Die Chancen für eine Jahresendrally an den Aktienmärkten stehen Experten zufolge gut. Die lockere Geldpolitik der Notenbanken und die staatlichen Hilfsprogramme zur Abfederung der Pandemie-Folgen gepaart mit den Erfolgen bei der Entwicklung eines Coronavirus-Impfstoffs seien ein sehr aussichtsreicher Cocktail für weitere Zugewinne, prognostiziert Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. Hinzu komme das ruhigere politische Fahrwasser nach den US-Wahlen. "Die Perspektive einer geregelten Amtsübergabe an Präsident-elect Biden sowie die Vorstellung erster Kabinettsmitglieder haben die Fantasie der Börsianer beflügelt", sagt Helaba-Strategin Claudia Windt.

Die Stimmung unter den Privatanlegern sei inzwischen so gut wie seit fast zwei Jahren nicht, sagt Anlage-Experte Joachim Goldberg von der Beratungsfirma Goldberg und Goldberg. Von Euphorie könne aber keine Rede sein. Gleichzeitig hätten sich Investoren damit abgefunden, dass grössere Kurs-Rücksetzer für eventuelle Nachkäufe zurzeit nicht ohne weiteres zu haben seien.

In den vergangenen Tagen gewann der Dax insgesamt rund anderthalb Prozent und stand am Freitag mit einem Stand von 13'300 Punkten vor dem vierten Wochengewinn in Folge. Das ist die längste Serie seit einem Jahr. Ausserdem steuerte er mit einem Plus von bislang rund 15 Prozent auf den besten November seiner Geschichte zu. Dem US-Standardwerteindex Dow Jones, der in der alten Woche erstmals die Marke von 30'000 Punkten übersprungen hatte, winkte mit einem Anstieg von knapp 13 Prozent der grösste Monatsgewinn seit 1987. An der Wall Street kam der Helaba zufolge besonders gut an, dass die ehemalige Notenbankchefin Janet Yellen erste Finanzministerin der USA werden soll.

Der Schweizer Leitindex gewann in den vergangenen Tagen mit plus 0,03 Prozent nur minim hinzu. Damit zeigt der SMI eine Underperformance gegenüber den europäischen Pendants, was wegen seiner defensiven Ausrichtung nicht verwunderlich ist.

US-Arbeitsmarktdaten mit Spannung erwartet

Bei den Konjunkturdaten steht das Highlight am Freitag auf dem Terminplan: die US-Beschäftigtenzahlen. Experten erwarten eine Verlangsamung des Stellenaufbaus. "Angesichts der allerorten in den USA steigenden Coronavirus-Infektionen und der geringen Aussicht auf rasche neue Konjunkturhilfen stehen wir vor einer schwierigen Zeit", warnte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Einen Vorgeschmack auf die offiziellen Daten liefern am Mittwoch die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP.

Diesseits des Atlantik werden im Verlauf der neuen Woche die Barometer für die Stimmung der deutschen und europäischen Einkaufsmanager veröffentlicht.

Unabhängig davon steht US-Notenbankchef Jerome Powell am Dienstag dem US-Kongress Rede und Antwort. Börsianer versprechen sich von dieser halbjährlich stattfindenden Anhörung Hinweise auf die Geldpolitik der Fed.

Bei deutschen Nebenwerten könnte es bei der Indexentscheidung der Deutschen Börse am Donnerstag zu einem Stühlerücken kommen. Indexstrategen zufolge dürfte Siemens Energy in den MDax einziehen und den kleinsten Wert in dem Auswahlindex verdrängen. Das wäre nach Berechnungen der Commerzbank voraussichtlich Grenke, aber auch die Aareal Bank könne es noch erwischen. Zudem dürften im SDax einige Wechsel anstehen. Wirksam werden würden mögliche Änderungen zum 18. Dezember.

Dünne Nachrichtenlage in der Schweiz

Am Dienstag wird das Bundesamt für Statistik die Detailhandelsumsätze für den Oktober bekanntgeben. Am Mittwoch präsentiert der Backwarenkonzern Aryzta den Umsatz für das vergangene Quartal, der Personalvermittler Adecco hält seinen Capital Markets Day ab und das Seco stellt die BIP-Quartalsschätzung für das dritte Quartal vor. Am Donnerstag folgt der Vakuumventilhersteller VAT mit seinem Capital Markets Day und die Bank Julius Bär gibt einen Ausblick auf die Finanzmärkte im Jahr 2021. Am Freitag hält der IT-Dienstleister Also seinen Investorentag ab und die ZKB gibt ihren Ausblick auf das 2021 ab.

(cash/Reuters)