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In eigener Sache:

Zum ersten Mal in einem Dreivierteljahr verabschiede ich mich ab dem kommenden Sonntag für zwei Wochen in den Süden. Während dieser Zeit erscheint keine Kolumne.

Ab Montag, dem 23. Juli 2018, berichte ich dann wieder täglich über das Börsengeschehen.

Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern eine gute Zeit - und den Glücklichen unter ihnen ebenfalls erholsame Ferien.

Herzlichst,

der cash Insider

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Eigentlich sind Aktien aus der Schweiz ein blinder Kauf. Bei stolzen 3,7 Prozent liegt die Dividendenrendite bei den im MSCI Equities Switzerland Index berücksichtigten Unternehmen. Zum Vergleich: Beim Weltaktienindex von MSCI beträgt die durchschnittliche Dividendenrendite gerademal 2,6 Prozent.

Alleine das macht unseren Heimmarkt im internationalen Vergleich so attraktiv wie seit 30 Jahren nicht mehr. Doch damit nicht genug, weisen hiesige Unternehmen doch auch gleich noch ein höheres Gewinnwachstum als ihre Rivalen aus den umliegenden europäischen Nachbarländern auf. Das zumindest lässt sich einer Strategiestudie der UBS entnehmen (siehe Grossbank UBS rudert bei Schweizer Aktien zurück vom 26. Juni).

Doch das scheint gerade angelsächsischen Grossinvestoren ziemlich egal zu sein. Wie mir aus London berichtet wird, machen sie seit Wochen einen grossen Bogen um den Schweizer Aktienmarkt (siehe Weltgrösster Vermögensverwalter schichtet kräftig um vom 5. Juni und «Schweizer Aktien sind im freien Fall» vom 11. Juni).

In der Rangliste der attraktivsten Börsenplätze weltweit – die amerikanische Investmentbank Citigroup ermittelt diese jeden Monat anhand fester Auswahlkriterien - findet sich die Schweiz gerademal auf Rang 16 von 22 wieder.

Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 16 auf Basis der Schätzungen für das kommende Jahr ist der Schweizer Aktienmarkt der Citigroup zufolge kein Schnäppchen.

Ganz anders sieht das die Credit Suisse und liefert gleich eine eindrückliche Grafik mit. Wie dieser Grafik entnommen werden kann befindet sich die relative Bewertung des MSCI Equities Switzerland Index gegenüber dem Weltaktienindex auf dem tiefsten Stand seit gut zehn Jahren. Die Abweichung von mehr als zwei Standardabweichungen entspricht dabei einem Extremwert (siehe nachstehende Grafik).

Relative Bewertung des MSCI Switzerland Index gegenüber dem MSCI World Index (Quelle: Credit Suisse)

Mit anderen Worten: Entweder müssen Aktien von ausserhalb der Schweiz günstiger oder jene aus der Schweiz teurer werden, damit sich dieser Extremwert wieder abbaut.

Noch vor vier Wochen war meine Welt mehr oder weniger in Ordnung. Die Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2018 standen zu diesem Zeitpunkt zwar um 3,4 Prozent tiefer als am 28. Dezember. Allerdings errechnete sich für den SPI damals gar ein Minus von 5,7 Prozent.

Stand Ende Juni fällt die Zwischenbilanz um einiges ernüchternder aus: Gut 6 Prozent schwächere Schweizer Aktienfavoriten stehen einem um 4,2 Prozent tieferen Gesamtmarkt gegenüber.

Negativ zu Buche schlugen zuletzt vor allem die Nebenwerte, allen voran die Valoren von Dufry und OC Oerlikon.

Vergleichsweise stabil entwickelten sich die wenige Tage zuvor im Dezember kommunizierten Dogs of the SMI mit einem Minus von 4 Prozent. Damit schnitten sie geringfügig besser ab als der um 4,2 Prozent schwächere SPI.

Was bleibt ist die Erkenntnis - und der schwache Trost - dass es schlimmer hätte kommen können. Ein Blick auf die diesjährige Verliererliste (Aryzta -62 Prozent, Comet -46 Prozent, Meyer Burger -44 Prozent, Burkhalter -35 Prozent, Rieter -30 Prozent oder EFG International -29 Prozent) lässt sogar den hartgesottenen Anleger leer schlucken.

