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Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Weshalb der Kurszerfall bei US-Bankaktien auch Schweizer Aktienanleger beunruhigen sollte

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Kursdebakel trotz Powell-Aussagen, Schocker für die Spekulanten bei GAM, Tabubruch der UBS bei Logitech – Und: Temenos wird zur Geduldsprobe.

05.05.2023   12:04
Von cash Insider
Hauptsitz der Silicon Valley Bank in Santa Clara, Kalifornien.

Hauptsitz der Silicon Valley Bank in Santa Clara, Kalifornien.

Quelle: Jacqueline Pierce / SVB

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Wir blicken an den Aktienmärkten nicht nur auf eine Woche der Quartalsabschlüsse, sondern auch auf eine Woche der geldpolitischen Entscheide zurück. So erhöhte die amerikanische Notenbank ihren Leitzins um 25 Basispunkte auf 5,25 Prozent. Auch die Europäisch Zentralbank (EZB) sah sich zum Handeln gezwungen und vollzog eine Leitzinserhöhung um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent. Da mutet die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit ihren 1,5 Prozent gewohnt bescheiden an...

Der amerikanische Notenbank-Chef Jerome Powell gab am Mittwochabend unserer Zeit an der Medienkonferenz nach dem Zinsentscheid folgendes zum Thema Bankenkrise zu bedenken: Es waren eigentlich nur drei grössere Banken, welche in den ersten März-Tagen mit Problemen zu kämpfen hatten. Jetzt, da nach der Übernahme [...von First Republic durch J.P. Morgan Chase...] für alle drei Institute Lösungen gefunden werden konnten, sollten wir einen Schlussstrich unter dieses Kapitel ziehen können.

Dass die dortigen Regionalbanken nur wenige Stunden später im nachbörslichen Handel zweistellige Kursverluste zu beklagen hatten, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Besonders stark unter die Räder gerieten dabei vor allem die Aktien von Pacific Western, Western Alliance oder Metropolitan Bank. Jene von Pacific Western gingen Donnerstagnacht in New York um knapp 50 Prozent tiefer aus dem Handel. Es macht beinahe den Anschein, als hätten die Worte Powells alles nur noch schlimmer gemacht.

Nicht nur die amerikanische Notenbank, auch die Behörden üben sich momentan in Schadensbegrenzung. Ich frage mich allerdings, ob man da nicht einen Kampf gegen Windmühlen führt. Denn schliesslich gelten amerikanische Regionalbanken als sträflich unterreguliert. Einige meiner Gesprächspartner aus Übersee wollen gar von Wild-West-Zuständen wissen.

Und tatsächlich stolperte das erste Opfer der jetzigen Bankenkrise, die Silicon Valley Bank, darüber, dass sie kurzfristige Kundeneinlagen in langfristigen Staatsanleihen parkierte – ein kapitaler Fehler. Auch wenn meine Banklehre bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt mittlerweile mehr als 30 Jahre zurückliegt, erinnere ich mich, gleich in den ersten paar Lektionen der internen Schulung die "goldene Bankregel" vermittelt bekommen zu haben. Diese besagt, dass kurzfristige Kredite zwingend mit kurzfristigen Einlagen und langfristige Kredite mit langfristigen Einlagen zu unterlegen sind – die "Kongruenz der Fälligkeiten" sei unbedingt zu beachten.

Bloss aus Rendite-Gier gegen diesen Grundsatz des Bankgeschäfts zu verstossen, geht schon arg in Richtung des vielgescholtenen Casino-Kapitalismus. Die Rechnung bekommt – wie könnte es auch anders sein – mal wieder der Steuerzahler präsentiert.

Was in Las Vegas geschieht, bleibt in Las Vegas. So scherzt man in der "Stadt der Sünde" zumindest. Doch das gilt nicht für New York. Die Situation der amerikanischen Regionalbanken gehört auch aus Schweizer Sicht genauestens im Auge behalten – schliesslich war es letztendlich der Kollaps der Silicon Valley Bank, welcher der Credit Suisse das Genick brach. Zudem wissen gerade alteingesessene Börsen-Füchse nur zu genau: Die dortige Börse bruacht nur laut zu niesen und es verschlägt jene bei uns mit einer schweren Grippe ins Bett.

Kursentwicklung der GAM-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Kommen wir nun aber auf das hiesige Börsengeschehen zu sprechen. Diejenigen unter den Aktionärinnen und Aktionären von GAM, welche erst in den letzten Wochen zum Vermögensverwalter aus Zürich gestossen sind, dürften den gestrigen Donnerstag wohl am liebsten aus dem Gedächtnis löschen. Zugegeben: Ihre Gebete wurden zwar erhört, lanciert die britische Liontrust nun doch tatsächlich ein Übernahmeangebot. Allerdings fällt dieses mit umgerechnet 60 Rappen je Aktie ziemlich mager aus. Und als ob das nicht schon genug der Schmach wäre, wird man auch noch mit Aktien abgefunden – und zwar im Verhältnis von 0,0589 Aktien des neu entstehenden Vermögensverwalters für jede bisherige Aktie.

Wer sich in der Hoffnung auf das schnelle Geld bei Kursen von bis zu 95 Rappen eingekauft hat, dem dürften beim ungläubigen Nachrechnen des Angebots die Tränen der Verzweiflung in die Augen schiessen – umso mehr, als dass der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung von GAM mit ihren knapp 20 Prozent der Stimmen die Übernahme unterstützen und den Briten ihre Unterstützung bereits zugesichert haben. Will heissen, dass sich wohl kein lukrativeres Angebot aushandeln liess und auch kein höheres durch einen Dritten zu erwarten ist.

