Die Novartis-Aktionäre haben an der ausserordentlichen Hauptversammlung Mitte September dem Spin-off der Generika-Tochter Sandoz zugestimmt. Damit wird Sandoz diesen Mittwoch, den 4. Oktober 2023, an die Börse kommen. cash.ch hat die Antworten auf die 17 wichtigsten Fragen zusammengetragen.

1. War Sandoz schon einmal an der Börse kotiert?

Der 1886 gegründete Chemie- und Pharmakonzern Sandoz war bis zum Zusammenschluss mit Ciba-Geigy zu Novartis eigenständig an der Schweizer Börse kotiert. Die 1996 erfolgte «Elefantenhochzeit» war eines der grossen Ereignisse in der Geschichte der Schweizer Industrie. 2003 vereinigte Novartis unter der Marke Sandoz dann seine Generikaunternehmungen.

2. Was ist das Geschäftsgebiet von Sandoz?

Sandoz ist ein weltweit führender Anbieter patentfreier Arzneimittel, zu denen sowohl Generika (chemisch synthetisiert) als auch Biosimilars (hergestellt in lebenden Zellen) gehören. Mit einem Jahresumsatz von 9,1 Milliarden Dollar sind die Basler im Ranking der Generikahersteller auf einer Top-Position. Je nach Zählweise folgen die israelische Teva Pharmaceuticals, die indische Sun Pharmaceuticals sowie die US-amerikanische Viatri.

3. Warum trennt sich Novartis von Sandoz?

Mit der Trennung von Sandoz vollzieht Novartis den Wandel in einen reinen, fokussierten Pharmakonzern. Und vor allem passt das Geschäft mit den preisgünstigen Generika nicht zu den ambitionierten Margenzielen, die Novartis-CEO Vas Narasimhan dem Konzern gegeben hat. 

4. An welchen Börsen werden die neuen Sandoz-Aktien gehandelt?

Die Generikasparte soll sowohl an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange als auch über ein sogenanntes ADR-Programm (American Depositary Receipts) an der Börse OTCQX kotiert werden. Die neuen Sandoz-Namenaktien - insgesamt 431 Millionen Stück - werden unter dem Tickersymbol SDZ gehandelt.

5. Sind die neuen Sandoz-Aktien im Swiss Market Index (SMI) gelistet?

Nein. Im Gegensatz zu der Augensparte Alcon, die Novartis 2019 abgespalten hat, wird die Generika-Tochter nicht im SMI enthalten sein. Die Aktie wird nur Teil der Indizes SLI - anstelle von Adecco - , SMIM und SPI sein. Dies gilt allerdings erst ab dem Tag nach der Abspaltung. Am Spin-Off-Tag selbst wird Sandoz im SMI aufgeführt werden.

6. Welche Optionen haben bestehende Novartis-Aktionäre?

Wenn am Mittwoch erstmals die Aktien von Sandoz an der Schweizer Börse gehandelt werden, haben Novartis-Aktionäre zuvor für fünf Aktien je einen Sandoz-Anteil erhalten. Die Abspaltung von Sandoz von Novartis wird durch eine Ausschüttung einer Sachdividende durch Novartis vollzogen. Wem dies nicht passt, kann die Sandoz-Aktien danach verkaufen. Das gleiche gilt auch für Besitzer von ADR-Beteiligungen an Novartis. Wer zusätzlich eine Zahl von Novartis-Wertpapieren hält, die nicht durch fünf teilbar ist, bekommt einen Geldbetrag statt eines Aktien-Bruchteils.

7. Zu welchem Kurs wird die Sandoz-Aktie starten?

Die aktuellen Analystenschätzungen gehen davon aus, dass der Titel zwischen 26 und 33 Franken pro Aktie starten wird, was einem Abschlag bei der Novartis-Aktie von 5 bis 7 Prozent entspricht.

8. Drohen am ersten Handelstag Kursverluste?

Davon kann man ausgehen: Novartis-Aktionären werden Sandoz-Titel automatisch zugeteilt, niemand wird danach gefragt. Nicht jeder wird daran Interesse haben, Sandoz-Aktien im Portfolio zu halten. Und sämtliche Fonds, die nur den SMI abbilden, werden die Titel - egal zu welchem Kurs - verkaufen müssen. Auch viele institutionelle Investoren dürften wohl die Aktie abstossen, da Sandoz zu klein ist, zu wenig Marge aufweist, das Geschäftsfeld nicht passt oder das Portfolio nicht ideal ergänzt wird.

