Die neue Börsenwoche wird zeigen, ob der jüngste Enthusiasmus der Anleger nach einigen starken Konzernbilanzen aus Übersee und der Schweiz berechtigt ist. Unterschiedlich ausgefallene Zahlen haben die Börsen in der alten Woche zeitweise auf eine Achterbahnfahrt geschickt. Die grösstenteils positiven Überraschungen hievten den SMI bis Freitag in ein kleines Plus im Vergleich zum Vorwochenschluss. 

Einige Händler mahnten aber zur Vorsicht. Ob Aktien nun etwa die geopolitischen Unsicherheiten einfach abschütteln und zu neuen Rekorden ansetzen, ist keineswegs ausgemacht. Einerseits sei der Mai ein traditionell schwieriger Börsenmonat, andererseits zeige sich bereits, dass die Verunsicherung über die Entwicklung der Inflation global in den kommenden Wochen eher weiter zunehmen und zu einer erhöhten Volatilität am Markt beitragen dürfte.

 «An der Wall Street gibt es eine alte Weisheit: Ein überraschend abweichender Datenpunkt ist ein Ausreisser, zwei sind ein Glücksfall, aber drei hintereinander begründen einen neuen Trend», sagte Phillip Orlando, Chefstratege des Anlageverwalters Federated Hermes. Man habe im vergangenen Jahr geglaubt, dass der Rückgang der Inflation auf einem geraden Weg nach unten sei. Dieser Trend sei allerdings in den letzten Monaten gebrochen und die Inflation scheine sich wieder zu beschleunigen.

Inflation im Rampenlicht

Im Mittelpunkt der neuen Woche stehen die vorläufigen Inflationsdaten für die Euro-Zone. Die Veröffentlichung der deutschen Teuerungsrate im April ist für Montag geplant. Am Dienstag folgen die Daten für die gesamte Euro-Zone. «Aufgrund von anziehenden Energie- und Dienstleistungspreisen hat die Inflationsrate ihren Abwärtstrend wohl nicht fortgesetzt», prognostiziert Commerzbank-Ökonom Vincent Stamer. «Im April dürfte die Rate wie im Vormonat bei 2,4 Prozent liegen.»

Bei den deutschen Daten erwarten Experten sogar, dass die Teuerungsrate auf 2,3 von 2,2 Prozent im März anzieht. Für die nach europäischen Standards berechnete deutsche Inflationsrate (HVPI) erwarten Ökonomen jedoch einen weiteren Rückgang auf 2,2 von 2,3 Prozent im Vormonat. Damit läge die Rate nur noch knapp über dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebten Niveau. Die abflauende Inflation in der Eurozone eröffnet den Währungshütern die Möglichkeit, ihren Leitzins im Juni erstmals zu senken. Aktuell liegt er auf dem Rekordniveau von 4,5 Prozent. 

Die Inflationszahlen für die Schweiz werden am Donnerstag publiziert. Im März ist die Inflation auf den niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren gesunken. Konkret sank die Inflation im Berichtsmonat auf 1,0 von 1,2 Prozent im Februar, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) Anfang April mitteilte. Das heisst: Schweizer Konsumgüter waren im März 1,0 Prozent teurer als im entsprechenden Vorjahresmonat.

Ausser der Inflationszahlen steht eine Flut an weiteren Konjunkturdaten an. Ebenfalls zum Wochenauftakt werden die Daten zum Verbrauchervertrauen in der Euro-Zone veröffentlicht. Am Dienstag folgt das vorläufige Bruttoinlandsprodukt für Deutschland im ersten Quartal und der Einkaufsmanagerindex für die chinesische Industrie im April. Zur Wochenmitte warten die Anleger auf die Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie. Im Terminkalender am Donnerstag stehen unter anderem die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie in Deutschland und der Euro-Zone.

Geplant zur Veröffentlichung in den USA sind die Zahlen zu den jüngsten Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe und die Auftragseingänge in der Industrie im März. Zum Wochenschluss warten die Anleger auf den offiziellen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung für April. Daraus erhoffen sie sich weitere Hinweise auf den künftigen Zinskurs der US-Notenbank Fed, die versucht, mit straffer Geldpolitik die Inflation zu dämpfen und den heiss gelaufenen Jobmarkt abzukühlen. Ebenfalls am Freitag stehen auch die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor in den USA an.

Quartalsergebnis in ruhigeren Bahnen

Bei den Unternehmen geht es mit der Bilanzsaison weiter. Zum Wochenauftakt legen am Dienstag Logitech, Clariant, SIG Group und Straumann die Zahlen vor, gefolgt von Swisscom am Donnerstag. In Deutschland legt unter anderem der Diagnostikkonzern Qiagen seine Zahlen für das erste Quartal vor. Am Dienstag stehen die Berichte von Adidas, Mercedes-Benz, Volkswagen, der Commerzbank, des Triebwerkeherstellers MTU, des Kunststoffkonzerns Covestro und des Immobilienriesen Vonovia an. Am Freitag präsentiert Daimler Truck seine Ergebnisse.

In den USA warten die Anleger auf die Zahlen der Kafeehauskette Starbucks, der Getränkeanbieter Coca Cola und PepsiCo, des Pharmakonzerns Eli Lilly, der Fast-Food-Kette McDonald's, des Zahlungsabwicklers PayPal, des Chipkonzerns AMD, des Onlinehändlers Amazon, des Kreditkartenanbieters Mastercard und des Technologieriesen Apple.

(cash/Reuters)