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Schon seit Wochen zählen zweistellige Kursbewegungen an den Aktienmärkten zum Alltag. Kurzfristig agierenden Marktakteuren bietet sich ein wahres Paradies – sofern sie mit ihren Wetten denn richtig liegen. Denn noch selten lagen Erfolg und Misserfolg so nahe beieinander wie in diesen Tagen.

Wer nach Stock-Picking-Ideen sucht, wird in einem 94 Seiten starken Strategiepapier der amerikanischen J.P. Morgan fündig. Darin nennen die Autoren 30 europäische Aktien, welche man sich als Anlegerin oder Anleger für eine schnelle Wette anlachen sollte. Gleichzeitig warten sie mit 30 europäischen Aktien auf, um welche man besser einen grossen Bogen macht – oder sogar gleich leerverkauft.

Da sich die Autoren bei diesen Empfehlungen auf quantitative Faktoren abstützten, sprechen sie vom sogenannten "Q-Score". Es handelt sich hierbei um vorab definierte Kriterien. Diese entscheiden darüber, ob man die Aktie eines Unternehmens nun haben muss oder nicht. Die Rechenarbeit macht schlussendlich der Computer.

Neu mit auf der Empfehlungsliste: Die Aktien der BKW (Quelle: www.cash.ch)

Auf die Liste der kaufenswerten Aktien schaffen es neben Maersk, Novo Nordisk, Commerzbank, Tesco, ABF und Repsol aus Schweizer Sicht auch BKW sowie Partners Group. Der Listeneinzug der Aktien der Partners Group überrascht insofern, als dass diese bei der amerikanischen Grossbank schon eine ganze Weile nur mit "Neutral" und einem Kursziel von 978 Franken eingestuft werden.

Jene des Stromanbieters BKW werden hingegen nicht einmal von einem hauseigenen Analysten mitverfolgt. Aber eben: Der Computer macht die Auswahlarbeit. Auf der besagten Liste sind auch noch die Valoren von Kühne+Nagel zu finden.

Auch auf der Liste der verkaufswerten Aktien steht der eine oder andere bekannte Name aus der Schweiz. Ich denke da etwa an den Schokoladenproduzenten Barry Callebaut, den Verpackungsmaschinenhersteller SIG Group oder die Bankensoftware-Schmiede Temenos. Bei Letzterer handelt es sich übrigens um einen Neuzugang – gemeinsam etwa mit Vestas, oder Akzo Nobel.

Neugierig wie ich bin, werde ich die genannten Aktien in den nächsten Wochen mal etwas genauer im Auge behalten.

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Apropos SIG Group: Wenn Kritik an den Buchführungspraktiken eines Unternehmens aufkommt, versteht die Börse für gewöhnlich kein Pardon. Umso mehr überrascht mich, dass ein entsprechender Kommentar der britischen Barclays zum Schweizer Unternehmen kaum Beachtung findet. Und hohe Wellen wirft er erst recht nicht.

Im Kommentar räumt der Autor Gaurav Jain zwar ein, dass es gute Gründe gebe, die Aktien des Verpackungsmaschinenherstellers eigentlich zu mögen. Allerdings ist ihm die komplexe Buchführung ein ziemlicher Dorn im Auge – zumal die Umsätze und Erträge angesichts des Geschäftsmodells eigentlich einfach verbucht werden müssten. Seines Erachtens leidet darunter nicht zuletzt auch die Ergebnisqualität.

Kursentwicklung der Aktien der SIG Group seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Um die von ihm kritisierten Punkte bereinigt, liegt die Nettoverschuldung nicht beim 2,7-fachen des für dieses Jahr zu erwartenden operativen Gewinns (EBITDA) – sondern vielmehr beim 3,4-fachen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der operative Jahresgewinn (EBITDA) müsste dann etwas mehr als 20 Prozent tiefer ausgewiesen werden. Da überrascht es mich nicht, wenn der Barclays-Analyst die Aktien bloss mit "Underweight" und einem Kursziel von 18 Franken einstuft.

Interessant finde ich auch, dass diese Diskrepanz für seine Berufskollegen bei anderen Banken kein Thema zu sein scheint. Analyst Dani König von Mirabaud Securities stuft die Valoren der SIG Group sogar von "Hold" auf "Buy" herauf und veranschlagt neuerdings ein Kursziel von 23,60 (zuvor 24,20) Franken.

Der Mirabaud-Analyst schenkt dem schwachen dritten Quartal keine übermässige Aufmerksamkeit und konzentriert sich stattdessen auf die intakten Aussichten. Er hält die firmeneigenen Mittelfristziele jedenfalls für glaubwürdig. Auf die Buchführungspraktiken geht König indes nicht ein...

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