings neigen Investoren auch dazu, deshalb die Unsicherheiten der wirtschaftlichen Erholung zu unterschätzen", heisst es in einem Kommentar. So könne der Optimismus der Anleger auch als Warnsignal interpretiert werden. Eine technische Korrektur würde die meisten Marktteilnehmer nicht überraschen und auch die Jahreszeit spricht laut Experten eigentlich für eine Korrektur. Aber "aktuell überwiegt scheinbar die Freude über neue Bestmarken an der Börse und dieser Dynamik können nur wenige widerstehen", schreibt CMC Markets.

Von den 20 Unternehmen im SMI haben bereits 17 ihre Zahlenkränze veröffentlicht. Nächsten Dienstag folgen mit Swiss Life und nachbörslich mit Alcon zwei weitere SMI-Grössen. Geberit macht dann am Donnerstag den Abschluss bei den 20 grössten Unternehmen an der Schweizer Börse.

Kommende Woche rapportieren aber auch über 30 kleinere und mittlere Schweizer Unternehmen. Von Interesse dürfte am Dienstag Polypeptide sein, die als Börsenneulinge an der SIX zum ersten Mal eine Zwischenbilanz abgeben. Aber auch die Versandapotheke Zur Rose (am Donnerstag) oder der sich im Umbau befindliche Solarzellenhersteller Meyer Burger dürften das Interesse auf sich ziehen. Weiter legen Firmen wie Huber + Suhner, Gurit, Implenia oder Feintool ihre Halbjahresergebnisse vor. Neben den Resultaten interessieren sich Marktteilnehmer vor allem auch für den Ausblick auf die kommenden Monate der Unternehmen.

Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed im Fokus

Auch aus konjunktureller Sicht wird es eine spannende Woche: Sie startet mit Konjunkturdaten aus China, wo die Detailhandelsumsätze sowie Daten zur Industrieproduktion auf der Agenda stehen. Die Experten der Graubündner Kantonalbank erwarten eine leichte Abschwächung. Denn die chinesische Regierung versuche derzeit mit aller Härte den Ausbruch der Delta-Variante des Coronavirus einzudämmen, was für den Binnenkonsum wohl einigen Gegenwind bedeuten könnte. 

Bei den Konjunkturdaten richten die Investoren ihre Aufmerksamkeit am Dienstag auch auf die US-Einzelhandelsumsätze. Der Der jüngste Boom sei voraussichtlich vorbei, prognostiziert Commerzbank-Experte Christoph Balz. Zum einen laufen die sehr großzügigen staatlichen Hilfsleistungen aus, zum anderen haben sich viele Haushalte neu ausgestattet mit Möbeln oder technischen Geräten, sodass die entsprechende Nachfrage in ein Loch gefallen ist, erläutert er.

Das Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed dürfte ebenfalls im Fokus stehen. Es könnte Hinweise zum erwarteten Abschmelzen der Anleihekäufe enthalten. Ausserdem hält US-Notenbank Chef Powell nächste Woche eine Rede. "Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank die Anleihekäufe ab Anfang 2022 reduzieren wird", so die Graubündner Kantonalbank. Darüber hinaus stehen in den USA noch der Empire State Index, der Philly Fed Index und die Industrieproduktionszahlen für Juli an. Aus der Eurozone werden das BIP und die Beschäftigungszahlen des zweiten Quartals erwartet.

(AWP/Reuters)