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Das Geschehen am Schweizer Aktienmarkt bleibt launisch. Während Aktien wie jene von Idorsia (+32 Prozent) oder U-blox (+22 Prozent) mit prozentual zweistelligen Kursgewinnen aus dem August hervorgehen, bescherten jene von Zur Rose (-34 Prozent), Sonova (-24 Prozent) oder PolyPeptide (-23 Prozent) hohe Verluste.

Das ist allerdings nichts verglichen mit den Kurskapriolen an der New Yorker Börse. Dort feierten einstige Überflieger wie GameStop, AMC Entertainment oder Bed Bath & Beyond im August mal eben schnell ein beeindruckendes Comeback. Der Aktienkurs von AMC Entertainment beispielsweise schoss innerhalb von weniger als 48 Stunden um gut 60 Prozent in die Höhe, jener von Bed Bath & Beyond erfuhr sogar eine Verdreifachung. Mit an Bord: Unzählige Klein(st)anleger mit Optionswetten auf die besagten Aktien.

Aufstieg und Fall der Aktien von Bed Bad & Beyond in New York (Quelle: www.cash.ch)

Zumindest berichtete die Credit Suisse kürzlich, dass sich diese Anleger-Spezies im grossen Stil Call-Optionen auf die drei Aktien angelacht habe. An gewissen Tagen hätten mit bis zu 1,4 Millionen Stück mehr Optionen auf die Valoren von Bed Bad & Beyond die Hand gewechselt als solche auf jene des Elektroautomobil-Pioniers Tesla. Ausserdem lagen die Handelsumsätze während nicht weniger als zehn Handelstagen um 60 Prozent und mehr über dem diesjährigen Durchschnitt.

Allerdings sollte die Freude an diesen Kursgewinnen nicht sehr lange halten, verflog die Hoffnung auf eine Neuauflage des im Frühling letzten Jahres beobachteten Massenphänomens doch genauso schnell wieder wie sie aufgekommen war.

Zur Erinnerung: Über soziale Netzwerke verabredeten sich Kleinstanleger, um mit geballter Kraft die Leerverkäufer in die Knie zu zwingen. Das Rezept war dabei denkbar einfach: Man nehme ein Unternehmen, bei dem bekannt ist, dass umfangreiche Wetten gegen dessen Aktien laufen und treibe den Kurs kräftig nach oben. Irgendwann ist die Schmerzgrenze erreicht. Die Leerverkäufer kapitulieren dann und müssen Aktien zukaufen, um ihre Wetten zu schliessen – was die Kurse abermals kräftig steigen lässt.

Anders als damals gingen die Kursgewinne jüngst schon nach wenigen Tagen vollumfänglich wieder verloren. Für viele Klein(st)anleger kam das ziemlich überraschend, verfielen nicht eben wenige der Optionswetten am vorderen Freitag doch wertlos. Ganz zur Freude der jeweiligen Gegenparteien, bei welchen es sich fast ausschliesslich um mächtige Grossinvestoren handelt.

Anfang Februar 2021 schrieb ich zum Thema:

...und weiter...

Diese Haltung erwies sich auch im Zuge der Neuauflage dieses Massenphänomens als richtig.

Die selbst für diese Jahreszeit ungewohnt dünnen Handelsumsätze sind der Nährboden, der solche kleinen fiesen Spielchen überhaupt erst möglich macht. Wer nun denkt, dass sich dieses Phänomen auf die New Yorker Börse beschränkt, der irrt. In den letzten Wochen knackten selbst die drei SMI-Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis die 100-Millionen-Franken-Umsatz-Marke an gewissen Tagen nur mit Müh und Not.

Dass die zweite Handelslinie bei Novartis – über diese kaufen die Basler nahezu täglich eigene Aktien zurück – regelmässig bis auf Platz sechs der meistgehandelten Schweizer Aktien vorrücken, ist bezeichnend. Ketzerisch gesagt, macht der Pharmahersteller den Handel in den eigenen Valoren momentan fast selber.

Kommen wir an dieser Stelle nun aber auf meine Schweizer Aktienfavoriten für 2022 zu sprechen. Mit einem Minus von 18,2 Prozent seit Ende Dezember hinken diese dem um 15,1 Prozent tieferen Swiss Performance Index (SPI) leider noch immer hinterher. Es ist schon ziemlich ernüchternd, dass alleine die drei Sorgenkinder Logitech, Credit Suisse und Zur Rose für nahezu die gesamten Verluste verantwortlich sind.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020+  9,8 Prozent+  3,1 Prozent
2021+10,0 Prozent+23,4 Prozent
2022*- 18,2 Prozent- 15,1 Prozent

* Kurse vom 31. August 2022

Gerade bei den Aktien von Zur Rose muss ich mich selber an der Nase nehmen. Rückblickend habe ich die Folgen der Verzögerungen bei der deutschlandweiten Einführung elektronischer Medikamentenrezepte völlig unterschätzt.

