Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

+++

Ziemlich genau eine Woche ist es her, dass die amerikanische J.P. Morgan ihre quantitativen Stock-Picking-Ideen für europäische Aktien grundlegend überarbeitet hat. Auf die Liste der kaufenswerten Valoren schafften es damals sowohl der Stromanbieter BKW als auch der Risikokapitalspezialist Partners Group. Dort stiessen diese auf Kühne+Nagel.

Die Liste, bei welcher die Amerikaner auf rückläufige Kurse setzen, umfasst den Schokoladeproduzenten Barry Callebaut, den Bankensoftwarehersteller Temenos sowie den Verpackungsmaschinenspezialisten SIG Group. Während es sich bei Barry Callebaut und der SIG Group um bestehende Leerverkaufsempfehlungen handelt, ist Temenos neu auf der Liste.

Nun präsentieren auch die Strategen der UBS um den Chefdenker Gerry Fowler zwei Stock-Picking-Listen – getreu dem Motto: Was die Berufskollegen bei J.P. Morgan können, können wir auch.

Doch anders als bei den Amerikanern fällt die Ausbeute auf der Liste der UBS mit kaufenswerten europäischen Aktien aus Schweizer Sicht geradezu ernüchternd aus. Von den 20 Titeln auf der Liste – diese reichen von "A" wie Acs Actividades bis "U" wie UCB - stammt nicht mal ein einziger aus den heimischen Gefilden der Grossbank.

Prominent vertreten ist die Schweiz hingegen auf der Liste mit quantitativen Verkaufsempfehlungen – und zwar durch den Erstversicherer Baloise, den Rohrbauer Georg Fischer, den Bauchemiehersteller Sika sowie den Sanitärtechnikspezialisten Geberit.

Kursentwicklung der Aktien von Georg Fischer seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Interessant ist, dass die Valoren von Georg Fischer und Geberit von den beiden hauseigenen Analysten offiziell sogar zum Kauf angepriesen werden. Mit 69 Franken liegt das 12-Monats-Kursziel für Georg Fischer gut 25 Prozent über den momentanen Notierungen, mit 530 Franken jenes für Geberit immerhin um 10 Prozent über letzteren.

Die Valoren von Baloise werden zwar nur mit "Neutral" und einem 12-Monats-Kursziel von 147 Franken eingestuft. Allerdings hat die Fondstochter der UBS ihr Aktienpaket erst kürzlich überraschend von 3 auf 5 Prozent erhöht.

Spätestens an dieser Stelle zeigt sich der Unterschied zwischen der fundamentalen und der quantitativen Analyse. Bei letzterer befindet am Ende des Tages ein Computermodell anhand von Daten darüber, ob eine Aktie nun kaufenswert ist oder nicht. Gerade im Wissen, dass einem an der Börse die Emotionen manchmal ganz schön einen Strich durch die Rechnung machen können, ist dieser Ansatz aber vielleicht ja gar nicht mal so falsch...

+++

In seiner neusten Branchenstudie warnt Stifel-Analyst Simon Lechipre vor einer Gewinnflaute bei den Warenprüfunternehmen wie etwa SGS. Er zögert deshalb nicht lange und straft die Aktien des Genfer Unternehmens von "Hold" auf "Sell" ab. Auch beim Kursziel setzt der Analyst den dicken Korrekturstift an und streicht dieses auf 66 (zuvor 80) Franken zusammen.

Kursentwicklung der SGS-Aktien im bisherigen Tagesverlauf (Quelle: www.cash.ch)

Nach einer Reduktion seiner künftigen Gewinnschätzungen um bis zu sechs Prozent liegt der Studienautor mit seinen neuen Annahmen um durchschnittlich fünf Prozent unter den Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken. Wie der Stifel-Analyst schreibt, ist der Gewinn je Aktie in den letzten fünf Jahren trotz ergänzenden Firmenübernahmen und Aktienrückkäufen in etwa gleichgeblieben. Da die kommenden Jahre diesbezüglich auch nicht viel besser werden sollen, stellt sich die Frage, ob sich die hohe Bewertung überhaupt noch rechtfertigen lässt.

Unter normalen Umständen würde eine solche Herunterstufung dem Kurs der betroffenen Aktien ziemlich mitspielen. Doch normal ist an der Börse in diesen Tagen nichts – der zahmen Teuerungs-Fakten aus Übersee sei Dank. Von daher überrascht es mich nicht, dass die Valoren von SGS sogar mit moderaten Kursgewinnen auf die Verkaufsempfehlung reagieren.

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.