Eine der meistverwendeten Abkürzungen im Börsenberichts-Vokabular der vergangen Wochen ist ziemlich sicher "Fed". Das Federal Reserve System, wie die Organisation der amerikanischen Notenbank in voller Bezeichnung heisst, bestimmt die Aktienmärkte zwar immer. Aber im Januar 2022 besonders. Und dies auf umwälzende Art und Weise. 

Die Ankündigung einer entschiedener vorangetriebenen Zinserhöhungs-Phase am 5. Januar, nicht wirklich abgemildert durch Notenbank-Chef Jerome Powell in einem zweiten Statement am Mittwoch, hat die Aktienkurse vielerorts sinken lassen. Bei den Standardwerten im Swiss Market Index (SMI) hat sich dies auf eine bisherige Jahresperformance von -6,5 Prozent übersetzt. Dies ist der grösste Kursverlust seit der Finanzkrise. 2016 erwischte der SMI mit -6,2 Prozent den zuletzt schlechtesten Start. 

Rund ein Drittel der SMI-Aktien hat 15 Prozent oder mehr verloren. Ein Drittel liegt etwas weniger, aber oft immer noch deutlich im Minus. Ein Drittel wiederum hat den Kurs seit Anfang Januar gesteigert. 

SMI-Aktien seit Anfang Jahr (Grafiken: Bloomberg).

Wer 2021 beim Börsenwert stark zugelegt hat, ist nun oft massiv verkauft worden. Lonza (-20,6 Prozent), Partners Group (-20,1 Prozent) oder Sika (-19,6 Prozent) gehörten zu den besten Schweizer Blue-Chip-Aktien in den vergangenen Jahren. Wenn nun die Zinsen steigen - zuerst in den USA, aber vielleicht schneller als gedacht auch in Europa und der Schweiz - lässt dies die künftigen Gewinne von Unternehmen, um die besonders hohe Wachstumserwartungen bestehen, schlechter aussehen. 

Das Leiden von Logitech

Logitech (-2,1 Prozent) allerdings ist der Titel, der die momentane Krise in mehreren Facetten spiegelt. Das Schweizer Parade-Techunternehmen leidet am Tech-Ausverkauf wie in den USA die Nasdaq-Unternehmen. Also massiv. Vor der Zahlenpräsentation zum dritten Quartal am 25. Januar hatte die Year-to-Date-Performance um 14 Prozent im Minus gelegen. Gute Zahlen und eine zuversichtliche Prognose lassen die Januar-Entwicklung des Kurses nun wie ein "V" aussehen.

Gute Gewinne, aber ein schlechtes Umfeld für Wachstumsaktien: Das Dilemma um Logitech und andere erfolgreiche Tech-Unternehmen könnte nicht grösser sein. Ein Umfeld, in dem man nun rasch bei solchen Aktien einsteigt, ist dies nicht. 

Banken und Versicherungen profitieren

Ganz anders bei Banken und Versicherungen. Sie gehören zu den Gewinnerinnen des Börsen-Januars. Nun sind hohe Zinsen für Zurich (+10,8 Prozent), Swiss Re (+12,6 Prozent) oder Swiss Life (+6,3 Prozent) nicht unbedingt nur von Vorteil: Solche lassen gleichzeitig den Wert ihrer Bond-Portfolios sinken. Aber derzeit sieht es für die Assekuranz nicht schlecht aus. Zudem darf man sich in drei bis vier Monaten auf satte Dividenden freuen. Selbst in der ablaufenden Woche, in der besonders starke Marktverwerfungen aufgetreten sind, haben sich die drei SMI-Versicherer im Plus gehalten. 

Bei den grossen Banken läuft es für die UBS (+5,2 Prozent) gut. Interessant ist die soeben angekündigte 1,4-Milliarden-Franken-Übernahme des US-Robo-Advisors Wealthfront. Damit bekommt die viel beschworene Digitalisierungs-Offensive der Bank unter ihrem CEO Ralph Hamers Konturen. Die UBS als "Zukunftsbank" zu bezeichnen, wäre trotzdem noch recht verwegen. Aber es bewegt sich etwas.

