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Nein, es war keine gute Woche für den Swiss Market Index (SMI). Erst gerieten im Zuge eines enttäuschenden Tagesgeschäfts im Schlussquartal die Aktien von Novartis unter die Räder. Keine 24 Stunden später erwischte es dann auch noch die Genussscheine von Erzrivalin Roche – wobei der Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel in erster Linie für seinen Konservatismus abgestraft wurde. Gemeinsam kosteten die beiden Schwergewichte das Börsenbarometer knapp 100 Punkte.

Bei Novartis fällt auf, dass sich die unter Firmenchef "Vas" Narasimhan für zig Milliarden Dollar erworbenen Wirkstoffe wie Zolgensma in der zweiten Hälfte letzten Jahres schleppender als erhofft verkaufen. Da fragt sich doch, ob sich der teure Vorstoss der Basler ins lukrative Geschäft mit Gen-Therapien auch wirklich rechnet.

Schweizer Aktienfavoriten: Wer ist der mysteriöse Verkäufer von Aktien?

Angesichts dieses nicht über alle Zweifel erhabenen Erfolgsausweises war die Angst vor weiteren kostspieligen Übernahmen nach demselben Strickmuster gross, als dem Unternehmen im November letzten Jahres aus dem Verkauf des Roche-Pakets knapp 21 Milliarden Dollar in bar zuflossen. Wie wir mittlerweile wissen, fliessen davon 15 Milliarden Dollar in ein Aktienrückkaufprogramm.

Wenn die Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg stimmen, dann zeichnet sich nun auch ein Verkauf des Sorgenkinds Sandoz ab. Angeblich sei ein Bieterkonsortium rund um die beiden Finanzinvestoren Blackstone und Carlyle bereit, 25 Milliarden Dollar für die Tochter der Basler zu berappen. Das ist insofern erfreulich, als dass Experten bisweilen von einem Verkaufspreis von weniger als 22 Milliarden Dollar ausgegangen waren.

Noch scheint man sich bei Novartis mit einem Entscheid Zeit lassen zu wollen. Man werde bis spätestens Ende Jahr mehr zur Zukunft von Sandoz sagen können, wie es seitens des Unternehmens heisst. Ich selber wäre nicht überrascht, wenn es sich hierbei angesichts fortschreitender Verhandlungen bloss um taktisches Geplänkel handeln würde.

Zwei Fragen beschäftigen mich. Zum einen: Was geschieht mit dem Erlös aus dem Sandoz-Verkauf, sollte man sich mit dem Bieterkonsortium einigen? Und zum anderen: Wieso legen die Basler bei den Aktienrückkäufen über die zweite Handelslinie bei Kursen unter 80 Franken nicht endlich eine Schippe drauf?

Als Roche gestern Donnerstag den Medien zum Frühstück neben dem Ergebnis für das vergangene Jahr unerwartet vorsichtige Umsatz- und Gewinnvorgaben für das laufende Jahr vorsetzte, war der Aufschrei gross. Es wäre ja nicht so, dass der traditionsreiche Pharma- und Diagnostikkonzern den Ball so früh im Jahr nicht absichtlich flach halten würde.

Für 2022 gehen die Basler von einem Kerngewinnwachstum im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich bei einem im stabilen bis niedrigen einstelligen Prozentbereich liegenden Umsatzplus aus. Unnötig zu sagen, dass sich ein Gros der Analysten auf ein stärkeres Wachstum eingestellt hatte.

Kursentwicklung der Valoren von Roche (grün) und Novartis (rot) in den letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Dass die Basler an der Börse für ihren Konservatismus abgestraft werden, könnte auch mit der Geschäftsentwicklung im Schlussquartal letzten Jahres zu tun haben. Allen Unkenrufen zum Trotz steigerte Roche den Umsatz zwar stärker als erwartet. Allerdings hatten steigende Kosten einen Gewinnrückgang zur Folge. Letzteres kam in Expertenkreisen gar nicht gut an. Hinzu kommt, dass sich zukunftsträchtige Medikamente wie Perjeta, Tecentriq oder Hemlibra schleppender als erhofft verkauften.

Ich bin neugierig, ob die durchs Band optimistischen Analysten dem Pharma- und Diagnostikkonzern und seinen Valoren die Treue halten werden. Momentan gibt es ja bekanntlich kaum eine Bank, die die Genussscheine der Basler nicht mit Kurszielen von bis zu 465 Franken zum Kauf anpreisen würde.

