Über den seit Jahren anhaltenden Boom der kleinen und mittelgrossen Schweizer Aktien haben cash-Leser letzte Woche im Börsen-Talk mehr erfahren (zum Artikel hier). Der SPI Extra – er bildet die Small und Mid Caps an der Schweizer Börse ab - ist in den letzten 52 Wochen um ganze 25 Prozent angestiegen.

Da können Europas Aktien nicht ganz Schritt halten. Der "MSCI Europa Small Cap" performte im gleichen Zeitraum "nur"mit einem Plus von 15 Prozent. Woher diese Diskrepanz von 10 Prozent? "Die Gewinnentwicklungen bei den Schweizer Firmen waren etwas dynamischer", nennt Schroders-Fondsmanager Daniel Lenz im cash-Börsen-Talk einen möglichen Grund für diese unterschiedliche Kursentwicklung.

Die Zinsdifferenz zwischen der Schweiz und Europa kann gemäss Lenz ein weiterer Treiber der Schweizer Werte sein. Hierzulande sind die Zinsen deutlich tiefer als im Euroraum. Das erhöhe die Attraktivität von Schweizer Aktien zusätzlich.

Europa mit Aufholpotenzial?

Doch das alles erklärt den Unterschied nur teilweise: "Ich bin der Meinung, dass die Bewertungen heute zu stark auseinander sind", so Lenz weiter. Langfristig betrachtet sei der Einstiegszeitpunkt für europäische Small und Mid Caps verglichen mit Schweizer Nebenwerten daher attraktiv.

Der europäische Markt gilt aufgrund seiner günstigen Bewertung und der Erholungstendenzen in Europa auch bei vielen anderen Investoren als neuer Trendmarkt, doch sind nicht alle gleichermassen begeistert. Denn: Europas Probleme sind noch lange nicht vom Tisch.

Noch immer halten die Bankenkrise in Italien und die Staatsschuldenkrise in Griechenland an, ausserdem ist die Flüchtlingsproblematik ungelöst. Zudem stehen einige richtungsweisende Wahlen an: In diesem Jahr sind dies die Parlamentswahlen in Frankreich sowie Grossbritannien (beide im Juni) und die Bundestagswahlen in Deutschland (September). Nächstes Frühjahr dann hält voraussichtlich auch Italien Wahlen ab.

Interessante Einstiegsmöglichkeiten

Trotz dieser Unsicherheiten: Das konjunkturelle Umfeld in Europa ist besser als vor zwölf Monaten, die Anleger sprühen vor Optimismus. Die Konjunktur in der Eurozone wird im Mai von Anlegern so stark eingeschätzt wie seit Juli 2007 nicht mehr, wie jüngst eine Sentix-Erhebung zeigte.

"Dieses aktuelle Umfeld spricht vor allem für Industrie- und Grundstoffaktien", meint Lenz. Gleichzeitig rät er Investoren, Firmen mit einer schlechten Bilanz - sprich mit hohen Schulden oder zu viel Goodwill - zu meiden. Momentan spiele dies noch keine Rolle, da die Welt zu positiv sei. "Langfristig wird sich dies aber auszahlen", ist der Aktienexperte überzeugt.

Lenz ist ein erfahrener Fondsmanager, der sich vor allem mit Nebenwerten bestens auskennt: Er betreut bei Schroders seit vielen Jahren einen Fonds mit kleinen und mittelgrossen Schweizer Unternehmen ("Schroder ISF Swiss Small & Mid Cap Equity") und einen weiteren mit europäischen Nebenwerten ("Schroder European Small and Mid Cap Value Fund", nur für institutionelle Kunden). Beide Fonds weisen 2017 bislang eine deutlich positive Performance auf (+14 Prozent bzw. +10 Prozent), liegen jedoch jeweils leicht unter dem entsprechenden Benchmark (SPI Extra TR +16 Prozent bzw. MSCI Europe ex UK SMID +12 Prozent).

Er wählt für seine Fonds primär Nischen-Marktführer und Firmen mit einer soliden Bilanz. Zu seinen Favoriten in der Schweiz gehören derzeit SFS, Forbo und Dätwyler - allesamt Industrietitel. Aus Deutschland hat Lenz Aurubis (Kupferproduzent), Sixt (Autovermietung) und Jungheinrich (Logistik/Maschinenbau) auf seinem Radar. In Frankreich sieht er bei Imerys (Bergbau/Baustoffe) und Michelin (Reifenhersteller) weiteres Potenzial. Desweiteren setzt er auf die österreichische Voestalpine (Stahlproduzent) und die niederländische DSM (Chemie).

Im cash-Börsen-Talk sagt Daniel Lenz ausserdem, ob er eine Korrektur bei Schweizer Nebenwerten erwartet, was er von Finanztiteln hält und von welchen Branchen er aktuell die Finger lassen würde.