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Noch selten war das Handelsgeschehen an den Aktienmärkten so unberechenbar und launisch wie in den vergangenen Wochen. Das bekommen auch die Strategen der UBS um ihren Chefdenker Gerry Fowler zu spüren. In Erwartung eines Börsenrücksetzers hatten sie kürzlich zum Kauf von europäischen Qualitätsaktien geraten und gleichzeitig eine Liste von vorwiegend konjunktursensitiven Valoren aufgelegt, um welche man als Anleger besser einen grossen Bogen macht. Doch die Kurse wollten partout nicht in die erhoffte Richtung laufen.

Zur Erinnerung: Während auf der Liste mit 20 quantitativen Kaufempfehlungen nicht eine einzige Aktie aus der Schweiz zu finden war, war jene mit 20 Verkaufsempfehlungen nur so gespickt mit bekannten Namen aus der Schweiz. Ich denke da etwa an Bâloise, Georg Fischer, Sika oder Geberit.

Zu meinem Erstaunen umfasst die überarbeitete Liste mit quantitativen Verkaufsempfehlungen keine dieser vier Aktien mehr. Und auf der Liste mit Kaufempfehlungen geht die Schweiz nicht länger leer aus. Ganz im Gegenteil: Zu den empfohlenen Aktien zählen neuerdings unter anderem jene des Unterhaltungselektronikherstellers Logitech, des Pharmaunternehmens Novartis, des Risikokapitalspezialisten Partners Group, des Mobilfunkanbieters Swisscom und des Warenprüfunternehmens SGS.

Die Logitech-Aktien sind zuletzt bereits gut gelaufen (Quelle: www.cash.ch)

Von diesen Aktien werden übrigens nur jene von Partners Group und Swisscom auch durch die hauseigenen Analysten mit "Buy" angepriesen. Die Valoren von SGS und Novartis werden hingegen mit "Neutral", die von Logitech sogar "Sell" eingestuft.

An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr der Unterschied zwischen der fundamentalen und der quantitativen Analyse. Bei der qualitativen Analyse befindet am Ende des Tages ein Computermodell anhand von Daten darüber, ob eine Aktie nun kaufenswert ist oder nicht. Gerade im Wissen, dass einem an der Börse die Emotionen manchmal ganz schön einen Strich durch die Rechnung machen können, ist dieser Ansatz aber vielleicht ja gar nicht mal so falsch.

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Gestern Montag berichtete ich davon, dass mit Mensur Pocinci von der Bank Julius Bär ein bekannter Charttechnikexperte vor einem weiteren Kursrutsch bei den Genussscheinen von Roche warnte. Pocinci rechnet gar mit Kursen von 205 Franken – was für eine Ansage! Entsprechend emotionsgeladen waren denn auch die vielen Reaktionen meiner Leserinnen und Leser.

Die Kritik gilt dabei weniger dem Charttechnikexperten und seiner gewagten Kursprognose, sondern vielmehr der Chef-Etage in Basel. Man ruhe sich zu sehr auf den Erfolgen vergangener Tage aus, so lautet etwa einer der im Raum stehenden Vorwürfe.

Ein Vorwurf, welcher in Basel durchaus ernst genommen wird. So kündigte Roche nach der milliardenschweren Übernahme von Telavant eine Forschungszusammenarbeit mit dem Chipgiganten Nvidia auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz an. Letztere soll künftig in den Forschungsräumen der amerikanischen Tochter Genentech eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Kursrückgang bei den Bons von Roche seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Doch selbst diese Zusammenarbeit wird als blosse Effekthascherei abgetan. Die Basler würden sich mit dem Namen Nvidia schmücken wollen, so heisst es. Ob zu Recht oder nicht, dürfte sich am morgigen Mittwoch zeigen. Dann nämlich lädt Roche zum Digitalisierungstag – ein Anlass, der ganz im Zeichen der künstlichen Intelligenz steht. Ich erhoffe mir jedenfalls wertvolle Erkenntnisse rund um die Forschungszusammenarbeit zwischen Genentech und Nvidia.

Als langjähriger Genussscheinhalter lässt sich der Frust der Anlegerinnen und Anleger für mich durchaus nachvollziehen. Von "Genuss" kann schon eine ganze Weile keine Rede mehr sein. Nachdem die Valoren von Roche schon im vergangenen Jahr unter die Räder kamen, zählen sie auch heuer wieder zu den Schlusslichtern aus dem Swiss Market Index (SMI). Seit Januar 2022 errechnet sich ein Minus von ziemlich genau 37 Prozent. Das ist schon allerhand.

Mir ist durchaus bewusst, dass es keine schnelle Kur für die zumindest in Teilen selbst verschuldete Kursflaute gibt. Wenigstens eine Abkehr von der ziemlich angestaubten Kapitalstruktur wäre doch aber schon mal ein mutiger Schritt in die richtige Richtung – auf dass die Aktionärsdemokratie mit "One Share, One Vote" endlich auch am Rheinknie Einzug erhält...

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