Am Donnerstag erhalten die Investoren neue Nahrung. Mit Nestlé und Roche legen nämlich zwei Unternehmen ihre Geschäftszahlen zum dritten Quartal vor, die den Schweizer Aktienmarkt am meisten beeinflussen. Am kommenden Dienstag folgt dann mit Novartis das dritte Schwergewicht. Daneben gibt es in den kommenden Tagen auch News von zahlreichen mittelgrossen Firmen.

Mit Blick auf die anrollende Zahlenflut stellt sich die Frage, inwiefern Anleger mit positiven oder negativen Überraschungen rechnen müssen. Sven Bucher, der bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) den Bereich Research leitet, erwartet grundsätzlich eine Fortsetzung der Zahlensaison zum Halbjahr, sprich weiteres Gewinnwachstum.

"Insbesondere den kleineren Firmen hat auch die Währungssituation geholfen", sagt er im Video-Interview. Der Euro hat zum Franken im laufenden Jahr spürbar an Wert gewonnen, was die Produkte vieler Schweizer Unternehmen in ihrem wichtigsten Absatzmarkt günstiger gemacht hat. Bei grösseren Firmen sei das weniger der Fall gewesen, so Bucher. Denn dort spielen auch Dollar und Yen eine wichtige Rolle, die beide zum Schweizer Franken nicht zulegen konnten.

Versicherer im Fokus

Negatives Überraschungspotenzial sieht Aktienexperte Bucher am ehesten bei den Versicherungswerten mit Verbindung zur Hurrikan-Saison, insbesondere Swiss Re oder Zurich: "Dort gibt es eine negative Überraschung, wenn es eine Überraschung gibt."

Interesse besteht auch an den Zahlen von Nestlé. Investoren erhoffen sich vom Nahrungsmittelmulti, dass er das Wachstum beschleunigt. Doch eine derart grosse Firma wie Nestlé kann nicht so schnell den Kurs ändern. Bis sich die neue Strategie unter CEO Mark Schneider in den Zahlen niederschlägt, dauert es eine Weile. Am Markt wird mit einem organischen Margenwachstum von 2,9 Prozent gerechnet – im zweiten Quartal waren es 2,4 Prozent.

Nestlé schafft es jedenfalls nicht auf die Empfehlungsliste von Sven Bucher. Ihm gefallen hingegen die Luxusgüterwerte Richemont und Swatch, die im bisherigen Jahresverlauf schon deutlich an Wert zugelegt haben. Daneben empfiehlt er Adecco – unter anderem aufgrund der Bewertung – und Cembra Money Bank mit einer attraktiven Dividendenrendite. "Oder auch Lindt und Sprüngli, die trotz Schwächephase langfristiges Potenzial haben", wie er im cash-Video-Interview sagt.

Luft nach oben

Das laufende Jahr war für Schweizer Anleger bislang erfreulich. Die Schweizer Börse knackte am letzten Freitag einen neuen Rekord. Der breite Swiss Performance Index (SPI) schloss auf einem neuen Allzeithoch bei 10'643 Punkten. Der Leitindex SMI erreichte den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.

Trotz der bereits hohen Kurse sieht Sven Bucher noch Luft nach oben. Auch wenn es nicht mehr so weitergehen werde wie in den vergangenen Jahren, lägen noch einige Prozente drin. Sogar ein SMI-Allzeithoch hält er für "durchaus möglich". Die Gründe: synchrones Wirtschaftswachstum, nach wie vor tiefe Zinsen und der schwächere Schweizer Franken, der den Unternehmensgewinnen hilft.

Doch die fortgeschrittene Hausse hat viele Titel verletzlich gemacht: Die Fälle nehmen zu, da Aktien nach einer Ergebnisenttäuschung deutlich korrigieren. "Bei Kühne und Nagel konnte man sehen, dass der Markt teilweise nervös ist. Wenn man die Erwartungen untererfüllt, wird man entsprechend abgestraft", so Bucher. Der Logistiker legte am Montag seine Q3-Zahlen vor, enttäuschte mit der Margenentwicklung und verlor an der Börse mehr als 4 Prozent im Tagesverlauf.

Nach dem Allzeithoch die Korrektur: Aktie von Kühne+Nagel in den letzten zwölf Monaten (Quelle: cash.ch)

Im cash-Video-Interview sagt Sven Bucher auch, wie es im Übernahmestreit um Sika weitergeht und was die Anleger zu erwarten haben.