Der amerikanische Leitzins steht derzeit bei 2,25 Prozent, und er soll weiter angehoben werden. Die Zinspolitik der amerikanischen Notenbank setzt aber viele in Unruhe. Da ist zunächst Präsident Donald Trump, der sich um das Wirtschaftswachstum fürchtet und der Federal Reserve schon mehrfach verbal eines aufs Dach gegeben hat. Aber auch Investoren auf der ganzen Welt sind verunsichert.

Waren Aktienmärkte 2016 und 2017 relativ schwankungsarm, hat das bald zu Ende gehende Jahr eine wesentlich höhere Volatilität gezeigt. Für alle jene, die sich eine ruhigere Phase wie in den letzten Jahren zurückwünschen, hat Janet Mui eine schlechte Nachricht: "Unglücklicherweise wird die Volatilität anhalten", sagt die Ökonomin des britischen Fondshauses Schroders im Video-Interview mit cash.

Anleihen-Spread deutet auf Schwankungen hin

Die Fed treibt von den grossen Notenbanken das Ende der Politik des "billigen Geldes" am konsequentesten voran. Aber indem die Fed dem Markt Liquidität entzieht, verlängert sie die Phase der Unsicherheit. Angesichts der Tatsache, dass die Aktienmärkte seit nunmehr neuneinhalb Jahren nicht zuletzt dank des billigen Geldes eine Hausse erleben, wachse die Unsicherheit mit dem sich abzeichnenden Kurswechsel der Notenbanken.

Abzulesen sei dies auch am Unterschied zwischen den Renditen von zweijährigen und zehnjährigen US-Staatsanleihen, sagt Mui. Papiere mit zweijähriger Laufzeit rentieren aktuell mit 2,92 Prozent, bei zehn Jahren sind es 3,19 Prozent. Der "Spread" dazwischen wird sich laut Mui verengen. Historisch gesehen sei dies ein verlässlicher Indikator für Marktvolatilität.

Renditeunterschied zwischen zehnjährigen und zweijährigen US-Staatsanleihen im Verlauf der letzten fünf Jahre, Quelle: Federal Reserve Bank of St. Louis

Auch in Japan und in der Eurozone dürften die Zinsen ansteigen, allerdings sind sich die Experten generell nicht einig, wann dies kommen wird. Ob etwa sich die Europäische Zentralbank schon 2019 vom Nullzins löst, ist noch lange nicht gewiss.

USA-China-Konflikt nicht schnell gelöst

Doch dann: Die Märkte reagieren auch nervös wegen den politischen Unsicherheiten, in erster Linie dem Handelskonflikt zwischen den USA und China. Seitdem Präsident Trump mit Verweis auf das US-Handelsdefizit im Januar erste Strafzölle auf chinesische Güter erhob, stehen die Märkte auch im Bann des Konflikts der beiden grössten Wirtschaftsmächte der Welt.

Den USA gehe es nicht nur um das Handelsdefizit, sagt Mui, die in London für den Schroders-Vermögensverwaltungsteil Cazenove tätig ist: "Der wirkliche Grund für die harte Haltung der USA gegenüber China ist Chinas Technologiewachstum", sagt Mui. Und dies macht den Handelskonflikt komplizierter, als es für mache scheint. Eine rasche Lösung erwartet sie nicht, und auch dies ist ein Grund für anhaltend schwankende Märkte ohne klare Richtung.

Abschwächung bei Tech-Aktien

Ein Sektor, der in den vergangenen Monaten von der schlechten Stimmung um den Handelskonflikt erfasst worden ist, sind die Tech-Unternehmen. Angefangen von den FAANG-Aktien (Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Google) über wichtige globale Technologieplayer bis hin zu Schweizer Small und Mid Caps etwa in der Halbleiterbranche sind die Aktienkurse seit dem Sommer, verstärkt seit Ende August, deutlich zurückgegangen.

Defensiven Aktien wird auch in der Schweiz wieder mehr Potential attestiert:

Diese Aktien können weiteren Börsenstürmen standhalten

Tech-Aktien sieht Mui denn auch kritisch: "Der Sektor hat sich über Jahre sehr stark entwickelt, nun aber bestehen Anzeichen einer Abschwächung." Sie plädiert klar dafür, dass die Portfolio gut diversifiziert seien. Dabei rät sie auch vermehrt zu defensiven Engagements.

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Janet Mui, die selber aus Hongkong stammt, detailliert über den Fortschritt des Technologiesektors in China und erklärt, weswegen China in diesem Punkt letztlich höheres Potential hat als die USA. Sie nimmt auch eine Einschätzung vor, ob die USA oder China stärker unter dem Handelsdisput leiden werden.

Das Gespräch mit Janet Mui fand In London während einer Pressereise von Schroders statt, zu der cash.ch eingeladen war.