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Wenn ich jemandem vor einem Jahr gesagt hätte, dass 2019 als eines der besten Börsenjahre in die Geschichte eingehen werde - ich wäre vermutlich für verrückt erklärt worden. Zu diesem Zeitpunkt war die Stimmung unter den Anlegern nahe am Gefrierpunkt, liessen Rezessionsängste und eine restriktivere amerikanische Notenbank die Aktienkurse in den Wochen zuvor doch regelrecht purzeln. Folglich war es am Schweizer Aktienmarkt auch nicht schwierig, günstig bewertete Aktien zu finden.

Heute - knapp 12 Monate später und satte 2500 Punkte beim Swiss Market Index (SMI) höher - sind günstig bewertete Aktien Mangelware. Meine Vermutung deshalb: Das einfache Geld ist gemacht. Verdienen dürfte im nächsten Jahr Geld nur noch derjenige Anleger, der auf die richtigen Aktien setzt.

Diese Überlegung lasse ich auch bei der Wahl meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020 einfliessen. Anders als in den letzten Jahren lasse ich die drei SMI-Schwergewichte aussen vor. Vielmehr lege ich den Schwerpunkt auf Aktien von Unternehmen, die sich im Umbruch befinden oder einen solchen in den nächsten Monaten gezwungenermassen einleiten müssen. Rund 10'000 Franken - das entspricht 10 Prozent des eingesetzten Kapitals in Höhe von 100'000 Franken - halte ich als taktische Liquidität. Denn möglicherweise bieten sich in den kommenden Wochen selektiv Kaufgelegenheiten - ich denke da beispielsweise an die milliardenschwere Kapitalerhöhung beim Sensorenhersteller AMS.

Standardwerte (aus dem Swiss Leaders Index):

ABB (aktueller Kurs: 23,58 Franken)

Anfang März übernimmt bei ABB der bisherige Sandvik-Chef Björn Rosengren das Ruder. Dass Rosengren seinem zukünftigen Arbeitgeber kurz danach den persönlichen Stempel aufdrücken wird, gilt als so sicher wie das Amen in der Kirche. Ausserdem sollte der Verkauf des Stromnetzgeschäfts an Hitachi bis Mitte Jahr vollzogen sein und endlich Geld fliessen. Der schweizerisch-schwedische Industriekonzern will den Erlös an die Aktionäre zurückführen - wobei noch nicht feststeht, ob über eine Sonderdividende oder ein Aktienrückkaufprogramm.

Die Aktien von ABB haben in den letzten Wochen bereits Vorschusslorbeeren erhalten. Auch den Aussagen des Interim-Chefs Peter Voser dürfte es zu verdanken gewesen sein, dass die Papiere zuletzt zu einer kräftigen Aufholjagd ansetzen konnten. Gegenüber Wirtschaftsjournalisten schloss er kürzlich weitere Abspaltungen nach dem Vorbild des milliardenschweren Verkaufs des Stromnetzgeschäfts an die japanische Hitachi nicht kategorisch aus. Angeblich üben die beiden für ihre aktive Einflussnahme bei Unternehmen berüchtigten Finanzinvestoren Cevian Capital und Artisan Partners weiterhin mächtigen Druck aus. Dieses Zusammenwirken verschiedenster Faktoren dürfte sich kommendes Jahr in steigenden Aktienkursen niederschlagen.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 23,6
Dividendenrendite: 3,3 Prozent

 

LafargeHolcim (aktueller Kurs: 53,90 Franken)

Als Erfolg wird der Zusammenschluss von Holcim mit der französischen Lafarge zu LafargeHolcim wohl nicht mehr in die traditionsreiche Firmengeschichte des Zementherstellers aus Jona eingehen. Zu den damals vom Schlüsselaktionär Thomas Schmidheiny grossmundig in Aussicht gestellten Kursen von 100 Franken oder mehr kam es nie. Vielmehr kämpft das fusionierte Unternehmen bis heute mit hausgemachten Problemen aus der Lafarge-Ära. Und als ob das nicht schon genug wäre, hat Schmidheiny zu Kursen weit unter 100 Franken den Rückzug auf Raten angetreten.

