Chinesische Autohersteller haben im September ihren bislang besten Monat in Europa verzeichnet. Dank der starken Nachfrage nach Elektro- und Hybridfahrzeugen erreichten Marken wie BYD, MG von SAIC Motor und Chery einen Rekordanteil von 7,4 Prozent an den Pkw-Verkäufen in Europa, wie Daten des Marktforschers Dataforce zeigen. Erstmals übertrafen sie damit südkoreanische Anbieter wie Kia.
Das starke Wachstum folgt auf Monate stetiger Zuwächse. BYD, der weltweit grösste Hersteller elektrifizierter Fahrzeuge, weitete ebenso wie andere Anbieter sein Händlernetz und Modellangebot aus. «Das ist ein Hinweis darauf, was uns bevorstehen könnte», sagte Dataforce-Analyst Benjamin Kibies. «Wir beobachten einen stetigen Anstieg des Marktanteils chinesischer Marken in Europa.»
Besonders stark fiel das Wachstum im Vereinigten Königreich aus, das fast die Hälfte der europäischen Verkäufe chinesischer Hersteller ausmachte. Der halbjährliche Wechsel der Kfz- Kennzeichen befeuerte die Nachfrage zusätzlich. Zudem sind die britischen Importzölle von 10 Prozent deutlich niedriger als die erhöhten Abgaben der Europäischen Union auf chinesische Elektroautos.
«Der britische Markt ist entscheidend», sagte Kibies. «Die Chinesen sind dort sehr stark.»
BYD steigerte seine Verkäufe in Grossbritannien im Vergleich zu August auf das Sechsfache, MG fast ebenso stark. Auch die Chery-Marken Omoda und Jaecoo legten mit neuen Hybrid-SUVs deutlich zu.
Der Vormarsch chinesischer Marken verdeutlicht ein wachsendes Ungleichgewicht im weltweiten Automobilmarkt. Günstigere Batterietechnologien verschaffen ihnen einen klaren Wettbewerbsvorteil. Europäische Hersteller, die in China bereits Marktanteile verloren haben, sehen sich nun auch zu Hause wachsender Konkurrenz ausgesetzt.
Schwieriges Umfeld für europäische Autobauer
Politisch bewegt sich Europa zunehmend hin zu Verteidigung und Rüstung. Die EU-Zölle haben den Aufstieg chinesischer Marken nur kurz gebremst. Gleichzeitig droht durch den Streit um den niederländischen Chiphersteller Nexperia neue Unruhe: China hat den Export bestimmter Produkte untersagt, was laut dem europäischen Automobilverband ACEA dazu führen könnte, dass einige Hersteller die Produktion in wenigen Tagen stoppen müssen.
Noch ist der Marktanteil chinesischer Marken in Europa klein, doch sie zielen auf stark wachsende Segmente. Besonders beliebt sind günstig bepreiste Plug-in-Hybride, die geringere Betriebskosten bieten, ohne vollständig auf Ladeinfrastruktur angewiesen zu sein.
Laut ACEA stiegen die Verkäufe von Plug-in-Hybriden im September europaweit um 62 Prozent, die von nicht ladbaren Hybriden um 15 Prozent. Auch europäische Hersteller wie Volkswagen und Renault profitierten von der robusten Nachfrage.
Dennoch eroberten chinesische Marken einen überproportionalen Teil des Wachstums. In Westeuropa stieg ihr Anteil laut Schmidt Automotive Research auf 8 Prozent und überholte damit erstmals die Koreaner.
Laut Dataforce kletterte ihr Anteil bei Plug-in-Hybriden europaweit um mehr als 7 Prozentpunkte auf 20 Prozent, bei reinen Elektroautos um 1,7 Punkte auf 11 Prozent. Einschliesslich der Verkäufe der Stellantis-Partnerschaft mit Leapmotor und der Ebro-Chery- Allianz hätte der Wert sogar 13 Prozent erreicht, so Kibies.
Chinas neueste Plug-in-Hybride bieten hohe elektrische Reichweiten, schnelles Laden und umfangreiche Ausstattung zu niedrigeren Preisen als europäische Konkurrenten. Neuheiten sind etwa Cherys Omoda 7 mit einer elektrischen Reichweite von 80 Kilometern und der SUV Jaecoo J8.
BYD ergänzte sein Angebot um das SUV Seal U DM-i und eine Plug-in-Version des Kompaktwagens Dolphin. Die DM-i-Modelle kombinieren einen Elektromotor mit einem kleinen Benzinmotor und bilden inzwischen das Kernsegment der Marke.
In London präsentierte Geely vergangene Woche den Elektro- SUV EX5 und plant in den kommenden drei Jahren zehn Modelle für Grossbritannien - von Kleinwagen bis zu Familienautos. Omoda vervierfachte im September seinen Absatz in Grossbritannien gegenüber August, Jaecoo legte sogar mehr als das Vierfache zu. Chery zielt mit seinen Crossover- und SUV-Modellen gezielt auf europäische und südkoreanische Wettbewerber.
«Verbraucher tendieren eindeutig zu Plug-in-Hybriden - und derzeit sind es fast ausschliesslich die chinesischen Marken, die solche Modelle zu attraktiven Preisen anbieten», sagte Bloomberg-Intelligence-Analyst Michael Dean. «Die Frage ist, ob europäische Hersteller ihre Produktion schnell und günstig genug hochfahren können, um mitzuhalten.»
(Bloomberg)