Doch auch die Versandapotheke muss sich den Vorwurf gefallen lassen, schon beinahe ein bisschen naiv auf eine reibungslose Einführung des elektronischen Medikamentenrezepts in Deutschland hingearbeitet zu haben. Wer hätte noch vor wenigen Monaten aber auch gedacht, dass unsere nördlichen Nachbarn bei diesem Vorhaben ach so grandios scheitern würden?

Zur Rose bleibt nun nichts anderes übrig, als im unmöglichsten Moment in den sauren Apfel einer Kapitalerhöhung zu beissen. Das Unternehmen begab am heutigen Donnerstagmorgen eine 95 Millionen Franken schwere Wandelanleihe und platzierte zusätzlich Aktien im Gegenwert von 44 Millionen Franken bei institutionellen Investoren. Ganz zur Freude der Leerverkäufer, spekulierten diese zuletzt doch mit rund 30 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse, wie Erhebungen der Beratungsfirma IHS Markit annehmen lassen.

Ein Sorgenkind bleibt auch die Credit Suisse. Bei Kursen unter 5 Franken stiessen die Aktien der kleineren der beiden Schweizer Grossbanken zuletzt zwar auf eine erstaunlich gute Nachfrage. Die Herausforderungen, welchen sich der neue Firmenchef Ulrich Körner stellen muss, sind allerdings nicht ohne. Die letzten Jahre zeigen, dass es mit einer weiteren Sparrunde alleine nicht getan ist. Denn der Ertragsschwund zeigt, dass sich die Grossbank nach und nach selber abschafft.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel        4'256,88  
Credit Suisse N  1'316     8,54      6'658,96-  4'582,09- 40,76 Prozent
Holcim N      327   46,57    14'237,58-      990,36-   6,50 Prozent
Logitech N      144   71,65      7'035,84-  3'282,04- 31,81 Prozent
Novartis N      114   80,50      9'020,82-      155,65-    1,70 Prozent
Zurich Insurance N        24402,80    10'418,40+     751,30+   7,77 Prozent
Cembra Money N        91  66,29      6'019,65-        12,81-    0,21 Prozent
Helvetia N        67107,82      7'242,70+       18,85+   0,26 Prozent
Oerlikon N  1'335     8,86      9'545,25-  2'281,56- 19,29 Prozent
Stadler Rail N      217  38,70      6'496,98-  1'900,68- 22,63 Prozent
Zur Rose N        47179,02      2'153,54-  6'260,25- 74,40 Prozent
      
Total      83'086,60 - 18,16 Prozent

* Schlusskurse vom 31. August 2022

So überrascht die Meldung nicht, dass der Verwaltungsrat in den nächsten Tagen in Singapur zusammenkommt, um über die Zukunft des Investment Bankings zu beraten. Eile tut Not, will die Credit Suisse doch schon in einigen Wochen über die Fortschritte bei der Strategieüberprüfung informieren.

Nun sind nicht nur drastische, sondern auch kreative Lösungen gefragt. Mehr vom selben angeblichen Heilmittel verträgt die Patientin nicht mehr. Dessen sind sich auch viele der Aktionärinnen und Aktionäre bewusst. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass sich Widerstand bilden würde, sollte die Grossbank an der kommenden Quartalsergebnisveröffentlichung erneut unnötig auf Zeit spielen – Zeit, die ihr nicht mehr bleibt.

Anders präsentiert sich die Situation bei Logitech. Das Vorzeigeunternehmen aus Lausanne wurde in den letzten Wochen an der Börse vor allem für die Unzulänglichkeiten anderer Branchengrössen abgestraft. Zuerst sorgte die Aussage des PC-Herstellers Dell, wonach sich das Kundenverhalten drastisch verschlechtert habe, bei den Aktien des Unterhaltungselektronikspezialisten für Kursverluste. Dann wurden sie wegen dem enttäuschenden Zahlenkranz und den gesenkten Jahresziele von Hewlett-Packard in Sippenhaft genommen.

Mir ist durchaus bewusst: Wenn die Preise für lebensnotwendige Güter gefühlt ins Unermessliche steigen, bleibt Ende Monat weniger Geld für andere Dinge wie etwa Gaming-Zubehör übrig. Das könnte auch für Logitech zu einem Problem werden – wenn auch völlig unverschuldet. Dennoch gilt: Unter den Blinden ist der Einäugige König.

