Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

+++

Vor wenigen Tagen erschien der neuste Bericht des Beratungsunternehmens Bain & Company zum Thema Firmenübernahmen und -zusammenschlüsse. Wie dem 56 Seiten starken Bericht entnommen werden kann, verfehlte das weltweite Transaktionsvolumen mit umgerechnet 3400 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr den Rekordwert aus dem Jahr 2015 nur knapp.

Die Zinsen waren zwar so tief wie noch nie und dementsprechend günstig die Finanzierungsmöglichkeiten. Wirtschaftliche Wachstumsängste sowie der nicht enden wollende Schlagabtausch im Handelskrieg zwischen Washington und Peking erwies sich jedoch über weite Strecken als Appetitzügler. Erst gegen Jahresende zogen die Übernahmeaktivitäten in Europa dann wieder etwas an.

Wie die Autoren des Berichts festhalten, nutzten viele Unternehmen die Gelegenheit, um über ergänzende Zukäufe in wachstumsstarke Bereiche vorzustossen. Sie waren für nahezu 60 Prozent sämtlicher Firmenübernahmen und Zusammenschlüsse in Höhe von einer Milliarde Dollar oder mehr verantwortlich. 2018 waren es noch 50 Prozent, fünf Jahre zuvor sogar nur 40 Prozent.

Allerdings fällt auf, dass die Unternehmen im vergangenen Jahr ziemlich diszipliniert waren. Mit 12,5 lag das durchschnittlich bezahlte Verhältnis zwischen dem Unternehmenswert und dem operativen Gewinn (EBITDA) nicht nur unter dem Vorjahr, sondern auch unter dem Rekordhoch von 15 aus dem Jahr 2017.

Die für Bain & Company tätigen Autoren rechnen denn mit einer weiteren Belebung der Übernahmetätigkeit, kämpfen viele Unternehmen doch mit einer Wachstumsflaute. Ausserdem beschäftigen sich nicht wenige unter ihnen mit einer grundlegenden Neuausrichtung ihrer Geschäftsaktivitäten - entweder freiwillig, oder auf Druck mächtiger Finanzinvestoren.

Letztere schwimmen nur so im Geld, rennen ihnen institutionelle Investoren aufgrund des enormen Renditedrucks doch regelrecht die Tür ein. Schätzungen zufolge steht alleine den vier grössten amerikanischen Risikokapitalspezialisten Blackstone, Apollo Global, Carlyle und KKR die beängstigend hohe Summe von 270 Milliarden Dollar für Übernahmen zur Verfügung. Diese Finanzinvestoren sind bekannt dafür, keine Gnade zu kennen. Für sie kommt das schnelle Geld an erster Stelle. Was mit den übrigen Anspruchsgruppen eines Unternehmens geschieht, ist dann rasch einmal von untergeordneter Bedeutung.

Auch für viele Schweizer Unternehmen heisst es deshalb: Fressen oder gefressen werden. Nicht wenige entscheiden sich für eine Flucht nach vorn und richten ihre Geschäftsaktivitäten grundlegend neu aus - wie etwa jüngst der Mischkonzern Conzzeta oder der Industriekonzern Dätwyler.

Den besten Schutz vor einem ungewollten Angriff eines Finanzinvestors bietet letztendlich immer noch eine hochbewertete Aktie - wobei selbst das nicht länger eine Garantie ist.

Womöglich wird es gewisse Unternehmen - ich denke da etwa an den Vermögensverwalter GAM, den Spezialitätenchemiehersteller Clariant, die Bank Julius Bär oder den Telekommunikationsspezialisten Ascom - bis in einem Jahr wie wir sie kennen nicht mehr geben. Diese Liste liesse sich übrigens beliebig ergänzen.

+++

Der für die UBS tätige Analyst Joern Iffert gilt als Logitech-Kenner wie kaum ein anderer seiner zahlreichen Berufskollegen. Erst kürzlich zeigte sich Iffert ungewohnt kritisch. Er hielt dem Unterhaltungselektronikhersteller aus Lausanne vor, zu wenig in die Forschung und Entwicklung zu investieren. Seines Erachtens könnte sich dies schon in wenigen Jahren rächen.

Seitens des Unternehmens äusserte man sich bisweilen nicht zu dieser Kritik. Auch nicht dazu, dass die Ausbeute an kommerziell bedeutenden Produkten zuletzt eher mager ausfällt und böse Erinnerungen an die selbstverschuldete Wachstumsflaute aus der Zeit vor Firmenchef Bracken Darrell wachwerden lässt.

Kursentwicklung der Logitech-Aktien über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Interessant ist allerdings, dass sich Mitglieder der Geschäftsleitung alleine seit Jahresbeginn von Aktien mit einem Verkehrswert in Höhe von mehr als 7 Millionen Franken trennten. Vielen dieser Transaktionen liegt zwar ein im Juni letzten Jahres eingeführtes Verkaufsprogramm zugrunde. Mit anderen Worten: Die besagten Verkäufe erfolgen nicht einfach bloss aus einer Laune heraus. Dennoch ist es nicht gerade sehr vertrauensfördernd, wenn sich Mitglieder der Geschäftsleitung eines Unternehmens zuhauf von Titeln der eigenen Arbeitgeberin trennen. Zuversicht sieht anders aus...

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.