Seit dem 23. Juni 2025 sind es unübliche 21 Schweizer Aktien, die gemeinsam den Leitindex der Börse bilden. Auch im Swiss Leader Index ist die Anzahl von 30 auf 31 erhöht worden. Grund dafür ist die Abspaltung der Nordamerikatochter Amrize von Holcim. Das Spin-off wurde in sämtliche Indizes aufgenommen, in denen auch Holcim vertreten ist.
Dabei war von Anfang an klar, dass dies nur vorübergehend der Fall ist. Die Börsenbetreiberin SIX will damit eine Stabilität der Struktur der Indizes sicherstellen. Erst bei der regulären Indexüberprüfung, am 3. Freitag im September 2025, wird entscheidet.
Dieser «ordentliche Indexreview» wird regelmässig (vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich gemäss SIX-Bestimmung) durchgeführt, um die Zusammensetzung den Marktentwicklungen anzupassen, wie die SIX in einem Merkblatt schreibt. Die Entscheidung basiert auf der Selektionsliste, welche bereits im Juni erstellt wurde.
Entscheidende Faktoren
Der SMI besteht anhand des Wortlauts der SIX aus «den 20 grössten und liquidesten Aktieninstrumente, die bei SIX gehandelt werden». Der Index repräsentiere mehr als 75 Prozent der Freefloat-Marktkapitalisierung des gesamten Schweizer Aktienmarktes. Für die Aufnahme beziehungsweise den Verbleib im Leitindex sind Eckdaten der Unternehmen relevant, welche die Indexfähigkeit bewerten. Zusätzlich wird darauf geachtet, dass der Index eine ausgewogene Branchenverteilung aufweist, um eine breite Repräsentation sicherzustellen.
Wie die SIX erklärt, werden die 20 Indexkomponenten des SMI aus einer festgelegten Selektionsliste ausgewählt. Um Schwankungen im Index zu verringern, wird ein Puffer für die Ränge 19 bis 22 verwendet. Die ersten 18 Komponenten werden direkt in den Index aufgenommen, während für die verbleibenden Plätze zunächst jene Kandidaten bevorzugt werden, die bereits im Index vertreten sind. Erst danach werden neue Unternehmen aus dem Puffer hinzugefügt, bis die Gesamtzahl von 20 erreicht ist.
Aktien, die an mehreren Börsen primärkotiert sind und weniger als 50 Prozent ihres Gesamtumsatzes an der SIX erzielen, müssen zusätzlich ein Liquiditätskriterium erfüllen - das ist vor allem für Amrize relevant. Alle SPI-Komponenten werden nach ihrem kumulierten Orderbuch-Umsatz der letzten zwölf Monate, bezogen auf den Gesamtumsatz des Indexuniversums, absteigend sortiert. Es wird nur der Umsatz an den primären Börsen berücksichtigt, wobei mehrfach primärkotierte Titel mindestens Rang 18 erreichen müssen, um aufgenommen zu werden, und bei Rang 23 oder tiefer aus dem Index entfernt werden.
Entscheidende Kriterien für die Aufnahme in den SMI sind also vor allem die Marktkapitalisierung, wie ein nicht namentlich genannter Experte einer Kantonalbank, gegenüber cash.ch bestätigt. Wichtig ist dabei, dass die Marktkapitalisierung berücksichtigt wird, die auf dem frei handelbaren Anteil (Free Float) basiert. Dieser Wert berücksichtigt nur den Börsenwert der tatsächlich frei handelbaren Aktien und schliesst grosse Pakete aus, die zum Beispiel von Gründern, dem Staat oder strategischen Investoren gehalten werden.
Auch die Liquidität, beziehungsweise das Handelsvolumen, der Aktie spielt eine Rolle - also wie häufig und in welchem Umfang sie gehandelt wird. Weiter dürfen Kriterien wie die Stabilität des Unternehmens nicht aussen vor gelassen werden. Es kann also grundsätzlich nicht mathematisch berechnet werden, es sind viele einzelne Faktoren entscheidend.
Amrize im Schleudersitz?
