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Am frühen Mittwochnachmittag stiess der Swiss Market Index (SMI) erstmals in seiner langjährigen Geschichte auf über 11'000 Punkte vor. Treibende Kraft waren insbesondere die Genussscheine von Roche. Aggressive Käufe aus Übersee liessen die Kurse des Indexschwergewichts alleine an diesem Tag um satte 3 Prozent steigen und steuerten so mehr als 60 Indexpunkte zur Rekordjagd bei. Dank seiner starken Stellung im Diagnostikgeschäft gilt das Basler Traditionsunternehmen bei amerikanischen Momentum-Investoren denn auch als heisse Wette auf eine  Früherkennung von Coronavirus-Erkrankungen.

Ansonsten wurde das hiesige Handelsgeschehen in den letzten Tagen von nicht weniger aggressiven Deckungskäufen bestimmt. Egal ob AMS, Leonteq oder Dufry - wo immer man auch hinschaut, befinden sich die Leerverkäufer auf dem Rückzug. Offenbar wurde bei diesen Aktien sogar gezielt Jagd auf diese nicht gerade beliebte Spezies gemacht.

Wetten gegen die AMS-Aktien kosteten die Leerverkäufer in den letzten Tagen viel Geld (Quelle: www.cash.ch)

Für die Meldung der Woche sorgt am heutigen Freitag die Credit Suisse. Sie lässt ihren mehrjährigen Firmenchef Tidjane Thiam der Weltöffentlichkeit am kommenden Donnerstag noch das Jahresergebnis präsentieren. Schon tags darauf muss er seinem Nachfolger Thomas Gottstein Platz machen. Obwohl unter dem bisherigen Leiter der Universalbank Schweiz strategisch alles beim Alten bleiben dürfte, reagiert die Börse ziemlich unterkühlt auf den Rücktritt Thiams. Im frühen Handel wurden die Aktien zeitweise um mehr als 5 Prozent abgewatscht.

Mitunter ein Grund: Damit, dass Thiam den Hut nehmen muss, geht die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken auf Konfrontationskurs mit ihrem grössten Aktionär Harris Associates und dessen 8,3 Prozent der Stimmen. Der amerikanische Vermögensverwalter und weitere namhafte Aktionäre hatten in den letzten Tagen öffentlich Partei für den bisherigen Firmenchef ergriffen und mit Vergeltungsmassnahmen gedroht, sollte dieser abgesetzt werden.

Im Wissen um das stark fragmentierte Aktionariat der Credit Suisse glaube ich nicht, dass ein solcher Aktionärsaufstand von Erfolg gekrönt wäre. Allerdings grenzt es schon fast an Wunschdenken, wenn Bankenanalysten wie jene von Zürcher Kantonalbank oder Vontobel nun endlich wieder Ruhe einkehren sehen.

Ich zumindest bin jetzt schon gespannt auf das Jahresergebnis vom kommenden Donnerstag. Denn wer weiss – vielleicht gibt es über die unschöne Bespitzelungsaffäre hinaus ja weitere Gründe, weshalb der langjährige Firmenchef zurücktreten muss?!

Zu den Verlierern der Woche gehören neben dem Credit-Suisse-Chef auch die Aktionäre von SGS. Die Familie Von Finck trennte sich - für Beobachter überraschend - von einem Grossteil ihres Beteiligungspakets. Die Aktien wurden mit einem Abschlag von über 10 Prozent bei neuen Investoren platziert.

Dass die Von Fincks beim Warenprüfkonzern aus Genf auf Aktien mit einem Verkehrswert von mehr als 2 Milliarden Franken Kasse machen, ist als Signalwirkung kaum zu überbieten. Immerhin waren sie während fast drei Jahrzehnten mit an Bord und stellten im Verwaltungsrat gleich zwei Vertreter.

Kursentwicklung der Aktien von SGS über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Alles nur halb so wild, verlautet in gewohnter Manier aus Bankenkreisen. Ganz uneigennützig ist allerdings nicht, dass Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy dem Rückzug des langjährigen Ankeraktionärs sogar positive Aspekte abgewinnt. Schliesslich preist er die Papiere von SGS schon seit längerer Zeit mit einem Kursziel von 2900 Franken zum Kauf an. Und seine Berufskollegin Corinna Hennig von der Basler Kantonalbank nahm die Beteiligungsplatzierung gleich zum Anlass für eine Heraufstufung. Neuerdings lautet ihre Empfehlung "Übergewichten" und das Kursziel 2750 Franken.

Die Frage ist nicht ob, sondern vielmehr wann und bei welchen anderen Unternehmen langjährige Ankeraktionäre auch noch Kasse machen könnten.

Noch verzeiht die Börse aber fast alles. Das zeigte sich auch am Mittwoch wieder, als ABB für das Schlussquartal einen deutlichen Umsatzrückgang vermeldete und mit überraschend vorsichtigen Aussagen zur diesjährigen Margenentwicklung aufwartete. Nichtsdestotrotz kamen die Aktien des Industriekonzerns in den Genuss eines kleineren Kursfeuerwerks.

Gehör fand insbesondere die Aussage von Interims-Chef Peter Voser, wonach der milliardenschwere Erlös aus dem Verkauf des Stromübertragungsgeschäfts über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurückgeführt werden soll.

Ich plädiere an dieser Stelle einmal mehr für die Idee, allen Aktionären handelbare Put-Warrants zuzuteilen. Wer an seinen Aktien festhalten will, kann so die Put-Warrants abstossen und erzielt wenigstens einen kleinen Erlös.

Spekulationen unterschiedlichster Couleur ranken sich in diesen Tagen um die Swatch Group. Auf der einen Seite wären da die Haussiers. Sie hoffen auf einen baldigen Rückzug des Bieler Uhrenherstellers von der Börse, im angelsächsischen Sprachgebrauch auch als "Going-Private" bezeichnet. Seit Jahren wird behauptet, dass die Familie Hayek Pläne für einen Rückzug der Swatch Group von der Börse in der Schublade bereithält. Angesichts der gedrückten Aktienkurse und der historisch tiefen Zinsen könnte der Zeitpunkt für einen solchen Rückzug eigentlich kaum günstiger sein. Selbst im Wissen, dass die Hayeks sich nicht in eine Abhängigkeit von kreditgebenden Banken hineinmanövrieren wollen, liessen sich die Pläne durchaus auch anders finanzieren.

Auf der anderen Seite sind da aber auch noch die Baissiers. Sie warnen vor einem empfindlichen Abschreiber auf den rekordhohen Lagerbeständen. Letztere entsprechen mittlerweile fast einem ganzen Jahresumsatz.

Welches der beiden sich rivalisierenden Marktlager letztendlich obsiegt, wird sich zeigen müssen. Vermutlich ist diesbezüglich das letzte Wort auch nächsten Freitag noch nicht gesprochen, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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