 

 

Die Credit Suisse (-1,1 Prozent) wiederum ist sicherlich auch Nutzniesserin höherer Zinsen. Mit dem Rücktritt von Präsident Antonio Horta-Osorio nach Coronaregel-Verfehlungen muss die Bank aber eine weitere Krise bewältigen. Dies ist weiterhin nicht gut für das Anlegervertrauen.

Für konjunktursensitive Titel wie Holcim (+6,5 Prozent), Tornos oder Stadler Rail (je +10,6 Prozent) lief es ebenfalls gut, was eine gewisse Hinwendung der Märkte zu Zyklikern zeigt. Würde man einer Aktie einen Tapferkeitsorden verleihen können, ginge dieser an das Swisscom-Papier (+1,8 Prozent). Der Telekom-Titel und Dividendenliebling hat sich in den Januar-Stürmen gut gehalten und seine defensiven Qualitäten bewiesen. 

Es herrscht Vorsicht

Am breiten Markt hat die heftige Verkaufswelle der vergangenen dreieinhalb Wochen mit am stärksten Titel wie Bachem (-27,7 Prozent), Straumann (-25,6 Prozent), Swissquote (-24,8 Prozent) und VAT (-22,3 Prozent) erwischt. Auch hier, absolute Überflieger und Börsenlieblinge der vergangenen Jahre. Bei der Frage, ob man sich bei solchen Titeln schon wieder positionieren kann, muss man eine sehr starke Überzeugung zur Marktentwicklung haben.  

Im Moment herrscht ausserhalb sehr risikofreudiger Kreise Vorsicht. "Historisch zeigt sich zwar, dass eine weniger expansive Geldpolitik für Anleihen mittelfristig nachteiliger ist als für Aktien, solange die Weltwirtschaft ein gutes Wachstum zeigt", schreibt Gérard Piasko, Anlagechef der Bank Maerki Baumann, in einem Anlagekommentar. 

Kurzfristig nehme, und so stellen dies derzeit auch viele andere Marktkenner fest, die Unsicherheit für höher bewertete Aktienmärkte aber zu. Und dazu gehört jener Teil des Schweizer Marktes, der jetzt besonders abgestraft worden ist. Piasko hat Aktien in seiner Anlagestrategie auf neutral gesetzt.

Die Euphoriker daneben sind nicht unbedingt stiller geworden. Für eine Aktie wie VAT sind diese Woche zwar bereits wieder sehr optimistische Kursziele herumgereicht worden (cash berichtete). Doch so gut die Aussichten für einen Zulieferer der weltweit erfolgreichen Chip-Branche auch aussehen - wenn das Marktumfeld so schlecht ist wie jetzt, bedingt durch die Geldpolitik in den USA, müssen Anlegerinnen und Anleger durchaus mit fallenden Kursen rechnen. Dies, zumal die Corona-Krise zwar viel von ihrem Schrecken verloren hat, aber noch nicht vorbei ist. 

Absolute Siegerin bleibt eine Biotech-Aktie

Corona ist allerdings auch das Stichwort, dass den Januar-Kursanstieg der besten Schweizer Aktien überhaupt erklärt. Molecular Partners (+43,9 Prozent) hat den Kurs um fast die Hälfte gesteigert, nachdem zum Corona-Therapeutikum Ensovibep positive Forschungsdaten vermeldet wurden. Zum Jahrestief 2021 Mitte November hat sich der Kurs gar mehr als verdreifacht. Novartis will das Corona-Medikament, auf dem viele Hoffnungen liegen, einlizenzieren. Ein kommerzieller Erfolg ist allerdings noch nicht sicher. 

Molecular Partners liefert aber vor dem Hintergrund langjähriger Kurs-Rückblicke von cash.ch so etwas wie eine "Ehrenrettung" für Biotech-Titel: Diese volatilen Aktien sind meist jene, die mit hohen Kursveränderungen an der Spitze oder am Ende der Tabelle stehen. Der Januar 2021 hat allerdings hoch bewertete Wachstumstitel zu den Schlusslichtern werden lassen, was sonst selten der Fall gewesen ist. Dies ist durchaus ein frühes Indiz für eine Zeitenwende an der Börse. 

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