Bilanz der letzten Jahre:

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018*-    6,0 Prozent-   4,2 Prozent

* Schlusskurse vom 30. Juni 2018

Rückblickend etwas voreilig war mein Einstieg bei Meyer Burger. Am 13. Juni wurde ich bei 0,98 Franken auf meiner glücklicherweise nur kleinen Titelposition ausgestoppt. Der Rückzug des langjährigen Grossaktionärs Henderson Global liess die Kurse des Solarzulieferers aus dem bernischen Gwatt in den vergangenen Wochen vorübergehend in die Nähe von 0,80 Franken abtauchen (siehe Anleger werden bei Meyer Burger im Stich gelassen vom 22. Juni).

Die Angst vor negativen Folgen des Handelsstreits zwischen den Vereinigten Staaten und China auf die Auftragslage ist gross. Ausserdem sieht sich Meyer Burger im Schlüsselmarkt China immer öfter der Konkurrenz lokaler Zulieferer ausgesetzt.

Auch für ABB zählt China zu den Schlüsselmärkten. Im Hinblick auf die Quartalsergebnisveröffentlichung vom 19. Juli revidieren erste Analysten ihre Gewinnschätzungen nach unten (siehe ABB muss nun liefern von gestern).

Mit einem Minus von rund 18 Prozent zählen die Aktien des Industriekonzerns aus Zürich seit Jahresbeginn zu den Schlusslichtern aus dem Swiss Market Index (SMI).

Die milliardenschweren Übernahmen vergangener Tage dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das einstige Vorzeigeunternehmen in den letzten zehn Jahren mit einem organischen Nullwachstum aufwartete.

Kein Wunder, werden im Grossaktionariat Stimmen laut, die grundlegende Konsequenzen fordern. Das Lager unzufriedener Aktionäre wie Cevian Capital und Artisan Partners dürften in den letzten Wochen jedenfalls Zulauf erfahren haben.

Ob ABB allen Unkenrufen zum Trotz doch noch in die Wachstumsspur zurückfindet, dürfte in gut zwei Wochen der Zahlenkranz für das zweite Quartal verraten.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten:

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel  22'665,65  
ABB N38526,00  8'358,35-1'651,65-16,50 Prozent
LafargeHolcim N18254,95  8'805,16-1'195,75-11,96 Prozent
Nestlé N12083,40  9'228,00-   792,00-  7,90 Prozent
Roche GS40246,80  8'822,00-1'050,00-10,64 Prozent
Basilea N13275,50  8'712,00-1'254,00-12,58 Prozent
Clariant N40025,50  9'528,00-   672,00-  6,59 Prozent
Dufry N69144,80   8'721,60-1'269,60-12,71 Prozent
OC Oerlikon N60016,87  9'114,00-1'080,00-  9,96 Prozent
      
Total  93'954,76 -6,04 Prozent

* Schlusskurse vom 30. Juni 2018

Ursprünglich sah bei OC Oerlikon alles danach aus, als ob sich mit dem Börsengang der auf Getriebetechnik spezialisierten Drive Systems ein Mehrwert für die Aktionäre erzielen liesse.

Doch es sollte alles ganz anders kommen: Alleine schon die Preisspanne für die dem Publikum angebotenen Aktien weckt gewisse Zweifel.

Das Mutterhaus selbst rechnet im besten Fall mit einem Erlös aus dem Börsengang von bis zu 620 Millionen Franken, was einem rechnerischen Unternehmenswert von 700 Millionen Franken entspräche.

Analysten waren bisweilen von einem Unternehmenswert von gut 800 Millionen Franken ausgegangen, wobei mir gegenüber sogar von bis zu 880 Millionen Franken die Rede war.

Der Börsengang von Drive Systems dürfte der erste logische Schritt hin zur Übernahme des Oberflächentechnologiegeschäfts der amerikanischen Praxair sein.

Letztendlich wird der Kaufpreis für diese Geschäftsaktivitäten darüber entscheiden, ob sich der Kurs der Aktien von OC Oerlikon im weiteren Jahresverlauf kräftig erholt. Das letzte Wort scheint mir diesbezüglich noch nicht gesprochen.

Totgesagte leben länger - und das auch an den Aktienmärkten. Jüngstes Beispiel ist der Pharma- und Diagnostikkonzern Roche. Was wurde in den letzten Wochen und Monaten nicht alles über das traditionsreiche Unternehmen aus Basel geschrieben?!

Roche habe es verpasst, sich rechtzeitig für den Ablauf des Patentschutzes bei umsatzstarken Medikamenten wie Rituxan, Avastin oder Herceptin zu wappnen, so war beispielsweise zu lesen.

