"Zum ersten Mal seit über 20 Jahren beginnt Europas Wirtschaftsmotor auf höchster Stufe zu laufen", schrieb die Deutsche Asset Management vergangene Woche in einem Kommentar. Sie spricht damit das starke Wirtschaftswachstum in Deutschland an, welches mit einer sehr guten Stimmung innerhalb der Unternehmen einhergeht. Das treibt die ganze Eurozone an.

Und geht es der Wirtschaft gut, dann freut dies auch die Börsen: Der Deutsche Leitindex hat seit Jahresbeginn 14 Prozent dazugewonnen, der Euro Stoxx 50 immerhin 9 Prozent. Noch deutlichere Kurssprünge gibt es natürlich auf Einzeltitel-Ebene. cash hat sechs besonders auffällige Überflieger-Aktien aus Europa herausgepickt:

Lufthansa (Performance 2017: plus 136 Prozent)

Der Kursanstieg der Lufthansa-Aktie ist beeindruckend, denn das Airline-Geschäft ist angesichts von gnadenlosem Wettbewerb, schwankender Ölpreise und regulatorischen Drucks stets schwierig. Die Swiss-Muttergesellschaft Lufthansa hat 2017 entscheidend von der Pleite von Konkurrent Air Berlin profitiert und wird dadurch Marktanteile gewinnen. Dies bedeutet auch mehr Gewicht, um Preise zu diktieren. Dazu kommen mehr Buchungen und eine lukrative Langstrecke bei dem deutschen "Flag Carrier". Nur: Das ist fast alles schon Aktienpreis drin. Der Höhenflug der Lufthansa-Aktie kann schnell ein Ende nehmen.

Kering (Performance 2017: plus 86 Prozent)

Der Pariser Luxusgüterkonzern hat Auftrieb. Seine Marken, von denen die berühmteste Gucci ist, aber auch die Schweizer Ultraluxus-Uhrenmarken Girard-Perregaux und Ulysse Nardin gehören, profitieren von einem anhaltend guten Geschäft mit Edelprodukten. Durch die Diversifizierung – Schmuck, Mode, Uhren, Reisegepäck, Parfümerie, aber auch Sportmarken wie Puma , ist Kering breit, gut und weltweit aufgestellt. Zudem steht das Weihnachtsgeschäft an. Weiteres Potenzial bei der Aktie liegt drin.

Fiat-Chrysler (Performance 2017: plus 76 Prozent)

Die ausgezeichnete Aktien-Performance des italienisch-amerikanischen Autobauers Fiat-Chrysler hat zwei konkrete Gründe: Erstens machen seit Mitte August Gerüchte die Runde, dass verschiedene chinesische Autohersteller an einem Kauf interessiert sein sollen. Zweitens gab es im dritten Quartal einen überraschenden Gewinnsprung.

Kursentwicklung der Fiat-Chrysler-Aktie seit Jahresbeginn, Quelle: cash.ch

Beides ist wiederum ein Resultat des strikten Umstrukturierungsprogrammes von CEO Sergio Marchionne, der die Kosten stark drückt und damit das Unternehmen wieder profitabel sowie interessant für Übernahmen macht. Die Verschuldung ist mit rund 5,5 Milliarden Euro noch immer relativ hoch, soll aber gemäss dem CEO-Fahrplan bis Ende 2018 abgebaut werden. Bei Gelingen des Turnarounds hat die Aktie noch Luft nach oben.

Bang & Olufsen (Performance 2017: plus 74 Prozent)

Der Titel des dänischen Herstellers für Hochpreis-Unterhaltungselektronik gibt ein von Anlegern lange ersehntes Lebenszeichen. Von Ende 2008 bis Mitte 2016 tendierte die Aktie seitwärts, denn jahrelang zeigte sich Bang & Olufsen wenig innovationsfreudig. Ausserdem stagnierten die Verkäufe der TV-Geräte wegen der Asien-Konkurrenz.

Kursperformance der Aktie von Bang & Olufsen in den letzten 10 Jahren, Quelle: cash.ch

Seit dem Sommer aber werden die Fernseher nicht mehr selber, sondern vom südkoreanischen Hersteller LG Electronics produziert – das ist massiv günstiger. Ausserdem denkt der chinesische Milliardär Qi Jianhong – seit 2016 hält er 13 Prozent der Aktien - offenbar stark an eine Übernahme. Geschäftszahlen und Übernahmephantasien könnten den Kurs noch weiter ansteigen lassen.

Raiffeisen International (Performance 2017: plus 72 Prozent)

Die zweitgrösste Bank in Österreich profitiert vom Aufschwung in Osteuropa. Dort ist Raiffeisen Bank International (RBI) in den meisten Ländern durch Tochtergesellschaften und Beteiligungen vor Ort. Nach mehreren schwierigen Jahren will die Bank auch wider eine Dividende zahlen.

Gut auch für Raiffeisen: Der Aufschwung in Osteuropa findet besonders deutlich in der Finanzbranche statt. Aber auch die Wirtschaft in Österreich selbst kommt gut voran. Von einer neuen Regierung unter dem möglichen Bundeskanzler Sebastian Kurz wird ein wirtschaftsfreundlicher Kurs erwartet. Die RBI hat nach einigen schwierigen Jahren heute starke Gewinnaussichten, und auch der Aktienkurs dürfte noch Potenzial haben. 

Man Group (Performance 2017: plus 66 Prozent)

Die Aktie der Man Group - eine britische Anbieterin von Hedgefonds für private und institutionelle Anleger - notiert aktuell auf dem höchsten Stand seit April 2015. Mit einem - inzwischen stark redimensionierten - Sitz in Pfäffikon SZ hat die Firma auch einen Schweiz-Bezug. 2017 ist der Neugeldzufluss auffallend hoch, die Anleger haben wieder Gefallen an alternativen Investmentprodukten gefunden. Auch das Thema Kryptowährungen wird ernst genommen: Mitte November kündigte CEO Luke Ellis an, künftig Krypto-Derivate anzubieten. Die Aktie kann womöglich weiter von Europas Konjunkturerholung profitieren.