Der Juni brachte dem DAX den stärksten monatlichen Aufschlag seit 16 Jahren, so dass Anleger im ersten Halbjahr in Summe stattliche Gewinne einfahren konnten. Zuvor hatte der Bluechips-Index in jedem Juni der letzten sechs Jahre Verluste eingefahren, getreu der Börsenweisheit "Sell in May and Go Away".

Das dürfte - dank lockerer Geldpolitik- auch an mangelnden Alternativen liegen: Immerhin fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen mit -0,331% letzte Woche auf ein neues Allzeittief, der Bund-Future dagegen erreichte neue Höchststände jenseits von 172. Damit sind deutsche Anleihen in guter - und vor allem zahlreicher - Gesellschaft: der Gesamtwert ausstehender Anleihen, die weltweit negativ rentieren, stieg kürzlich auf kaum vorstellbare 13 Billionen Dollar.

So sehen Fondsmanager die künftige Entwicklung

Wer sein Anlageglück in die Hände von Fondsmanagern gelegt hatte, konnte mit aktiv gemanagten deutschen Aktienportfolios noch mehr einfahren.

Roger Peeters sagt, er gehe mit unveränderter Branchengewichtung ins zweite Halbjahr: viel Software und IT, wenig Automobil und keine Banken. "Das grösste Potenzial des Marktes ist das unverändert hohe Misstrauen in den bestehenden Aufwärtstrend", so Peeters.

Henning Gebhardt gab jüngst zu, das ihn der Abverkauf der Märkte Ende 2018 "kalt erwischt" habe und die Gemengelage aus Handelskriegen, Trumps "teilweise erratischer" Politik und der mittlerweile gewaltige Einfluss der Zentralbanken die Märkte auf eine Art nervös mache und beeinflusse, wie er das noch nie erlebt habe. Berenberg hält daher eine volatile Seitwärtsbewegung an den Aktienmärkten über den Sommer für wahrscheinlich und rät zur Vorsicht.

Hansjörg Pack von der DWS sieht für das zweite Halbjahr in zyklischen Sektoren nur dann Chancen, wenn es zu einer Beilegung des Handelsstreits kommen sollte. "Die expansive Geldpolitik der Notenbanken sorgt aber mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich Weltwirtschaft und Aktienmärkte relativ stabil entwickeln", so Pack. Der DWS Aktien Strategie Deutschland setze weiterhin auf weniger konjunktursensitive Wachstumswerte.

Überdurchschnittlich performene Einzeltitel

Noch mehr Rendite gab es mit Einzeltiteln - vorausgesetzt man bewies ein Händchen bei der Auswahl. Im DAX glänzte Adidas, dank ungebrochenem Trend zu Fitness und legerer Kleidung, starkem Onlinegeschäft und einem Aktienrückkaufprogramm. SAP markiert ein Allzeithoch nach dem anderen: Das Unternehmen hat nach dem Einstieg von Aktivist Elliott (der inzwischen auch bei Bayer an Bord ist) seinen Gewinnausblick angehoben. Mit fast 150 Milliarden Euro ist der Börsenwert von SAP mittlerweile um knapp die Hälfte höher als der des nächstgrössten Verfolgers im DAX, der Linde.

Mit Lufthansa fuhr man dagegen nach der Gewinnwarnung Mitte Juni herbe Verluste ein - und der Kranich hatte bereits bei der Vorlage der Zahlen zum 1. Quartal herb enttäuscht. Jetzt kommt es laut Analysten darauf an, die Tochter Eurowings wie geplant profitabel zu machen - aber das wird dauern. Bei Thyssenkrupp ist weiter unklar, wie es nach der gescheiterten Stahlfusion mit Tata weitergeht. Bei Infineon drückte die Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Cypress-Übernahme, der nach wie vor schwache DRAM-Zyklus und das politische Gezerre um Huawei den Kurs.

In der zweiten Reihe gab es noch mehr zu holen - oder zu verlieren. Im MDAX glänzte Zalando mit mehr als 70% Kursplus, nach einem überraschenden Gewinn im 1. Quartal und der Vision, so gross werden zu wollen wie H&M heute ist. Allerdings ist damit das Minus aus 2018 noch nicht wieder komplett aufgeholt. Und wer Sartorius-Vorzüge nicht erst seit sechs Monaten, sondern die vergangenen zehn Jahre hielt, hat sagenhafte 10'000% Gewinn gemacht - eine Verhundertfachung des Investments.

Schwächelnde Telekomwerte

Telekomwerte verbuchten ein besonders schwaches erstes Halbjahr. Mit dem Ende der G5-Auktion in Deutschland gab es zwar eine kurze Erholungsrally, doch fragen sich Anleger, wie die Ausgaben durch die Versteigerungen wieder reingeholt werden sollen. Die Diskussion um Mietdeckelungen in Berlin belastete die Deutsche Wohnen.

Die heftigsten Bewegungen gab es im SDAX. Dort konnten Anleger mit Varta ihr Geld in sechs Monaten glatt verdoppeln - die Mikrobatterien des Unternehmens sind so gefragt, dass selbst die jüngste Kapitalerhöhung zur Wachstumsfinanzierung mit Aufschlägen goutiert wurde. Vielleicht gibts demnächst sogar Finanzhilfe vom Staat. Mit Leoni hat man dagegen mehr als die Hälfte verloren - nach zwei weiteren Gewinnwarnungen in 2019.

Der IPO-Markt hat im Juni endlich seinen Eisbrecher erlebt: Mit Traton SE, dem Volkswagen-Nutzfahrzeuggeschäft, gab es am letzten Handelstag des Monats den grössten Börsengang in Deutschland seit Knorr-Bremse vergangenen Oktober. Der Empfang war allerdings eher lauwarm: Ausgabe war zu 27 Euro und auf Xetra ging die Aktie schliesslich mit 26,45 Euro aus dem Handel. Zuvor hatte es seit Jahresbeginn hierzulande kein einziges IPO eines deutschen Unternehmens gegeben. In 2018 hatten 14 Firmen ein Listing gewagt.

(Bloomberg)