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  5. Das Handelsgeschehen bei Schweizer Aktien ist so dünn wie selten zuvor

Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Magere Handelsumsätze am Schweizer Aktienmarkt: Käuferstreik bei Nestlé, Novartis und Roche

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche unter anderem: Käuferstreik bei den SMI-Schwergewichten, Analyst stiftet bei Cosmo Verwirrung - Und: Sika wird belohnt und Holcim bestraft.

24.02.2023   12:00
Von cash Insider
Sitz der Schweizer Börse SIX an der Pfingstweidstrasse in Zürich.

Sitz der Schweizer Börse SIX an der Pfingstweidstrasse in Zürich.

Quelle: cash

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Die neue Woche begann am Schweizer Aktienmarkt, wie die alte Woche endete: Mit für diese Zeit des Jahres mageren Handelsumsätzen. Anders als in den Tagen zuvor gab es hierfür allerdings eine vernünftige Erklärung, glänzten die amerikanischen Marktakteure doch feiertagsbedingt durch Abwesenheit.

Wer nun dachte, dass sich eine Belebung einstellen würde, als sich diese tags darauf aus dem langen Wochenende zurückmeldeten, der dachte allerdings falsch. Ganz im Gegenteil: Am Dienstag wechselten bei Roche bis kurz vor Börsenschluss gerade einmal Genussscheine im Gegenwert von 80 Millionen Franken die Hand. Das ist vergleichsweise wenig bis nichts...

Die dünnen Handelsumsätze bei den hiesigen Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis lassen die Vermutung zu, dass diese eher unter einem Käuferstreik als unter Verkäufen leiden. Die defensiven Charakteristiken dieser drei Grossunternehmen sind momentan schlichtweg nicht gefragt.

Selbst die Strategen der UBS rechnen in Europa nicht länger mit einer Rezession. Vielmehr gehen sie von einer wirtschaftlichen Stagnation aus. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Aktienmarktprognosen. Warnten sie beim Stoxx Europe 600 Index im November noch vor einem schmerzhaften Rückschlag auf 330 Punkte, sehen sie das viel beachtete Börsenbarometer neuerdings bereits bei 410 Punkten Boden finden.

Ich kommentierte die Abkehr vom Schreckens-Szenario vom November gestern Donnerstag wie folgt:

Wie die Ökonomen der Deutschen Bank berichten, trendet bei Google in Übersee der Begriff "Soft Landing". Ihren Erhebungen zufolge war das Interesse zuletzt beinahe so gross wie im Mai 2008. Wer schon etwas länger an der Börse tätig ist, der dürfte sich noch gut erinnern, was in den Monaten danach kam: Die amerikanische Wirtschaft verfiel in die tiefste Rezession seit 80 Jahren.

Suchanfragen nach "Soft Landing" bei Google in den USA.

Suchanfragen nach "Soft Landing" bei Google in den USA.

Quelle: Deutsche Bank

Da fragt sich doch, ob das rege Interesse in Sachen "Soft Landing" denn nun ein gutes oder schlechtes Omen ist. Meine Vermutung: Bereits die kommenden Monate werden es zeigen.

Um Richemont rankten sich diese Woche erstmals wieder Übernahmespekulationen. Der übermächtige Mischkonzern LVMH könnte am Unternehmen interessiert sein, wie die Kollegen von Finanz & Wirtschaft berichteten. Den Franzosen angetan haben soll insbesondere das Geschäft mit Modeschmuck. Dieses gilt nicht nur als margenstark, sondern eben auch als krisenresistent.

Kursentwicklung der Richemont-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Für Branchenexperten scheinen die Spekulationen etwas weit hergeholt. Klare Worte findet etwa Analyst Jean Danjou von Oddo Securities. Er führt gleich zwei Gründe für seine Skepsis an. Zum einen glaubt Danjou nicht, dass der Ankeraktionär Johann Rupert den Ausstieg sucht. Ein Verkauf an LVMH käme im jetzigen Moment einer Kapitulation gleich. Zum anderen hätten die Franzosen mit wettbewerbsrechtlichen Hürden zu kämpfen, würden sie die wichtigsten eigenen Schmuck-Töchter mit jenen von Richemont unter einem Dach zusammenführen wollen. Hinzu komme die ziemlich komplexe Kapitalstruktur mit den zwei unterschiedlichen Aktienklassen, wovon die eine fest in den Händen der Familie Rupert sei.

Lange Rede kurzer Sinn: Der Oddo-Analyst glaubt nicht, dass man bei den Valoren von Richemont aufgrund dieser Gerüchte jetzt noch zugreifen sollte. Er selbst stuft diese wie bis anhin mit "Neutral" und einem Kursziel von nur 134 Franken ein.

Für erhitzte Gemüter in der Chefetage von Cosmo Pharmaceuticals sorgte gestern Donnerstag eine Unternehmensstudie aus dem Hause Credit Suisse. Darin stufte Analyst Dominic Lunn die Aktien des Pharmaunternehmens von "Outperform" auf "Neutral" ab. Gleichzeitig kürzte er das Kursziel auf 68 (zuvor 70) Franken. Dies mit der Begründung, dass der Partner Sun Pharma die Zuzahlungsunterstützung für Winlevi zurückgezogen habe. Dadurch habe die Akne-Creme zuletzt in einem bescheideneren Umfang als erwartet zum Umsatz beigetragen und bei den Meilensteinzahlungen zu Verzögerungen geführt. Darauf abgestützt strich der Analyst seine künftigen Gewinnschätzungen eben mal schnell um durchschnittlich 28 Prozent zusammen. Die Börse reagierte unterkühlt auf die Studie der Credit Suisse und watschte die Aktien des Pharmaunternehmens zeitweise mit Kursverlusten von 6 Prozent und mehr ab.

