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In den letzten Tagen kam das Geschehen bei uns am Schweizer Aktienmarkt – zumindest gefühlt – beinahe zum Erliegen. Angesichts des Erntedankfests glänzten die amerikanischen Marktakteure auch hierzulande durch Abwesenheit. Nicht eben wenige unter ihnen verabschiedeten sich schon am Mittwoch in ein verlängertes Wochenende, wie mir aus Übersee berichtet wird. Und so kam es, wie es kommen musste: Die Handelsumsätze waren noch dünner als sonst...

Ansonsten war die auslaufende Börsenwoche von selektiven Kursschwächen geprägt. Am ärgsten erwischte es dabei die Aktien von Evolva. Sie steuern auf ein Wochenminus von 80 Prozent zu. Dass der strauchelnde Hersteller von Nahrungsergänzungesmitteln in Danstar Ferment einen Käufer für sämtliche Geschäftsaktivitäten gefunden hat, ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar durchaus erfreulich. Die Aktionärinnen und Aktionäre haben jedoch das Nachsehen – wie sich am Aktienkurs unschwer erkennen lässt.

Im Raum steht eine Einmalzahlung von 20 Millionen Franken. Weitere 10 Millionen Franken sind an die Geschäftsentwicklung der nächsten 18 Monate gebunden. Mit anderen Worten: Die Aktionärinnen und Aktionäre sehen ihr Geld erst im Frühling 2026, wobei mit einer Liquidationsdividende zwischen 0,70 und 2,40 Franken je Aktie gerechnet werden darf.

Vermutlich verkommen die Aktien von Evolva jetzt erst recht zum Spielball der Spekulanten. Ich selber wäre nicht überrascht, wenn der Aktienmantel im Frühling 2026 von einem Interessenten übernommen würde. Vielleicht dürfen die armen Aktionärinnen und Aktionäre dann ja sogar mit einem kleinen finanziellen Zückerchen rechnen...

Die Aktien von Evolva stürzten diese Woche regelrecht ab (Quelle: www.cash.ch)

Ebenfalls auf eine Woche zum Vergessen blicken jene des Sensorenherstellers AMS Osram zurück – selbst wenn das Minus von fast 60 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom letzten Freitag zu relativieren ist. Der Abgang des Bezugsrechts vom Mittwoch aufgerechnet, verlieren die Valoren im Wochenvergleich "nur" etwas mehr als 30 Prozent.

Dass von den Bezugsrechten Verkaufsdruck ausgeht, lässt erahnen, dass viele Aktionärinnen und Aktionäre nicht länger bereit sind, dem schlechten Geld gutes hinterher zu werfen. Nicht eben wenige scheinen entnervt die Reissleine zu ziehen. Dies ganz zur Freude der Leerverkäufer. Sie können ihre üppigen Wetten gegen die Aktien von AMS Osram nun elegant über die Bezugsrechte schliessen.

Zur Erinnerung: Noch vor zwei Wochen wurde beim Sensorenhersteller mit fast 29 Prozent aller ausstehenden Titel auf rückläufige Kurse spekuliert, wie Erhebungen der Beratungsfirma S&P Global Market Intelligence zeigen. Die Leerverkäufer verdienten sich mit ihren Wetten regelrecht eine goldene Nase.

Ich kommentierte die Bilanzsanierung kürzlich mit folgenden Worten:

...und...

Bitter sind diese Neuigkeiten auch für die beiden Analysten von Vontobel und Stifel. Vontobel-Analyst Mark Diethelm setzte bei seinem Kursziel schon zu Wochenbeginn den dicken Korrekturstift an und kürzte dieses auf 4,20 (zuvor 12) Franken. Sein Berufskollege Jürgen Wagner bei Stifel tut es ihm mit etwas Verspätung gleich und streicht sein Kursziel gar auf 3,80 (zuvor 13) Franken zusammen. Dennoch wollen beide Analysten partout nicht von ihren Kaufempfehlungen abweichen.

Es dürfte übrigens der tiefe Emissionspreis für die neuen Aktien bei AMS Osram gewesen sein, welcher auch bei den Valoren von Idorsia eine kleinere Kurslawine lostrat. Auch am Baselbieter Pharmaunternehmen haben sich die Leerverkäufer festgebissen. Für ist klar: Früher oder später muss der Verwaltungsrat in den sauren Apfel einer Kapitalerhöhung beissen.