Mit dem früheren Sika-Chef Jan Jenisch sitzt mittlerweile allerdings der richtige Mann an der Unternehmensspitze. Erste Anpassungen beim Beteiligungsportfolio sowie bei der Organisation sind gemacht. Weitere dürften folgen. Dass LafargeHolcim beim Bauchemiegeschäft von BASF nicht zum Zug kam, ist zwar bedauerlich, zeigt aber, dass Jenisch rechnen kann und nicht jeden Preis zu zahlen bereit ist.

Die Aktien von LafargeHolcim sind im bisherigen Jahresverlauf bereits gut gelaufen. Dennoch traue ich den Papieren auch in den kommenden 12 Monaten eine überdurchschnittlich gute Kursentwicklung zu.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 14,6
Dividendenrendite: 3,7 Prozent

 

Lonza (aktueller Kurs: 355,50 Franken)

Zugegeben, ein Schnäppchen sind die Aktien von Lonza nicht mehr. Auf den nächstjährigen Schätzungen errechnet sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 30. Und auch an einer attraktiv hohen Dividende interessierte Anleger kommen beim Pharmazulieferer aus Basel mit einer mageren Rendite von 0,8 Prozent nicht auf ihre Kosten – wie es sich für eine Wachstumsaktie halt eben gehört.

Nach dem überraschenden Abgang von Firmenchef Mark Funk nach gerade mal acht Monaten muss Lonza das verlorene Anlegervertrauen zuerst wieder zurückgewinnen. Das geht bekanntlich nicht von heute auf morgen und setzt ein reibungslos laufendes Tagesgeschäft voraus. Ich bin mir aber sicher, dass dieses Vorhaben gelingen kann.

Die defensiven Qualitäten von Lonza machen die Aktien zu einer attraktiven Alternative zu den drei SMI-Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 30,6
Dividendenrendite: 0,8 Prozent

 

Swatch Group (aktueller Kurs: 269,80 Franken)

Für die Aktionärinnen und Aktionäre der Swatch Group ist 2019 ein weiteres Jahr zum Vergessen. Der verbale Schlagabtausch zwischen Washington und Peking sowie die Proteste in Hongkong haben Spuren in der Aktienkursentwicklung hinterlassen: Den Inhaberaktien des Bieler Uhrenherstellers wird die undankbare Rolle des Schlusslichts aus dem Swiss Market Index (SMI) zuteil. Seit dem Rekordhoch vom Sommer 2018 bei knapp 500 Franken errechnet sich mittlerweile ein Minus von weit über 40 Prozent. Zuletzt belastete ein von der Eidgenössischen Wettbewerbskommission gegen das Unternehmen verhängtes Lieferverbot für Uhrwerke an Dritte, obschon sich die finanziellen Folgen in einem sehr bescheidenen Rahmen bewegen.

Meines Erachtens verfügen die sträflich vernachlässigten Papiere über ein nicht unbeträchtliches Aufholpotenzial, sollte sich die Waffenruhe im Handelsstreit als nachhaltig erweisen und die Situation im Schlüsselmarkt Hongkong wieder etwas beruhigen. Ausserdem wäre ich nicht überrascht, käme es zu grösseren Verschiebungen im Aktionariat. In den letzten Tagen kursierten Gerüchte, wonach die Familie Hayek Verkaufsabsichten hege. Doch auch das Gegenteil könnte ich mir vorstellen: Ein Rückzug des Unternehmens von der Börse. Es verspricht spannend zu werden.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 16,8
Dividendenrendite: 2,9 Prozent

 

Temenos (aktueller Kurs: 154,05 Franken)

Seit dem überraschend ernüchternd ausgefallenen Zahlenkranz für das dritte Quartal haben die Aktien von Temenos nicht wieder in die Spur zurückgefunden. Schuld sind Firmenprobleme in der Region Mittlerer Osten/Afrika. Längerfristig bleiben die Aussichten für das Unternehmen aber gut. Insbesondere in Nordamerika winken interessante Wachstumsaussichten. Früher oder später dürfte die Börse deshalb über das dritte Quartal hinwegsehen.