Eine letzte grosse Änderung im SMI gab 2023, als die Aktien der Credit Suisse dekotiert wurden und Kühne+Nagel in den Leitindex aufstiegen. Auch die Abspaltung von Sandoz bei Novartis brachte beinahe eine Verschiebung mit sich. Damals wurden die Schleudersitzkandidaten Geberit, Swiss Life, Sonova und Logitech diskutiert. Zu einer Änderung kam es allerdings nicht, es sind alle nach wie vor dabei. Wer ist es also diesmal?
Verfährt man nach dem Ausschlussverfahren, sind sicherlich die gewichtigsten drei Unternehmen sicher: Roche, Nestlé und Novartis. Sie weisen Marktkapitalisierungen von über 200 Milliarden auf und machen beinahe 50 Prozent des Indexes aus. Auch ABB, UBS, Richemont, Zurich dürften mit mehr als 90, beziehungsweise 100 Milliarden unbeschwert sein.
Anders am Ende des Klassements: Es stechen fünf Titel hervor, die potenziell gefährdet sind. Es sind dies beinahe dieselben wie vor zwei Jahren: Logitech, Sonova, Geberit und mit Kühne+Nagel der «Aufsteiger» von 2023 und der jetzige Neuling Amrize.
Ein nicht namentlich genannter Experte erkor einen bestimmten Gefahrenkandidaten aus: «Insgesamt ist Kühne+Nagel am stärksten gefährdet.» Die Aktie liege bei der Marktkapitalisierung auf dem letzten Platz und beim Handelsvolumen auf dem vorletzten, so die Begründung. Auch Julius Bär gibt gegenüber cash.ch Auskunft und erachtet Sonova, Logitech, und Kühne+Nagel als Gefahrkandidaten. Die Unternehmen hätten eine deutlich tiefere Marktkapitalisierung im Streubesitz und tiefere Liquidität.
Anders ist die Situation bei Amrize. Die Index-Kriterien seien voraussichtlich erfüllt, womit die «harten Fakten» für einen Verbleib im SMI sprechen, so der KB-Experte. Julius Bär bestätigt, dass das Handelsvolumen vergleichbar oder gar besser sei als bei Swiss Life, Geberit, Kühne + Nagel, Logitech, oder Sonova.
Es sprächen jedoch auch weniger offensichtliche Faktoren für das Holcim-Spin-Off. «Das Unternehmen hat dank des Handelsregistereintrags und der hohen Anzahl an Schweizer Investoren einen Bezug zum hiesigen Markt», führt der Experte der Kantonalbank aus. Zudem sei das Geschäft etabliert und solide.
Rochade in den Benchmark eine Liga tiefer
Wie relevant der Verbleib für den designierten «21. Aktientitel» schlussendlich ist, bleibt diskutierbar. SMI-Unternehmen stehen sicherlich stärker im Fokus der Öffentlichkeit. Die Unternehmen profitieren von einer höheren Sichtbarkeit, da sie verstärkt von Analysten beobachtet und in den Medien erwähnt werden. Das kann allerdings Fluch und Segen zugleich sein.
Zudem führt die Aufnahme in den Index oft zu zusätzlicher Nachfrage durch ETFs und institutionelle Anleger, die den SMI abbilden. Das erhöht die Liquidität und senkt potenziell die Kapitalkosten. Fliegt ein Unternehmen aus dem SMI, verschwindet es meist aber nicht aus der Landschaft bei den wichtigsten Schweizer Börsenindizes. Sollte Kühne+Nagel aus dem SMI gekippt werden, so dürfte dem Unternehmen die Aufnahme in den SMIM - das letzte M steht für Mid Cap - auf sicher sein. Der SMIM ist ebenfalls ein wichtiger Benchmark für Fonds.
Grundsätzlich ist die Aufnahme oder der Verbleib im Leitindex ein Vertrauenssignal für Stakeholder. So kann die Zugehörigkeit das Image stärken und die Attraktivität für Investoren und potenzielle Mitarbeitende erhöhen. Es ist also durchaus denkbar, dass die herausfallende Aktie das Vertrauen der Anleger in dem Moment kurzzeitig verliert. Dennoch ist der Platz im SMI zwar ein bedeutender Faktor für die Kapitalmarktpositionierung, aber kein Garant für unternehmerischen Erfolg. Dieser entscheidet letztendlich über Kursgewinne oder Kursverluste.