9. Bietet die Bewertung den Sandoz-Aktien Halt?

Der Börsenwert von Sandoz wird laut Analysten um die 20 Milliarden Franken erreichen, was einem Kurs-Umsatz-Verhältnis von über 2 entspricht. Bei wichtigen Konkurrenten wie Teva und Viatris liegt es um die 0,8. Der Aufschlag gegenüber der Konkurrenz spricht daher eher für sinkende Kurse.

10. Welche Lehren lassen sich aus der Abspaltung der Augensparte Alcon ziehen?

Obwohl die Aktien von Alcon am ersten Handelstag positiv überraschten, hatten Anleger in den darauf folgenden Monaten keine Freude am Titel. Er entwickelte sich markant schwächer als der Gesamtmarkt. Dabei hatte die ehemalige Augensparte von Novartis den Vorteil, im SMI gelistet worden zu sein.

11. Was spricht für höhere Kurse?

Der defensive Charakter des patentfreien Arzneimittelgeschäfts und die Bereitschaft von Sandoz, für das Jahr 2023 eine Dividende für das Gesamtjahr zu zahlen, könnten Anleger überzeugen und entgegen der Markterwartung für höhere Kurse sorgen.

12. Was sticht bei der Geschäftsentwicklung von Sandoz heraus?

Das Generika-Geschäft ist sowohl hart umkämpft als auch weniger margenstark als die Entwicklung und Herstellung von Originalpräparaten. Die Umsätze sind bei Sandoz zwischen 2020 und 2022 kaum gestiegen. Die Profitabilität gemessen an der Marge ist sogar zurückgegangen, wobei hierzu auch die Abspaltungskosten beitragen.

13. Was sind die Prognosen zur Geschäftsentwicklung?

Die Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2023 und die Mittelfrist (2024 bis 2028) wurden mit den Zahlen zum ersten Semester bestätigt. Sandoz erwartet sowohl für 2023 als auch mittelfristig ein Nettoumsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich, wobei die Kern-EBITDA-Marge mittelfristig von 18-19 Prozent im Jahr 2023 auf 24-26 Prozent steigen soll.

14. Wo liegen die langfristigen Chancen bei einem Sandoz-Investment?

Der zukünftige Wachstums-Schwerpunkt liegt bei den Biosimiliars. Nachahmerprodukte für Original-Biologika, deren Patentschutz abgelaufen ist, sind anspruchsvoller und kostspieliger in der Herstellung, was das Wettbewerbsumfeld günstiger gestaltet. In Europa bereits marktführend könnte laut Analysten insbesondere der US-Markt Sandoz weiteres, margenträchtiges Wachstum bescheren. Und bislang hat Sandoz lediglich acht Biosimilars auf dem Markt, 24 stecken noch in der Forschungs- und Entwicklungsphase. Der Patentablauf vieler Antikörper-Therapien hat erst begonnen.

15. Welche Nachteile hat Sandoz in der Eigenständigkeit?

Die Eigenständigkeit führt bei Sandoz erst einmal zu Kosten: Sie muss eine eigenständige Informatik und eine Personalabteilung aufbauen. Da der Börsengang per Aktientausch stattfindet, erhält das Unternehmen auch kein neues Kapital. Sandoz muss vielmehr aufgrund der Spin-off-Kosten 3,75 Milliarden Dollar Schulden aufnehmen. Und ungemütlich wird es dann, wenn der Börsenkurs zu tief fällt, weil der Konzern dann zum Übernahmeobjekt werden könnte.

16. Wann sollen Privatanlegerinnen und - anleger in Sandoz investieren?

Es macht wenig Sinn, gleich beim Börsengang bei Sandoz zu investieren, da die Aktie unter Druck geraten könnte. Es lohnt sich vielmehr, zuerst die Entwicklung von der Seitenlinie zu beobachten und dann bei einem tieferen Niveau einzusteigen.

17. Was bedeutet die Sandoz-Abspaltung für die Novartis-Aktie?

Marktbeobachter gehen davon aus, dass der Fokus nach dem Spin-Off von Sandoz keineswegs auf der Generika-Tochter liegt, sondern weiterhin auf Novartis. Die Aktie hat dieses Jahr auch dank der Schwäche der Konkurrentin Roche bereits eine Kursrendite von 9 Prozent erzielt, wie cash.ch letzte Woche hier geschrieben hat.

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