Ich bin mir der ziemlich hohen Bewertung der Temenos-Aktien durchaus bewusst. Gelingt es den Firmenverantwortlichen, die Anleger von den guten Wachstumsaussichten zu überzeugen, sind höhere Kurse dennoch möglich.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 40,2
Dividendenrendite: 0,5 Prozent

 

UBS (aktueller Kurs: 12,24 Franken)

Trotz oder gerade wegen den hohen Manager-Löhnen war 2019 für die Aktionärinnen und Aktionäre der UBS unter dem Strich ein Nullsummenspiel. Nur der üppigen Dividende von Anfang Mai ist es zu verdanken, dass die Aktionäre nicht ganz leer ausgehen. Die Dividendenrendite von fast 6 Prozent ist denn auch weiterhin eine der Hauptattraktionen dieser Aktien.

Der grössten Schweizer Bank steht im Hinblick auf den Rekurs gegen die milliardenschwere Strafe in Frankreich und den Wechsel des "Wunderknaben" Iqbal Kahn von der Erzrivalin Credit Suisse an die Spitze des Wealth Managements der UBS ein ereignisreiches Jahr bevor.

Nach zwei Jahren unter den SMI-Verlierern in Folge traue ich den Aktien eine kräftige Kurserholung zu - wobei mir durchaus bewusst ist, dass auch weiterhin Geduld und gute Nerven gefragt sind.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 9,3
Dividendenrendite: 5,7 Prozent

 

Nebenwerte:

Ascom (aktueller Kurs: 10,74 Franken)

Ascom gilt seit Jahren als eine Baustelle. Selbst nach einer strategischen Neuausrichtung auf das als zukunftsträchtig geltende Geschäft mit Kommunikationslösungen für Spitäler kommt das Berner Unternehmen nicht auf Touren. Die Produkte versprechen zwar kommerziellen Erfolg. Doch der Markt für Spitalkommunikation ist hart umkämpft. Die Konkurrenz ist gross und die wichtigsten Konkurrenten eine ganze Nummer grösser als die Berner.

Mit Jeannine Pilloud an der Spitze der Geschäftsleitung und dem früheren Phonak-Chef Valentin Chapero an der Verwaltungsratsspitze haben bei Ascom erfahrene Wirtschaftskapitäne übernommen. Insbesondere Chapero gilt aufgrund seiner früheren Tätigkeit als profunder Branchenkenner.

Ich wäre nicht überrascht, würde Ascom auf Vordermann gebracht und anschliessend gewinnbringend ins Ausland verkauft.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 24,8
Dividendenrendite: 4,2 Prozent

 

Klingelnberg (aktueller Kurs: 24,30 Franken)

Als Automobilzulieferer geriet Klingelnberg in den letzten Monaten in den Abwärtssog der gesamten Branche. Wer im Frühsommer vor einem Jahr bei 53 Franken Aktien aus Emission zugeteilt erhielt, dem dürften mittlerweile Tränen der Verzweiflung in die Augen schiessen.

Auch die kommenden Wochen dürften aus Sicht der Aktionärinnen und Aktionäre holprig werden. Dank der starken Marktstellung und den Anwendungsmöglichkeiten der von Klingelnberg entwickelten Technologie ausserhalb der Automobilindustrie erachte ich die Aktien auf längere Sicht als ziemlich interessant. Angesichts des engen Marktes eignen sich die Papiere jedoch nur für sich des Risikos bewusste Anleger.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2019: 16,3
Dividendenrendite: 0,8 Prozent

 

Oerlikon (aktueller Kurs: 11,41 Franken)

Wie Klingelnberg macht auch Oerlikon der Abschwung in der Automobilindustrie zu schaffen – wobei das in der Oberflächentechnologie tätige Unternehmen aus Zürich die Abhängigkeit von Auftraggebern aus diesem Wirtschaftszweig deutlich reduzieren konnte. Das macht Oerlikon widerstandsfähiger als viele andere Schweizer Industrieunternehmen.

Der Sonderdividende vom April dieses Jahres zum Trotz habe ich die Hoffnung auf eine Übernahme des Oberflächentechnologiegeschäfts von Praxair noch nicht beerdigt. Eine solche Übernahme käme einem Quantensprung für das Unternehmen gleich.

Darüber hinaus rückt der Break-even im industriellen 3D-Druck näher. Auch in diesem vielversprechenden Geschäftsbereich traue ich Oerlikon in Zukunft einiges zu.

Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2020: 19,3
Dividendenrendite: 3,1 Prozent

 

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