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Kürzlich berichtete ich davon, dass bei uns am Schweizer Aktienmarkt eine immer grösser werdende Anzahl Titel fast täglich neue Jahrestiefstkurse schreibt. Das wiederum verleitete mich zur Aussage, dass wir uns in einem schleichenden Bärenmarkt befänden.

Die Liste reicht mittlerweile von "A" wie Addex über "E" wie Evolva oder "I" wie Idorsia bis hin zu "W" wie Wisekey und liest sich wie das "Wer-ist-Wer" derjenigen Unternehmen, welche im Tagesgeschäft rote Zahlen schreiben. Doch selbst vor dividendenstarken Valoren wie jenen der Cembra Money Bank, des stets sehr zuversichtlichen Uhrenherstellers Swatch Group oder dem Pharma-Urgestein Roche macht dieses Phänomen keinen Halt.

Seit gestern Mittwoch schreiben nun auch die Aktien von Implenia neue Jahrestiefstkurse – und das nicht selbstverschuldet. Für Verkaufsdruck sorgte ausgerechnet der Grossaktionär Norbert Ketterer. Im Zuge eines beschleunigten Bieterverfahrens platzierte er 1,3 Millionen Titel zu jeweils 30,90 Franken das Stück bei institutionellen Investoren.

Vontobel-Analyst Bernd Pomrehn vermutet, dass der bekannte deutsche Investor aufgrund von Problemen bei seinen Immobilieninvestments gezwungen war, einen Teil seines Aktienpakets zu versilbern. Ketterer war in den Monaten vor und nach dem Jahreswechsel 2019/2020 in mehreren Schritten bei Implenia eingestiegen. Der Vontobel-Analyst schätzt den durchschnittlichen Einstandskurs auf rund 35 Franken.

Kursrückgang bei den Implenia-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

Mit Torsten Sauter ruft die Beteiligungsreduktion nun einen weiteren Berufskollegen auf den Plan. In einem Kommentar an seine Anlagekundschaft versucht der für Kepler Cheuvreux tätige Chefanalyst die Wogen zu glätten. Er geht davon aus, dass die platzierten Aktien bereits verdaut sind und bekräftigt sowohl seine Kaufempfehlung als auch das kürzlich auf 43 (zuvor 49) Franken gesenkte Kursziel. Für Sauter ist die Investmentthese intakt, sollten die Ergebnisschwankungen nach der Neuausrichtung der letzten Jahre künftig doch deutlich geringer ausfallen.

Die ebenfalls für Kepler Cheuvreux tätige Maja Pataki sieht sich hingegen bei den Valoren von Straumann zu einem verteidigenden Kommentar gezwungen. Darin zeigt sich die Medizinaltechnikanalystin überrascht von der unterkühlten Reaktion der Börse auf den kürzlich veröffentlichten Zahlenkranz. Dieser habe weder beim organischen Umsatzwachstum noch bei der operativen Gewinnmarge (EBIT) Wünsche offengelassen, wie Pataki schreibt. Ihres Erachtens zeigt die erste Hälfte dieses Jahres, dass der Weltmarktführer aus Basel auch in einem schwierigen Umfeld Wachstum erzielen kann. Sie preist die Aktien wie bis anhin mit einem Kursziel von 153 Franken zum Kauf an.

Prominente Unterstützung erhält die frühere UBS-Analystin von ihrem Berufskollegen Dani Jelovcan beim amerikanischen Broker Stifel. Er glaubt sogar, dass Straumann auch ins kommende Jahr hinein zweistellig wächst. Um dem Halbjahresergebnis Rechnung zu tragen, erhöht der Analyst sein Kursziel gar auf 167 (zuvor 160) Franken. Am "Buy" lautenden Anlageurteil ändert sich indes nichts.

Sein Abteilungskollege Michael Inauen eilt hingegen den angeschlagenen Aktien von Sensirion mit einem wohlwollenden Kommentar zu Hilfe. Eine Umsatzwarnung, gefolgt von einer einschneidenden Gewinnwarnung, haben beim Sensorenhersteller tiefe Spuren in der Kursentwicklung hinterlassen. Um gut 20 Prozent ging es für die Valoren alleine seit Ende Juni nach unten.

Der Stifel-Analyst führt die momentane Margenschwäche nicht zuletzt auf den Umstand zurück, dass das Unternehmen angesichts intakter längerfristiger Aussichten an den geplanten Investitionen in die Forschung und Entwicklung sowie in den Vertrieb festhält – was vorübergehend auf das Ergebnis drückt. Er bleibt deshalb zuversichtlich und stuft die Aktien von Sensirion mit "Buy" und einem Kursziel von 95 Franken ein.

Aufstieg und Fall der Aktien von Sensirion seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Während die Zürcher Kantonalbank eine 230 Seiten starke Studie über die hiesigen Pharmazulieferer nutzt, um der "Übergewichten" lautenden Kaufempfehlung für die Valoren von Lonza sowie dem Kursziel von 600 Franken den nötigen Nachdruck zu verleihen, versucht sich die UBS an jenen von Huber+Suhner. Mit einem auf 99 (zuvor 104) Franken reduzierten 12-Monats-Kursziel traut Analyst Sebastian Vogel den Aktien des Mobilfunkausrüsters ein Aufwärtspotenzial von mehr als 50 Prozent zu.

Für Vogel steht fest, dass der Margendruck nicht von Dauer sein wird und die geplanten Sparmassnahmen nach und nach greifen dürften. Er wähnt das Unternehmen weiterhin auf dem Wachstumspfad und fühlt sich dadurch in seiner Kaufempfehlung bestätigt. Ähnlich sieht es sein Berufskollege Dani König bei Mirabaud Securities. Mit einem Kursziel von 88 (zuvor 95) Franken ist er jedoch etwas zurückhaltender.

Die Liste der verteidigenden Wortmeldungen der letzten Tage liesse sich beliebig ergänzen – etwa um die beiden Kommentare von Mirabaud Securities und Jefferies zu Meyer Burger. Meines Erachtens zeugen viele dieser Wortmeldungen auch von einer gewissen Ratlosigkeit, was die Kursschwäche bei den genannten Aktien anbetrifft...

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