Als die UBS der Weltöffentlichkeit am Dienstag ihr Jahresergebnis vorstellte, dürften den Aktionärinnen und Aktionären der Erzrivalin Credit Suisse vermutlich Tränen der Verzweiflung in die Augen geschossen sein. Die grösste Schweizer Bank schliesst das Jahr 2021 mit einem im Jahresvergleich um 14 Prozent höheren Gewinn von 7,5 Milliarden Dollar ab. Das ist der höchste Gewinn seit 15 langen Jahren und zeigt, dass man den Bankenplatz Schweiz keinesfalls abschreiben sollte.

Beeindruckende Zahlen verliehen den UBS-Aktien diese Woche kursseitigen Rückenwind (Quelle: www.cash.ch)

Während die skandalgebeutelte Credit Suisse ihren Aktionärinnen und Aktionären in Sachen Dividende und Aktienrückkäufe bestenfalls Brotkrumen hinwirft, richtet man bei der UBS nach dem Berufungsprozess in Frankreich mit der grossen Kelle an:

Und UBS-Chef Ralph Hamers wischt seinen Gegenspielern bei der Credit Suisse gleich noch eins aus: Er wartete anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung mit einer vorwärts gerichteten Wachstumsstrategie auf – etwas, das die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken ihren Aktionären zwar stets versprach, auf Worte aber bis heute keine Taten folgen liess.

Ich bleibe bei meiner Einschätzung:

...und...

Sichtlich Mühe bekunden heute Freitag die Aktien von Holcim. In einer gut 40 Seiten starken Studie über die europäischen Zementhersteller watscht Autor Harry Goad von der Berenberg Bank die Papiere des Weltmarktführers aus Zug überraschend von "Hold" auf "Sell" ab.

Anders als viele seiner Berufskollegen bei anderen Banken sieht er die angestossene Transformation weg vom Zementgeschäft eher kritisch. Seines Erachtens werden nicht nur die Risiken, sondern insbesondere auch die Kosten der strategischen Neuausrichtung grundlegend unterschätzt.

Vor dem Hintergrund, dass der Analyst seine künftigen Gewinnschätzungen gerade mal um bis zu 3,6 Prozent reduziert, scheint mir die drastische Kürzung des Kursziels auf 43 (zuvor 56) Franken allerdings doch etwas gar theatralisch. Blosse Effekthascherei?

Rotstift der Analysten: Bei vier SMI-Aktien trübt sich die Stimmung ein

An dieser Stelle sei noch das Jahresergebnis von HeidelbergCement zu erwähnen. Der deutschen Erzrivalin war es im Schlussquartal letzten Jahres möglich, die gestiegenen Herstellkosten mittels Preiserhöhungen erfolgreich an die Abnehmer weiterreichen zu können. Sollte dasselbe auch Holcim gelungen sein, würde ein nicht unwesentlicher Unsicherheitsfaktor wegfallen. Nichts scheut die Börse bekanntlich mehr als die Ungewissheit.

In der undankbaren Rolle der Verliererin der Woche findet sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) wieder. Von Donnerstag auf Freitag setzten unsere Währungshüter auf ihrer Beteiligung an der Facebook-Mutter Meta mal eben schnell 800 Millionen Dollar in den Sand. Autsch! Schuld war ein unerwartet vorsichtiger Quartalsausblick seitens des Technologiegiganten. Ein Trost bleibt aber: Im Wissen, dass die SNB aus dem Nichts Geld schöpfen kann, wird sie diese Verluste verschmerzen können.

Apropos Geldpolitik: Dienstagnach überschritt die amerikanische Staatsverschuldung erstmals die tragische Grenze von 30'000 Milliarden Dollar. Eine Zahl mit gar vielen Nullen und ein neuer Rekordwert. Vor zwei Jahren lag die Verschuldung noch bei 23'000 Milliarden Dollar, im Jahr 2000 sogar nur bei 6000 Milliarden Dollar. Darin sind übrigens weder Eventualverpflichtung noch die Schulden einzelner Staaten, Kommunen oder Städte enthalten.

Da fragt man sich doch umso mehr, wie die amerikanische Notenbank denn da bitteschön ihre Bilanz zurückfahren will...?!

Nächste Woche legen hierzulande weitere Unternehmen ihre Jahresergebnisse vor. Das Interesse gilt dabei insbesondere den Zahlenkränzen des Sorgenkinds Credit Suisse, des Sensorenherstellers AMS Osram und der Zurich Insurance Group. Mit anderen Worten: Es verspricht eine spannende Woche zu werden. Mehr dazu kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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