Am Donnerstagabend zeigte sich der Analyst dann aber geläutert. In einer überarbeiteten Version der Studie räumte er ein, dass die Zuzahlungsunterstützung für Winlevi nicht zurückgezogen wurde, sondern weiterhin bestehe – wenn auch in reduziertem Ausmass. Er gehe davon aus, dass Sun Pharma ihren Verpflichtungen bei der Akne-Creme vollumfänglich nachkomme. An der Abstufung und an den gesenkten Schätzungen hält Lunn indes fest. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die Wogen nun wieder etwas legen.

Apropos Abstufung: Auch jene von UBS-Analyst Jörn Iffert – er ging bei den Valoren von Logitech von "Buy" auf "Neutral" zurück - trat am Dienstag eine kleinere Kurslawine los. Iffert reagiert damit auf Abklärungen in den Absatzkanälen des Lausanner Unternehmens sowie auf Gespräche mit Branchenkennern. Beides lässt nämlich darauf schliessen, dass das Umfeld schwieriger und der Wettbewerb unter den Anbietern künftig wohl mit härteren Bandagen geführt wird.

Kursentwicklung der Aktien von Logitech in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

Um diesen Beobachtungen gebührend Rechnung zu tragen, reduziert er seine Gewinnschätzungen um bis zu 11 Prozent. Dadurch verringert sich das 12-Monats-Kursziel auf 57 (zuvor 66) Franken. Die Gefahr, dass übermächtige Technologiegiganten wie die Facebook-Mutter Meta oder Apple in den Markt für Peripheriegeräte vorstossen, dürfte da vermutlich noch nicht mitberücksichtigt sein. Es ist eine Gefahr, die der UBS-Analyst mittelfristig etwa im lukrativen Geschäft mit Gaming-Zubehör sieht.

Auf eine erfreulichere Woche blicken die Aktionärinnen und Aktionäre von Sika zurück. Der Zahlenkranz für das vergangene Jahr liess keine Wünsche offen. Mit 15,1 Prozent fiel die operative Gewinnmarge sogar geringfügig höher als erwartet aus.

Der eigentliche Lichtblick – so ist man sich in Expertenkreisen einig – waren und sind aber die Finanzziele für dieses Jahr. Allen Unkenrufen zum Trotz geht der Bauchemiespezialist von einem Umsatzwachstum von 6 bis 8 Prozent in Lokalwährungen und einem überproportionalen Anstieg beim operativen Gewinn aus. Gegenüber Analysten bezeichnete Firmenchef Thomas Hasler diese Zielgrössen gar für eher vorsichtig. Prompt reagierten die Aktien von Sika mit einem kleineren Kursfeuerwerk.

Von einem solchen können die Valoren von Holcim heute Freitag bloss träumen. Auch der Baustoffhersteller aus Zug kann mit einem überzeugenden Zahlenkranz für das Schlussquartal sowie mit überzeugenden Finanzzielen für das angelaufene neue Jahr aufwarten.

Dass die Börse eher unterkühlt auf die Neuigkeiten reagiert, mag auch damit zu tun haben, dass der zuletzt äusserst erfolgsverwöhnte Firmenchef Jan Jenisch an die Spitze des Verwaltungsrats wechselt und dort den langjährigen Präsidenten Beat Hess ablösen wird.

Analyst Hans Peter Schmidlin von der Basler Kantonalbank zögert denn auch nicht lange und stuft die Holcim-Aktien von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" herunter. Schmidlin begründet diesen Schritt einerseits mit der starken Kursentwicklung seit Jahresbeginn. Die Aktien näherten sich zuletzt seinem Kursziel von 60 Franken. Andererseits ist für ihn eine Holcim ohne Firmenchef Jan Jenisch kaum mehr vorstellbar. Zudem verliere der Weltmarktführer aus Zug mit dem Rücktritt der Finanzchefin Géraldine Picaud und Beat Hess zwei weitere gewichtige Personen aus dem Management oder dem Vorstand.

Ich selber sehe das etwas entspannter, selbst wenn der jetzige Firmenchef früher als gedacht an die Spitze des Verwaltungsrats wechselt. Jenisch bleibt dem Unternehmen ja zum Glück erhalten – und das künftig auf strategischer Ebene.

Kommende Woche nimmt die Jahresberichterstattung noch einmal so richtig Fahrt auf. Ich zähle nicht weniger als 37 Schweizer Unternehmen, welche ihre Zahlenkränze vorlegen werden. Mein persönliches Interesse gilt vor allem jenen der ehemaligen Novartis-Tochter Alcon, des Stellenvermittlers Adecco sowie des Lebensversicherers Swiss Life.

Am nächsten Freitag fällt die Börsenwoche im Schnelldurchlauf abwesenheitsbedingt aus.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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turicum22

Im Ausland gibt es wieder Leerverkäufe auf SMI Titel. Warten wir mal ab, wie die Amis verkaufen werden. Grossinvestoren in der EU machen es seit Tagen vor.

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