Was ist nur mit den Schweizer Versicherern los? In der April-Bilanz im SMI rangieren Swiss Re (-9,9 Prozent), Zurich (-6,2 Prozent) und Swiss Life (-3,2 Prozent) mit ihrer Kursbilanz im hinteren Drittel der Tabelle. Zwar haben sie wie viele andere Unternehmen im April ihre Dividenden ausgeschüttet, die in ihrem Fall üppig sind. Damit wurde der Kurs automatisch um die Höhe der Dividende gekürzt. Doch auch dann lässt der Aufschwung bei diesen eher defensiven Titeln immer noch auf sich warten. Seit Mitte vergangenen Jahres setzen viele am Markt auf Versicherer, weil diese den Kurseinbruch von 2020 immer noch nicht aufgeholt haben. Zurich und Swiss Life liegen um 14 Prozent unter dem Wert vom Februar 2020, Swiss Re um 28 Prozent. 

Bis zudem der Dividendenknick aufgeholt ist, dauert es bei den Versicherern in der Regel eine Weile. Aber alle drei Versicherer im SMI haben eine intakten Investment Case. Bei Zurich und Swiss Life ist dank Effizienzsteigerungen weiteres Kurspotential da. Beim "ewigen Schlusslicht" Swiss Re dürfte die Quartalsberichterstattung am Freitag zumindest neue Anhaltspunkte geben.

Die Kurssteigerungen bei den Versicherern werden kommen, aber man braucht Geduld. Die Digitalisierung und das Datenmanagement setzen Versicherungen unter Druck, sich anzupassen. In der Schweiz hält sich die Branche im Moment gut. Die wichtigen Vertreter der Branche bleiben gute Portfolio-Grundbausteine, auch wenn viele andere Aktien kurzfristig mehr Rendite bringen und auch mehr "Spass" machen.

Die 20 SMI-Aktien im April (Grafiken: Bloomberg, Stand 28. April 14.45 Uhr).

Dass der SMI insgesamt kaum zugelegt hat (April-Performance: +0,6 Prozent), liegt an den Pharma-Schwergewichten Roche (-0,7 Prozent) und Novartis (-1,8 Prozent) sowie dem Nahrungsmittelhersteller Nestlé (+2,9 Prozent). Bei diesen Aktien fehlen die Impulse. Die kürzlich vorgelegten Quartalszahlen waren weder besonders gut noch besonders schlecht. Bei Pharmatiteln spielt die Musik bei den Impf-Aktien. Der Corona-Impfstoff-Erfinder der ersten Stunde Biontech hat im April den Kurs um 72 Prozent gesteigert.

Bei Roche und Novartis wie auch Nestlé sind solche Kursfeuerwerke unrealistisch: Doch das Gute ist, dass sich diese Schweizer Allwetter-Aktien wieder um 20 Prozent steigen können. Man muss bis dahin aber unter Umständen zwei Jahre warten können. 

Zykliker gefragt

Was die Defensiven ebenfalls ein Schattendasein fristen lässt, ist das Sentiment an der Börse. Auch im April sind Zykliker bevorzugt worden, wie dies schon seit Januar der Fall ist. Stärker konjunkturabhängige Firmen wie Carlo Gavazzi (+13,8 Prozent), Comet (+14,1 Prozent) oder V-Zug (+11,5 Prozent) in den SPI-April-Top-Ten zeigen, wie gut Zykliker laufen. Allerdings nur dann, wenn das Unternehmen überzeugt, was beim Komponentenhersteller Carlo Gavazzi, dem Elektronikspezialisten Comet und dem erst letztes Jahr kotierten Haushaltsgerätehersteller V-Zug derzeit jeweils der Fall ist. Tornos (-11,2 Prozent) findet sich in den zehn schlechtesten Performern wieder, obwohl die Zahlen des kleinen Drehmaschinenhersteller aus Moutier im (noch) Berner Jura die Märkte positiv stimmten. Die letzten Kursbewegungen waren allerdings sehr volatil.

Einen starken – und für die Aktie auch oberflächlich gesehen erstaunlichen – Kursanstieg hat der Frühzykliker Rieter (+18,3 Prozent) hinter sich. Die SPI-Top-Aktie im April hat seit Jahresanfang den Kurs um die Hälfte gesteigert, ist bei 148 Franken aber weit weg vom letzten Mehrjahreshoch von 258 Franken im Januar 2018. Gute Geschäfte Ende 2020 und der weltweite Wirtschaftsaufschwung trotz immer noch hohen Fallzahlen, umstrittenen Öffnungsschritten und langsamen Impfkampagnen in vielen Ländern nützt auch dem Textilmaschinenkonzern. Im März verkaufte Investor Michael Pieper seine Rieter-Anteile, dafür stieg die belgische Picanol-Gruppe ein, was umgehend (dem Kurs nicht abträgliche) Übernahmespekulationen anfachte.

