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Seit Wochen ähnelt auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt ein Handelstag dem anderen: Lustlos schanzen die Marktakteure einander Aktienpositionen zu. Die Umsätze sind dünn wie sonst nur zur Vorweihnachtszeit (siehe Amerikaner ziehen im grossen Stil Gelder ab vom Montag und «Dünner Handel wie sonst nur zur Weihnachtszeit» vom 3. September).

In einem solchen Umfeld lassen sich die Kurse mit einem sehr geringen Aufwand in die eine oder andere Richtung bewegen, was sich einige Marktakteure denn auch zunutze machen. Börsenspekulationen haben plötzlich wieder Hochkonjunktur. Nur gerade in den ersten Januar-Tagen drehte sich das Gerüchte-Karussell noch schneller (siehe Das Gerüchte-Karussell dreht sich auch 2018 kräftig vom 3. Januar, Von ersten Ergebnisspekulationen und sonstigen Gerüchten vom 8. Januar sowie Spekulationen heizen die Stimmung künstlich an vom 11. Januar).

Nachdem beim Transportunternehmen Ceva Logistics alleine am Montag ein knappes Prozent der ausstehenden Aktien den Besitzer wechselten, mutmasst die Privatbank Rahn & Bodmer über Stützungskäufe. Der Schluss liege nahe, dass mit sogenanntem "Window-Dressing" versucht werde, die Börsenkapitalisierung oberhalb der wichtigen Marke von einer Milliarde Franken zu halten, so ist dem täglich erscheinenden "Börsenbarometer" zu entnehmen.

Kursentwicklung der Ceva-Aktien seit dem Börsengang von Anfang Mai mit einer zuletzt auffälligen Stabilisierung (Quelle: www.cash.ch)

Der Schwellenwert von einer Milliarde Franken - oder besser gesagt einer Milliarde Dollar - ist insbesondere im angelsächsischen Raum von grosser Bedeutung. Fällt die Börsenkapitalisierung eines Unternehmens unter diesen Schwellenwert, sind dortige Institutionelle für gewöhnlich gezwungen, sich innerhalb nützlicher Frist von dessen Aktien zu trennen.

Auf den Ausgabepreis von 27,50 Franken bezogen haben die Aktien von Ceva Logistics seit dem Börsendebüt im Mai dieses Jahres satte 30 Prozent verloren. Da kämen Verkäufe aus dem angelsächsischen Raum ziemlich ungelegen.

Ins Zentrum von Spekulationen rücken auch die Aktien des Sensorenherstellers AMS. Dabei dreht sich alles um die Vorbestellungen für die drei iPhone-Modelle XS, XS Max sowie XR des amerikanischen Grosskunden Apple. Nicht bestätigten Berichten zufolge stösst die neuste Gerätegeneration auf ein eher mässiges Interesse. Angeblich gingen zur selben Zeit vor einem Jahr sogar mehr Vorbestellungen für das Jubiläumsmodell iPhone X ein.

Das könnte auch AMS zu spüren bekommen, steuert das Unternehmen aus Unterpremstätten unter anderem doch Komponenten für die 3D-Gesichtserkennung bei.

Dass die Aktien des führenden Sensorenherstellers alleine seit Anfang September rund 17 Prozent verloren haben, ist nicht zuletzt auch auf die Angst vor möglichen Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den Vereinigten Staaten und China zurückzuführen.

Den Leerverkäufern dürfte diese Angstmacherei äusserst gelegen kommen. Erhebungen der Beratungsfirma IHS Markit zufolge liefen Ende August Wetten in Höhe von 14 Prozent der ausstehenden Aktien gegen AMS.

Ähnlich verhält es sich bei den Aktien von Basilea. Dem kleinen Pharmahersteller wird seit gestern eine Kapitalerhöhung noch in diesem Jahr nachgesagt. Die Gerüchtelawine ins Rollen brachte Analyst Bruno Bulic von Helvea mit einer entsprechenden Warnung. Und um letzterer das nötige Gewicht zu geben, strich er das Kursziel für die mit "Sell" eingestuften Aktien auf gerademal noch 50 (zuvor 59) Franken zusammen.

Bei Vifor Pharma machen hingegen Spekulationen die Runde, wonach dem Pharmahersteller aus Bern bis zu einem Drittel des Jahresumsatzes wegbrechen könnte. Stein des Anstosses dürften die jüngsten Erfolge der britischen Rivalin AstraZeneca mit dem neuartigen Wirkstoff Roxadustat sein. Wie der für J.P. Morgan tätige Pharmaanalyst James Gordon schreibt, könnte Roxadustat die Behandlung von Blutarmut revolutionieren. Mit Vadadustat bastelt Vifor Pharma allerdings an einem einlizenzierten eigenen Kandidaten derselben Wirkstoffklasse.

Seit gestern ist auch der Baselbieter Spezialitätenchemiehersteller Clariant wieder in den Schlagzeilen. Während man bei Julius Bär wenig schmeichelhafte Worte für die Zusammenführung von Geschäftsaktivitäten mit solchen des saudischen Ankeraktionärs Sabic findet, lässt Goldman Sachs durchblicken, dass die Tage Clariants als eigenständiges Unternehmen schon bald gezählt sein könnten.

Spekulationen schieben die Aktien von Clariant seit den Neuigkeiten vom Dienstag kräftig an (Quelle: www.cash.ch)

Die amerikanische Investmentbank gibt die Wahrscheinlichkeit, dass Sabic den übrigen Aktionären ein Übernahmeangebot in Höhe von fast 40 Franken je Aktie unterbreiten könnte, mit immerhin 15 Prozent an.

Noch weiter geht Analyst Markus Mayer von Helvea. Er sieht Sabic das Aktienpaket in einem ersten Schritt auf 30 Prozent ausbauen. Danach müsse Clariant als Gefäss für weitere strategische Übernahmen, beispielsweise des amerikanischen Rivalen W.R. Grace herhalten, so der bekannte Chemieanalyst. Er rechnet bei den Baselbietern deshalb mit einem schrittweisen Verlust der Eigenständigkeit.

Mit Ausnahme von Clariant haben die übrigen genannten Unternehmen gemeinsam: Sie alle stehen seit Wochen, wenn nicht gar seit Monaten unter Belagerung ausländischer Leerverkäufer.

Rückblickend läutete die Häufung von Spekulationen im Januar eine Trendumkehr am Schweizer Aktienmarkt ein. Mich würde nicht erstaunen, wenn das erneut so wäre - diesmal allerdings unter positiveren Vorzeichen...

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