Wegen der hohen Inflation in den USA erwarteten viele Marktteilnehmer ein entschlosseneres Vorgehen vom Fed und rechneten mit einer Zinserhöhung um bis zu 75 Basispunkte. Im Mai war die Inflationsrate mit 8,6 Prozent auf einen rund 40-jährigen Höchststand geklettert. Das Fed sollte alles daran setzen, die Inflation möglichst rasch zu bekämpfen, auch wenn das bedeute, dafür einen Teil des Wachstums zu opfern, kommentierte ein Marktteilnehmer. Es sei wichtig, dass die Marktteilnehmer sähen, dass das Inflationsgespenst konkret und zielstrebig angegangen werde. Für eine Überraschung sorgte zudem die EZB. An einer Sitzung wurde über die aktuellen Marktbedingungen - der überdurchschnittlich starke Anstieg der Renditen in den Peripherieländern - gesprochen. Die EZB will nun Gelder aus dem Ende März ausgelaufenen Corona-Notkaufprogramm PEPP besonders flexibel einsetzen.

Der SMI schloss nach einem Tageshoch bei 10'850 Punkten noch um 0,79 Prozent höher bei 10'783,59 Punkten. Im frühen Handel war der Leitindex gar kurzzeitig ins Minus gerutscht. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und in dem die Gewichtung der Schwergewichte stärker gekappt ist, rückte um 1,17 Prozent auf 1673,90 und der breite SPI um 0,77 Prozent auf 13'870,29 Zähler vor. 25 SLI-Titel zogen an und vier gaben nach. Swisscom waren unverändert.

An die Spitze der Gewinner setzten sich Temenos (+7,9 Prozent). Händler begründeten den Kurssprung mit einer Gegenbewegung nach den massiven jüngsten Verlusten. Auch Deckungs- und spekulative Käufe dürften dem Hersteller von Banksoftware Auftrieb gegeben haben. Ausserdem punktete Temenos mit dem Gewinn eines Kunden in den USA.

Dahinter folgten weitere Werte mit Bezug zur Finanzindustrie: Die Aktien der Versicherer Swiss Life, Zurich und Swiss Re, die Aktien des Vermögensverwalters Julius Bär und Partners Group zogen zwischen 1,7 und 3,2 Prozent an. Bei Julius Bär sorgte laut Händlern auch die Hoffnung auf eine höhere Dividende für Kursgewinne. Während bei den Grossbankenwerten UBS (+1,8 Prozent) gesucht waren, verharrten CS (-0,2 Prozent auf 5,89 Fr.) in der Nähe des kürzlich erreichten Rekordtiefs von 5,79 Franken.

Gekauft wurden auch Aktien zyklischer Unternehmen, die seit einiger Zeit Konjunktursorgen gelitten hätten. So reihten sich Adecco, Holcim, ABB und Sika mit einem Kursplus von 1,5 bis 2,7 Prozent bei den Gewinnern ein.

Die arg gebeutelten AMS Osram gewannen 2,9 Prozent. Der Technologiekonzern verkauft den Bereich Digital Systems an den chinesischen Inventronics-Konzern. Die beiden Uhrenherstellertitel Swatch (+2,5 Prozent) und Richemont (+2,1 Prozent) waren dank besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten aus China stark.

Dass der SMI, was den prozentualen Anstieg anbelangte, hinter seinen europäischen Pendants Dax, Cac-40 oder FTSE 100 hinterher hinkte, lag vor allem am Schwergewicht Nestlé (-0,8 Prozent). Auch Roche (+0,7 Prozent) und Novartis (+0,4 Prozent) hinkten dem Markt hinterher. Für den Augenheilkunde-Konzern Alcon (-0,1 Prozent) und Kühne+Nagel (-0,3 Prozent) ging es leicht abwärts.

Auf den hinteren Reihen waren Clariant (+0,5 Prozent) nach Zahlen etwas höher. U-Blox (+6,9 Prozent) und Feintool (5,8 Prozent) gewannen nach Analystenkommentaren. Das Gegenstück bildeten Autoneum-Aktien nach einer Gewinnwarnung mit -3,0 Prozent. In ihrem Sog fielen Klingelnberg um 0,6 Prozent.

(AWP)