Rieter ist eine tolle Firma und stellt sehr gute Produkt her - doch ist an der Börse leicht verwundbar. Die Luft für Rieters Kurshöhenflug wird schnell dünn, wenn Umsatz- oder Bestellzahlen beim Industrie-Traditionskonzern die Erwartungen nicht erfüllen. Jetzt voll investieren könnte ein Risiko sein.

Die best- und schlechtestperformenden Titel im breiten Index SPI.

Aus einem Dornröschenschlaf erwacht ist auch ABB (+6,4 Prozent), wo der Kurs lange kaum über 20 Franken kam und nun schnell die 30-Franken-Marke geknackt hat. Der Markt liebt den noch relativ neuen Konzernchef Björn Rosengren und traut diesem zu, den globalen 105'000-Mitarbeitenden-Koloss effizienter zu machen. Rosengren hat mit der Andeutung, die Elektroauto-Zulieferung separat an die Börse zu bringen, geschickt Kursfantasien ausgelöst (cash berichtete). Doch auch bei ABB gilt: Die Luft wird dünner, der Kurs ist schon hoch geklettert.

Zweiteilung bei Finanzaktien

Eine Zweiteilung, die Anlegerinnen und Anleger ernst nehmen sollten, zeigt sich auch bei Finanzaktien. Die Partners Group (+7,9 Prozent) im SMI und Swissquote (+15,7 Prozent) im SPI haben im April im Verhältnis sehr gut performt. Beide sind sehr erfolgreich in Nischen – die Partners Group als Privatmarkt-Vermögensverwalterin, Swissquote im Online-Trading und Handel mit Kryptowährungen. Diese Aktien sind attraktive Investments. 

Bei den Grossbanken UBS (-4 Prozent) und Credit Suisse (-2,6 Prozent) zeigen die April-Kursverläufe das wahre Problem nicht. Nach den Zusammenbrüchen der CS-Geschäftspartner Greensill Capital und Archegos ist der Kurs der Grossbank seit Anfang Jahr um 15 Prozent gesunken. Die UBS hat gleichzeitig 12,5 Prozent gewonnen, weil Banken vom steigenden Zinsniveau und guten Finanzmarktgeschäften profitiert haben. Doch auch die UBS hat mit dem Archegos-Kollaps Geld verloren. Und: Bei ihr und der CS lauern immer noch Gefahren wegen Rechtsfällen. Für kurzfristige Trades oder den Einsatz von Calls und Puts eignen sich die Banken sicher. Längerfristige Engagements in diese Titel könnten hingegen weiterhin bald enttäuscht werden.

Starke Überzeugungen bei Wachstumsaktien

In den April-Listen der Tops und Flops nicht zuvorderst sind die Wachstumstitel. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn dieses Segment oszilliert wegen der allgemeinen Stimmung etwas zwischen "Hü" und "Hott". Der Pharmazulieferer Bachem (+14,9 Prozent) und der Baustoffehersteller Sika (+3,2 Prozent) haben nach gar nicht so grossen Rückgängen im Februar den Kurs nach oben aufgenommen. Auch der Logitech-Kurs zeigt wieder stetig nach oben.

Bei diesen Aktien braucht es gerade in der jetzt etwas unklaren Situation eine sehr starke Meinung: Bei hohen Niveaus weiter an den Kursanstieg glauben oder eher auf Rücksetzer warten? Zwei Treiber von Wachstumsaktien – die lockere Geldpolitik und das Riesenpotential digitaler Umwandlungen – sind weiter stark. Dies macht zumindest die mittelfristigen Aussichten für Wachstumstitel mit sehr guten Produkten und Dienstleistungen weiter attraktiv. Ausser vielleicht bei AMS (-15 Prozent): Dort genügten vergangene Woche Gerüchte über ein Abspringen des Grosskunden Apple, um den Kurs massiv nach unten fallen zu lassen. So viel Volatilität im Kurs ist man sich bei AMS, wenn man einmal ehrlich sein will, aber eigentlich auch gewohnt.