Langjährige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich beileibe kein Freund der Leerverkäufer bin. Noch habe ich die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben, dass der Verwaltungsrat oder die Ankeraktionäre Jean-Paul und Martine Clozel "den Karren" doch noch aus dem Dreck ziehen. Die vielen Leerverkäufer hätten dann ein ziemliches Problem.

Gestern Donnerstag stürzte Meyer Burger an der Börse regelrecht ab. Um fast 16 Prozent tiefer als am Abend zuvor standen die Aktien des Solarunternehmens bei Handelsende. Angeblich seien im Laufe des Nachmittags die Bank of America, die Zürcher Kantonalbank sowie Goldman Sachs als aggressive Verkäufer in Erscheinung getreten, wie mir berichtet wird. Das überrascht insofern, als dass die letzteren beiden Banken die Valoren des Solarunternehmens ja eigentlich zum Kauf anpreisen. Die Amerikaner sogar mit einem 12-Monats-Kursziel von 89 Rappen. Da müssten sie ja jetzt eigentlich im grossen Stil hinstehen...

Eher kleinlaut gibt sich die für Octavian tätige Analystin Laura Bucher. Sie hält zwar an ihrer Kaufempfehlung für die Meyer-Burger-Aktien fest, setzt beim Kursziel allerdings den dicken Korrekturstift an und senkt dieses auf 54 (zuvor 92) Rappen.

Kursverlauf der Aktien von Meyer Burger seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Den Damm bei den eigenen Aktien brechen liess vermutlich sogar Firmenchef Gunter Erfurt. "Sollte jetzt nichts passieren, wird die Solarindustrie ein zweites Mal vernichtet", gab er gegenüber der Frankfurter Allgemeinen in Anspielung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse zu bedenken.

Momentan sitzen die Leerverkäufer bei Meyer Burger zweifelsohne fest im Sattel. Erhebungen der Beratungsfirma S&P Global Market Intelligence zufolge wird mit jeder vierten ausstehenden Aktie des Solarunternehmens auf rückläufige Kurse spekuliert. Man braucht jedoch kein eingefleischter Börsenprofi zu sein, um erahnen zu können, dass diese Wetten einen geradezu idealen Nährboden für eine scharfe Erholungsbewegung bieten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Ebenfalls zweistellige Kursverluste haben die Valoren von Julius Bär diese Woche zu beklagen. Der Zwischenbericht der Zürcher Bank für die ersten zehn Monate dieses Jahres fiel an der Börse in jeglicher Hinsicht durch. Nicht nur, dass sich der Nettoneugeldzufluss gegenüber der ersten Jahreshälfte verlangsamt hätte. Auch die geringe Transaktionslust der Anlagekunden hinterliess ziemliche Bremsspuren bei der Bruttomarge.

Für Gesprächsstoff sorgten vor allem aber die hohen Kreditrückstellungen. Es macht den Anschein, als wollte das Unternehmen damit die jüngsten Spekulationen rund um hohe Kredite an die schlingernde Signa Gruppe des österreichischen Immobilienmoguls René Benko stillschweigend bestätigen – selbst wenn Julius Bär zu einzelnen Kundenbeziehungen erwartungsgemäss keine Angaben macht.

Was bleibt ist die ernüchternde Feststellung, dass eine hohe Dividendenrendite alleine eine Aktie noch nicht immun gegen Kursverwerfungen macht. Mit einer Rendite von zuletzt fast 5,5 Prozent gelten die Valoren der Zürcher Bank als dividendenstark.

Von einem meiner geschätzten Leser bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich das Management von Julius Bär zwischen Februar und September dieses Jahres von Aktien im Gesamtwert von knapp 28 Millionen Franken trennte. Das ist doppelt so viel wie im selben Zeitraum letzten Jahres. Und auch im Jahr zuvor lagen die Titelverkäufe "bloss" bei 18 Millionen Franken. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Der Schweizer Aktienmarkt dürfte nun in ruhigere Gewässer übergehen. Saisonale Gegebenheiten sprächen im weiteren Jahresverlauf eigentlich für steigende Kurse. Doch ist es mit Börsenregeln so eine Sache – wer sich beispielsweise nach dem schwachen September einen festen Oktober erhofft hatte, wurde arg enttäuscht.

Vielleicht wissen wir nächsten Freitag in Sachen Börsentrend etwas mehr, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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