Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

+++

Die Aktien von Meyer Burger machen seit Tagen mit wilden Bocksprüngen von sich reden. Auf das Kursfeuerwerk vom Montag folgte eine kalte Dusche: Die Valoren gingen mit einem prozentual zweistelligen Tagesverlust aus dem Handel – begleitet von stark anschwellenden Umsätzen.

Losgetreten wurde die Kurslawine durch einen kritischen Beitrag in einem einschlägigen deutschen Nachrichtenportal mit dem Titel "Brisante Aussage beim Solar-Riesen Meyer-Burger". Kernstück des Beitrags ist eine Frage, welche einer der beiden Geschäftsführer des Ankeraktionärs Sentis Capital im Laufe der Telefonkonferenz nach enttäuschenden Vorabinformationen zur letztjährigen Geschäftsentwicklung stellte. Firmenchef Gunter Erfurt wurde damals gefragt, wie er der deutschen und der europäischen Regierung überhaupt vertrauen könne.

Von dieser Frage sowie von anderen anlässlich der Telefonkonferenz gemachten Aussagen schliesst der Autor auf ein Misstrauen des Ankeraktionärs gegenüber der deutschen Regierung. Sentis Capital scheine den Blick längst in die USA gerichtet zu haben, wie er weiter schreibt.

Dass dieser Bericht ausgerechnet jetzt erscheint, wo Meyer Burger angesichts der Marktoffensive chinesischer Billiganbieter auf die Unterstützung der Politik in Berlin angewiesen ist, dürfte kaum ein Zufall sein.

Kursentwicklung der Aktien von Meyer Burger seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Vielleicht kann sich der eine oder andere Leser oder die eine oder andere Leserin meiner Kolumne noch an Anfang Januar zurückerinnern: Das Jahr 2024 war erst wenige Tage alt, als in der deutschen Presse Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit von Meyer Burger laut wurden. So schrieb etwa der SPIEGEL, dass sich das Solarunternehmen gerne als globaler Technologieführer inszeniere und das auch vor dem Parlament. Tatsächlich aber produziere die Konkurrenz effizientere Module.

Der mir nicht namentlich bekannte Autor stützte sich bei dieser Aussage auf Erhebungen von Taiyang News ab. Auf dessen Rangliste war Meyer Burger in Sachen Moduleffizienz kurz zuvor angeblich auf Platz 30 abgerutscht.

Folglich wurde schon im Januar Stimmung gegen die Schweizer gemacht. Dass man sich dabei ausgerechnet auf die Rangliste eines chinesischen Branchenportals abstützte, entbehrt nicht einer gehörigen Portion Ironie.

Und vor wenigen Tagen meldete sich mit dem Schweizerischen Anlegerschutzverein ein "alter Bekannter" von Meyer Burger zu Wort und kündigte eine Aktionärsklage gegen das Unternehmen an.

Für mich verkommt diese Stimmungsmache immer mehr zu einer gezielten Schmutz-Kampagne gegen Meyer Burger. So liegen mir etwa konkrete Informationen vor, wonach in den letzten Wochen gezielt deutsche Medien angeschrieben wurden, um das Solarunternehmen und seine Anspruchsgruppen in Verruf zu bringen – vermutlich mit dem Ziel, den politischen Entscheidungsprozess in Sachen "Resilienz-Bonus" oder zumindest die öffentliche Debatte hierrüber zu beeinflussen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Ziel einer solchen Kampagne war das Solarunternehmen schon im Frühsommer 2021, als es inmitten einer Kapitalrunde steckte. Ich berichtete damals ausführlich darüber.

Die Aktien von Meyer Burger geraten erneut unter die Räder (Quelle: www.cash.ch)

Langjährige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen nur zu gut, dass ich beileibe kein Freund staatlicher Subventionen jeglicher Form bin. Daher lehne ich einen "Resilienz-Bonus" für hiesige Solarunternehmen entschieden ab. Dennoch bedarf es einer politischen Antwort, wenn staatlich geförderte chinesische Anbieter den europäischen Markt mit Billigmodulen fluten. Ich denke da etwa an Strafzölle ganz nach amerikanischem Vorbild – selbst auf die Gefahr hin, die Regierung in Peking gehörig zu verärgern. Letztendlich dreht sich alles darum, dass europäische Unternehmen – egal aus welchem Wirtschaftszweig - mit gleichlangen Spiessen kämpfen können.

Interessant scheint mir übrigens, dass es in Bankenkreisen ungewöhnlich ruhig ist. Es herrscht Funkstille. Aber vielleicht befinden sich nicht eben wenige Analysten seit der Veröffentlichung der Vorabinformationen zum vergangenen Jahr ja noch immer in so etwas wie einer Schockstarre.

Angesichts der momentanen Nachrichtenlage überrascht mich das nicht, werden die Aktien von Meyer Burger heute Donnerstag doch für mögliche Verzögerungen beim Entscheid der Bundesregierung in Bezug auf Hilfen für die Solarindustrie mit schmerzhaften Kursverlusten abgewatscht. Wie Recherchen des pv magazine zeigen, will der Ausschuss für Klimaschutz & Energie erst Mitte März über ein Hilfspaket diskutieren. Ein solches müsste dann noch dem deutschen Bundestag vorgelegt werden. Eine ziemlich langwierige Angelegenheit...

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.