An dieser Stelle noch kurz ein paar Worte zu den vielen Neuigkeiten bei Stadler Rail. Gestern Mittwoch veröffentlichte der Zugbauer das Ergebnis für die erste Jahreshälfte. Ausserdem kommunizierte Firmenpatron Peter Spuhler neue Finanzziele und stellte mit seinem bisherigen Stellvertreter Markus Bernsteiner seinen Nachfolger vor.

Dabei servierte Spuhler mehr vom Üblichen: Während die Auftragsbücher aus allen Nähten platzen, ist bei der Gewinnentwicklung Schmalkost angesagt. Nur einem einmaligen Gewinn im Zusammenhang mit der Übernahme von BBR war es zu verdanken, dass der operative Gewinn (EBIT) mit 66,8 Millionen Franken weit über den von Analysten erwarteten 39,8 Millionen Franken zu liegen kam.

Einmal mehr zeigt sich, dass randvolle Auftragsbücher das eine sind, diese in Gewinne umzumünzen jedoch etwas ganz anderes ist. Wie schwierig es ist, mit hauchdünnen Margen zu arbeiten, zeigt sich auch an der Tatsache, dass in den ersten sechs Monaten nahezu der gesamte Gewinn in Währungsverlusten aufging.

Die tieferen Gewinnvorgaben für das laufende Jahr und die Zeit bis Ende 2025 nehmen die Markterwartungen hingegen schon heute mehr oder weniger vorweg. Rein rechnerisch müssten die Analysten ihre durchschnittlichen Gewinnschätzungen noch um überblickbare 3 bis 5 Prozent nach unten korrigieren. Kein Wunder also, reagierten die Aktien gestern Mittwoch letztendlich mit Kursgewinnen auf die Neuigkeiten.

Transaktionen Aktienfavoriten 2022

DatumTitel AnzahlKurs Total
30.12.2021Oerlikon NKauf1'060    9,43Franken  9'995,80-
30.12.2021Zur Rose NKauf      22230,57Franken  5'072,54-
30.12.2021Cembra NKauf    113  66,14Franken  7'473,82-
30.12.2021Stadler Rail NKauf    188  39,94Franken  7'508,72-
30.12.2021Helvetia NKauf      70107,49Franken  7'524,30-
30.12.2021Logitech NKauf      97  77,32Franken  7'500,04-
30.12.2021Credit Suisse NKauf1'122  8,907Franken  9'993,65-
30.12.2021Zurich IG NKauf      25400,70Franken10'017,50-
30.12.2021Holcim NKauf    322  46,62Franken15'011,64-
30.12.2021Novartis NKauf    186  80,67Franken15'004,62-
07.03.2022Oerlikon NKauf    223    6,63Franken  1'478,49-
07.03.2022Zur Rose NKauf      29133,65Franken  3'875,85-
07.03.2022Stadler Rail NKauf      22  30,08Franken      661,76-
07.03.2022Helvetia NVerkauf        8  96,65Franken     773,20+
07.03.2022Logitech NKauf      34  65,52Franken  2'227,68-
07.03.2022Credit Suisse NKauf   190    6,46Franken  1'227,40-
07.03.2022Zurich IG NVerkauf        3380,80Franken  1'142,40+
07.03.2022Holcim NVerkauf      11  40,16Franken     441,76+
07.03.2022Novartis NVerkauf      86  75,92Franken  6'529,12+
08.03.2022Novartis NKauf        3  74,21Franken      222,63-
08.04.2022Zurich IG NKauf        1438,50Franken      438,50-
08.04.2022Oerlikon NKauf      42     6,78Franken      284,76-
24.04.2022Cembra NKauf        4   70,55Franken      282,20-
03.05.2022Helvetia NKauf        2118,50Franken      237,00-
09.05.2022Credit Suisse NKauf     16     6,50Franken      104,00-
09.05.2022Holcim NKauf     15   45,50Franken      682,50-
09.05.2022Stadler Rail NKauf       3   34,38Franken      103,14-
01.07.2022Logitech NKauf     16   49,17Franken      786,72-
01.07.2022Oerlikon NKauf     32     6,50Franken      209,60-
01.07.2022Zurich IG NKauf       1413,20Franken      413,20-
01.07.2022Credit Suisse NKauf       6     5,38Franken         32,28-
01.07.2022Novartis NKauf       1   80,14Franken         80,14-
01.07.2022Cembra NVerkauf     26   68,70Franken  1'786,20+
01.07.2022Stadler Rail NKauf       6   30,70Franken      184,20-

 

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