Die Börse bestraft europäische Unternehmen, die in diesem Quartal hinter den Gewinnschätzungen zurückbleiben, so hart wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das zeigen Untersuchungen von Goldman Sachs.
Mitglieder des Stoxx Europe 600 Index, die niedrigere Gewinne oder Gewinnwarnungen als erwartet veröffentlichen, liegen den Goldman-Daten zufolge im Durchschnitt 2,3 Prozentpunkte hinter der Benchmark. Das ist die schlimmste Reaktion in der Analyse der Bank seit 2005.
Die Toleranz gegenüber schwachen Ergebnissen ist minimal: Zu Beginn des Berichtszeitraums haben Analysten ihre Schätzungen drastisch gesenkt, um den Störungen und der Verwirrung durch die US-Zölle Rechnung zu tragen. Dennoch war die Saison voller Warnungen aus verschiedenen Sektoren, darunter Pharmaunternehmen, Automobilfirmen und Konsumgüteraktien.
Der französische Autokonzern Renault brach um 18 Prozent ein, nachdem er seine Prognose für die operative Marge für 2025 gesenkt hatte, während der deutsche Sportartikelhersteller Puma um 16 Prozent einknickte. Dies, nachdem einige Analysten warnten, das Unternehmen stehe vor einer «existenziellen Identitätskrise».
Die bekannteste Warnung kam vom dänischen Pharmakonzern Novo Nordisk, dessen überraschende Senkung der Prognose kurzzeitig einen Verlust von über 90 Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung bedeutete. «Der Wachstumsoptimismus in Europa wurde vom Markt bereits etwas eingepreist», schrieben Goldman-Strategen wie Peter Oppenheimer und Sharon Bell in einer Notiz. «Das könnte auf eine höhere Anfälligkeit gegenüber Abwärtsrisiken und Enttäuschungen hindeuten.»
Die Berichtssaison fällt eigentlich besser aus als erwartet
Betrachtet man die Marktreaktion, würde man nicht vermuten, dass die Berichtssaison besser ausfällt als befürchtet. Nachdem über 80 Prozent der MSCI Europe-Unternehmen ihre Ergebnisse vorgelegt haben, ist das Wachstum des Gewinns pro Aktie für das Quartal unverändert geblieben verglichen mit den Erwartungen der Analysten, die von einem Rückgang um 4,8 Prozent ausgegangen waren, wie von Bloomberg Intelligence zusammengestellte Daten zeigen.
Der Stoxx 600 tut sich jedoch schwer, seinen Rekord vom März zu erreichen. Nachdem er den S&P 500 im ersten Quartal weit hinter sich gelassen hatte, begann der europäische Leitindex in den letzten drei Monaten erneut zu schwächeln, da Wetten auf eine robuste Konjunktur die Anleger zurück zu US-Aktien lockten.
Die Sorge über die Auswirkungen der US-Zölle auf das Wirtschaftswachstum trübt die Stimmung der Anleger in Europa. Präsident Donald Trump kündigte letzte Woche eine Reihe von Abgaben für Länder wie die Schweiz an und löste damit den stärksten Tagesverlust des Stoxx 600 seit April aus.
(Bloomberg)