Noch ist unklar, ob sich die Aktionärsgruppe um den französischen Telekom-Milliardär Xavier Niel mit ihren 8,3 Prozent der Stimmen letztendlich mit dem mageren Angebot abspeisen lässt. In einer Medienmitteilung weist sie dieses zwar als ungenügend zurück und will gegebenenfalls juristische Schritte einleiten. Anstalten, eine Gegenofferte zu lancieren, macht die Aktionärsgruppe dann allerdings auch nicht.

Bereits vor einer Woche hielt ich in diesem Zusammenhang fest:

Mit einem solchen Vermögen im Rücken liesse sich eine Gegenofferte womöglich sogar aus der Portokasse Niels begleichen. Fragt sich bloss, ob GAM tatsächlich so unterbewertet ist, wie der französische Milliardär behauptet. Berechnungen von Vontobel-Analyst Andreas Venditti lassen jedenfalls gewisse Zweifel aufkommen, streicht er das Kursziel für die von ihm mit "Hold" eingestuften Aktien doch kurzum auf 55 (zuvor 75) Rappen zusammen. Will man seinen Worten Glauben schenken, dann blieb dem Vermögensverwalter angesichts des zuletzt massiven Rückgangs der Barmittel bei der Muttergesellschaft letztendlich gar nicht mehr viel anderes übrig, als sich Liontrust an den Hals zu werfen. Seines Erachtens sind keine attraktiven Alternativen auf dem Tisch.

Mal schauen, ob die Aktionärsgruppe um Xavier Niel das Schlusskapitel der wenig ruhmreichen jüngeren Firmengeschichte nicht doch noch umschreibt...

Die Valoren von Temenos wurden gestern Donnerstag übrigens für GAM in Sippenhaft genommen – ob zu Unrecht oder nicht, bleibe mal dahingestellt. Auch die Bankensoftware-Schmiede aus Genf ist schon seit Monaten Ziel von Übernahmespekulationen.

Solche Mutmassungen gab es in all den Jahren auch schon bei Kursen um die 130 Franken und sogar bei Kursen um die 180 Franken. Zuletzt kosteten die Aktien etwas mehr als 70 Franken.

Während in den vergangenen 48 Stunden vereinzelt spekulativ aufgebaute Titelpositionen glattgestellt wurden, blieb das Geschehen bei den Call-Warrants auf Temenos überraschend volumenarm. Wenn jüngst über Derivate auf ein lukratives Übernahmeangebot gewettet wurde, dann sind diese Wetten womöglich immer noch offen.

Bisher erwies sich das Tagesgeschäft der Genfer allen Unkenrufen zum Trotz als überraschend widerstandsfähig. Doch gerade die Probleme im amerikanischen Bankensektor – einem der künftigen Wachstumsmärkte von Temenos – sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das auch nicht von einem möglichen Käufer aus der Private Equity Industrie...

Ungewöhnlich deutliche Worte fand am Dienstagnachmittag der UBS-Analyst Jörn Iffert. Selbst das insgesamt solide Quartalsergebnis hielt ihn nicht davon ab, die Aktien von Logitech von "Neutral" auf "Sell" abzuwatschen. Und um seiner Verkaufsempfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, strich er auch gleich noch das 12-Monats-Kursziel auf 43 (zuvor 57) Franken zusammen.

Kursentwicklung der Logitech-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

Iffert befürchtet, dass übermächtige und finanzkräftige Gegenspieler wie Apple, die Facebook-Mutter Meta oder Alphabet den Lausannern künftig in den attraktivsten Produktkategorien das Wasser abgraben könnten. Und um auf Worte Taten folgen zu lassen, kürzt der Analyst seine künftigen Gewinnschätzungen um bis zu acht Prozent. Seine überarbeiteten Annahmen liegen neuerdings um bis zu 60 Prozent unter den durchschnittlichen Schätzungen seiner Berufskollegen bei anderen Banken – was allerhand ist. Allzu beunruhigt scheint mir die Börse vorerst jedoch nicht, was eine Intensivierung des Wettbewerbs angeht.

Kommende Woche stehen uns hierzulande weitere Quartalsabschlüsse ins Haus, etwa von der ehemaligen Novartis-Tochter Alcon, Lonza, Swiss Life oder Richemont. Und wer weiss - vielleicht konkretisieren sich die Spekulationen um Temenos ja dann bis zum nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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1 Kommentar

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peter+ern

Herr C.I. Sie haben damals, während Ihrer Banklehre das einzig richtige gelernt.
Mir wurde, allerdings nur im KV in etwa die Gleiche Theorie beigebracht. Risiken und Chancen ausgewogen verteilen oder sorgfältig anlegen.
Während meiner Primarschulzeit ist der Lehrer ab und zu nach Bedarf mit dem Lineal durch die Schülerreihen spaziert und hat "Unflätige" vor allem Mitschüler mit diesem Stab diszipliniert. Heute ist so etwas unvorstellbar und so ein Lehrer würde sofort suspendiert. Aber weder die Eltern noch die "Opfer" haben geklagt. "Man scheint es verdient zu haben." Vielleicht wäre es nicht schlecht wenn die NB, die FINMA oder der Bundesrat den Banken ab und zu "den Lineal" zeigen würden, sie müssen je nicht unbedingt auch grad noch zuschlagen.
Oft reicht ja nur schon der sichtbare Warnfinger.

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