Die bisherige Sorglosigkeit der Anleger finde nun ein Ende, sagt Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Die in Südafrika entdeckte Mutation des Erregers Covid-19 mit dem Namen könnte Experten zufolge ansteckender sein als der aktuell grassierende Typ Delta und resistenter gegen die bisherigen Impfstoffe.

"Beendet die neue Virus-Variante die Weihnachtsrally oder eröffnet sie Anlegern, die auf ihre Chance warten, eine günstige Einstiegsgelegenheit", fragte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Bislang gebe es keine klaren Hinweise, dass sich die Konjunkturaussichten verschlechterten. Ausserdem würden die Notenbank beim ersten Anzeichen ernsthafter Probleme die geldpolitischen Zügel sicher wieder lockern oder zumindest nicht weiter anziehen.

In der abgelaufenen Woche büsste der Swiss Market Index (SMI) 2,8 Prozent ein, alleine 2 Prozent am Freitag. Der deutsche Dax gab seit Monatg gar 5,6 Prozent nach, der Euro Stoxx 50 über 6 Prozent. Der Dow Jones in den USA verlor 2 Prozent, der Nasdaq 100 3,3 Prozent. Seit Jahresbeginn hat der SMI 14 Prozent dazugelegt.

Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen sieht den grundsätzlichen Aufwärtstrend der Aktienmärkte nicht gefährdet. "Der Aufschwung wird sicherlich nicht so geradlinig und dynamisch verlaufen, wie das im bisherigen Jahresverlauf der Fall war." An Aktien führe aber weiterhin kein Weg vorbei, weil die Realzinsen - Nominalzins minus Inflationsrate - unverändert negativ seien.

Spekulationen um neue Lockdowns

In den Stimmungsindikatoren der neuen Woche ist die Furcht vor der neuen Corona-Mutante zwar noch nicht berücksichtigt. Die Delta-Variante schürt allerdings seit längerem Spekulationen um neue Lockdowns. Unter diesem Gesichtspunkt werden Börsianer die anstehenden Zahlen unter die Lupe nehmen.

Den Anfang machen am Montag die Barometer für das europäische Geschäftsklima und das Verbrauchervertrauen. Bei Ersterem erwarten Analysten für November eine Verschlechterung auf 117,5 Punkte. Letzteres bleibe voraussichtlich bei minus 6,8 Zählern stabil.

Am Dienstag folgen die europäischen Inflationsdaten. Commerzbank-Analyst Christoph Weil erwartet eine Teuerungsrate von 4,5 Prozent im Jahresvergleich. Das sei der höchste Wert seit Beginn der Währungsunion.

Das Highlight der Börsenwoche kommt am Freitag mit dem US-Arbeitsmarktbericht. Von ihm versprechen sich Anleger Rückschlüsse auf das Tempo der geplanten Drosselung der Wertpapierkäufe durch die Notenbank Fed und den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung. Experten rechnen für November mit einer Beschleunigung des Jobaufbaus und 563'000 neuen Jobs ausserhalb der Landwirtschaft.

Ölpreise unter Druck

"Entsprechend sollte die Arbeitslosenquote weiter sinken, und zwar von 4,6 auf 4,5 Prozent, prognostiziert Commerzbank-Experte Weil. "Sie wäre damit nur noch einen Prozentpunkt höher als vor der Pandemie. Damit steige der Druck auf die Fed, die geldpolitischen Zügel anzuziehen. "Wir erwarten inzwischen, dass die Zinsen bereits Mitte 2022 angehoben werden."

Unabhängig davon fiebern Börsianer dem Treffen der "Opec+" am Donnerstag entgegen. Dort will das Exportkartell mit seinen Verbündeten über die weitere Förderpolitik beraten. Er rechne bislang damit, dass die Staaten an ihrer bisherigen Politik einer Anhebung der Produktionsmenge um 400'000 Barrel pro Tag festhalten wird, sagte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. "Es sei denn, die Marktlage verschlechtert sich in der nächsten Woche wirklich und die Ölpreise brechen noch stärker ein."

(Reuters)