Gleichzeitig wurde das kommerzielle Potenzial von aufstrebenden Wirkstoffen wie Ocrevus gegen Multiple Sklerose oder Perjeta und Tecentriq gegen Krebs in den Finanzmedien heruntergeredet.

Die jüngsten Erhebungen von J.P. Morgan für Nordamerika geben nun aber Grund zur Hoffnung. Angeblich steigerte Roche den Medikamentenabsatz in dieser Schlüsselregion im zweiten Quartal kräftig. Ob das für eine positive Ergebnisüberraschung ausreicht, wird sich zeigen müssen und hängt nicht zuletzt davon ab, ob das vom Patentablauf betroffene Rituxan in Europa weitere Marktanteile an günstigere Nachahmerpräparate verloren hat.

Derweil spielen ausgerechnet die grossen amerikanischen Rivalen mit dem Feuer. Wie aus Übersee zu vernehmen ist, erhöhte Pfizer erst kürzlich den Preis für mehr als 100 Medikamente – und wurde damit Präsident Donald Trump gegenüber wortbrüchig. Die Reaktion wird vermutlich nicht lange auf sich warten lassen und auch für hiesige Pharmaunternehmen zur Hypothek.

Aktuelle Positionen "Dogs of the SMI":

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
LafargeHolcim N18553,908'950,30-1'021,20-10,24 Prozent
Roche GS41244,009'042,55-   961,45-  9,61 Prozent
Swisscom N19520,508'420,80-1'468,70-14,85 Prozent
Swiss Re N10892,209'255,60-   702,00-  7,05 Prozent
Zurich N33298,109'705,30-   132,00-  1,34 Prozent
      
Total  45'374,55 -  3,98 Prozent

* Schlusskurse vom 30. Juni 2018

Kräftig nach unten ging es zuletzt für die Aktien von LafargeHolcim. Die Angst, dass sich auch das amerikanische Justizministerium in die Syrien-Affäre einschaltet, ist durchaus berechtigt (siehe Washington könnte LafargeHolcim als politisches Druckmittel missbrauchen vom 2. Juli).

Auch vom Tagesgeschäft ist vorerst wohl noch nicht viel zu erwarten. Womöglich blickt der Weltmarktführer aus Jona auf ein durchwachsenes zweites Quartal zurück. Gerade aus den Schwellenländern bläst ein kühler Wind gen den hiesigen Hauptsitz. Der neue Konzernchef Jan Jenisch ist und bleibt gefordert.

Die Aktien von LafargeHolcim verlangen Geduld. Immerhin entschädigt die mittlerweile bei 4,2 Prozent liegende Dividendenrendite fürs Warten auf operative Fortschritte.

Bisherige Transaktionen:

DatumTitel AnzahlKurs Total
29.12.2017Burckhardt NKauf32315,50Franken10'096,00-
29.12.2017Roche GSKauf40246,80Franken9'872,00-
29.12.2017Basilea NKauf13275,50Franken9'966,00-
29.12.2017Nestlé NKauf12083,50Franken10'020,00-
29.12.2017Dufry NKauf69144,80Franken9'991,20-
29.12.2017ABB NKauf38526,00Franken10'010,00-
29.12.2017LafargeHolcim NKauf18254,95Franken10'000,90-
24.01.2018Burckhradt NVerkauf32364,25Franken11'656,00+
07.02.2018Clariant NKauf40025,50Franken10'229,00-
15.02.2018Put WLHBRVKauf3'6400,25Franken939,00-
05.03.2018Put WLHBRVVerkauf3'6400,36Franken1'281,40+
16.04.2018Call AMIFJBKauf3'3000,455Franken1'530,50-
16.04.2018Put AMPRJBKauf3'3000,455Franken1'530,50-
24.04.2018Call AMIFJBVerkauf3'3000,09Franken268,00+
24.04.2018Put AMIFJBVerkauf3'3000,971Franken3'175,30+
04.05.2018OC Oerlikon NKauf60016,87Franken10'151,00-
04.05.2018Put DUFATZKauf2'7600,17Franken498,20-
08.05.2018Put DUFATZVerkauf2'7600,12Franken364,00+
29.05.2018Meyer Burger NKauf4'5001,12Franken5'069,00-
13.06.2018Meyer Burger NVerkauf4'5000,98Franken4'381,00+

 

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