Es sei "politisch riskant" für einen Finanzminister, sich von dem 15,5-Prozent-Anteil an der Commerzbank zu trennen, weil damit die Verluste aus der umstrittenen Rettungsaktion realisiert und sichtbar würden, sagt der Grünen-Abgeordnete Gerhard Schick. Allerdings mache es auch wenig Sinn, darauf zu warten, dass der Aktienkurs das Einstiegsniveau erreiche, das in weiter Ferne liege.

Nach Angaben aus informierten Kreisen haben die Koalitionspartner von Union und SPD weder in den Koalitionsverhandlungen noch im Koalitionsvertrag einen Verkauf der Bundesanteile anvisiert. Kurzfristig sei mit einem Verkauf der Anteile nicht zu rechnen, da die Umstände dafür nicht gegeben seien, heisst es in Regierungskreisen. Dennoch bleibt die Tür für Investoren im Finanzministerium weiterhin offen. In der Branche werden mehrere Szenarien durchgespielt.

Kein Verkauf

Die Haushaltslage des Bundes ist angesichts des anhaltenden Wachstums so stabil, dass die Bundesregierung wenig Grund hat, ihre Commerzbank-Anteile zu verkaufen. Hohe Steuereinnahmen und niedrige Arbeitslosenkosten haben dem Bundesfinanzminister in den vergangenen drei Jahren einen Haushaltsüberschuss beschert, sodass Deutschlands Kassenwart nicht auf der Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen ist.

Eine Verkauf ohne Not wäre für SPD-Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz schwierig, weil er dem Steuerzahler damit hohe Verluste präsentieren müsste. Die Anteilsscheine notieren bei rund 11 Euro, gut der Hälfte des Preises, zu dem der Bund die Beteiligung ursprünglich eingekauft hat. Gespräche mit interessierten Parteien starteten in der Vergangenheit beim Einstandspreis von rund 25 Euro pro Aktie - und sind dann nicht weiter fortgeschritten, heisst es in informierten Kreisen.

Angesichts der guten Haushaltslage kann der Bund somit geduldig abwarten, bis ein Zinsanstieg in Europa die Ertragslage der Bank und damit auch den Kurswert, verbessert. Die Bundesregierung stehe nicht unter Zeitdruck, heisst es in Regierungskreisen.

Und was wäre wenn...

Sollte ein interessierter Käufer beim Finanzministerium anklopfen und eine Prämie mit Blick auf künftige Kursgewinne anbieten, könnte ein Verkauf auch für den Bund interessant werden, erwarten Branchenkreise. Mögliche Kandidaten sind die französische BNP Paribas, die italienische Unicredit und Banco Santander aus Spanien, von denen einige in der Vergangenheit bereits bei der Bundesregierung vorgefühlt haben, aber dem Bund keine akzeptablen Kondition anbieten konnten, heisst es. In der Branche geht man davon aus, dass ein Verkauf ab 17 oder 18 Euro je Aktie für die Bundesregierung interessant werden könnte.

Ein europäisches Projekt?

Bei Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Merkel würde eine deutsch-französische Bankenfusion grundsätzlich auf offene Ohren stossen. Deutschland und Frankreich wollen in den kommenden Jahren ihre Zusammenarbeit stärken und dem europäischen Binnenmarkt neue Impulse geben.

Und so hatte Macrons Sprecher Christophe Castaner im vergangenen Jahr positiv auf Spekulationen eines möglichen Zusammenschlusses von BNP Paribas und Commerzbank reagiert. Letztendlich liege die Entscheidung, ob ein solches Projekt Sinn mache, bei den Unternehmen, erklärten die beiden Regierungen.

Eine deutsche Grossbank?

Ein anderer möglicher Investor ist die Deutsche Bank. Die beiden deutschen Bankhäuser haben vor rund zwei Jahren nach Angaben aus informierten Kreisen Gespräche über einen möglichen Zusammenschluss geführt. Während diese Überlegungen erstmal auf Eis gelegt wurden, hat Investor Cerberus Capital Management den Fusionsspekulationen neue Nahrung gegeben mit der Übernahme von Anteilen bei der Commerzbank wie auch der Deutschen Bank.

Cerberus hegt nach Angaben aus informierten Kreisen derzeit jedoch keine Fusionspläne. Für die Zukunft hat weder Cerberus, noch Deutsche-Bank-Vorstandschef John Cryan oder Commerzbank-Chef Martin Zielke dies ausgeschlossen. ABN-Amro-Analyst Tom Kinmonth schreibt in einer Kundenmitteilung, dass eine nationaler Zusammenschluss besser geeignet sei, zügig Kosten zu senken und Synergien zu heben, als ein grenzüberschreitender Zusammenschluss.

(Bloomberg)