Nach nun vier aufeinanderfolgenden negativen Quartalen sehen die Branchenexperten der Grossbank HSBC erste Anzeichen einer Erholung. In einer umfassenden Branchenstudie bewerten sie Hermès niedriger und LVMH sowie Kering höher. Die Schweizer Konzerne Richemont («Halten») und Swatch («Verkaufen») behalten ihre Bewertungen bei, doch erscheinen die europäischen Konkurrenten mit Kurspotenzialen von 24 bis 40 Prozent deutlich attraktiver.
Richemont: Stabiles Geschäft mit Margenproblemen
Bei Richemont sehen sie ein Aufwärtspotenzial von rund 11 Prozent. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf den nächstjährigen Ergebnissen liegt mit 20,3 ungefähr im Branchenschnitt (21,2).
Die grössten Herausforderungen sind der Goldpreis und der Schweizer Franken. Es besteht ein klarer Zielkonflikt zwischen Umsatz und Margen: Während der Umsatz, insbesondere bei den Jewellery-Marken, voraussichtlich stabil bleibt, dürften steigende Goldpreise, US-Zölle und die Frankenstärke die Margen weiterhin belasten.
Für die Branche insgesamt erwarten die HSBC-Analysten eine leicht schwächere Nachfrage in den USA, während der chinesische Markt sich erholen dürfte. Dies sehen sie als eines der grössten Überraschungspotenziale: ein stärker als erwarteter chinesischer Konsum. Zudem könnte ein besseres Abschneiden der Uhrensparte besonders für Richemont positiv überraschen.
Swatch: Letzter Lichtblick schwächt sich ab
Swatch befindet sich weiterhin in einer schwierigen Lage. Da ein Managementwechsel als sehr unwahrscheinlich gilt und das bisherige Management weder auf Analysten noch bedeutende Aktionäre wie GreenWood eingeht, ist kaum mit einer Verbesserung zu rechnen, so die Experten.
Swatch habe kontinuierlich an Marktanteilen verloren - Ausnahme ist Omega. Marken wie Breguet und Blancpain hätten bedeutende Konkurrenten von Patek Philippe, Audemars Piguet oder Vacheron Constantin werden können. «Stattdessen wurden sie so schlecht geführt, dass sie heute nahezu in der Bedeutungslosigkeit verschwunden sind», so die HSBC-Experten.
Die Grossbank setzt das Kursziel für Swatch-Papiere auf 110 Franken, nach zuvor 113 Franken. Das entspricht einem Verlustpotenzial von rund 24 Prozent. Swatch ist damit die einzige Luxusaktie mit einer Verkaufsempfehlung.
Obwohl das Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz mit rund 1,0 zunächst günstig wirkt, sind weder das KGV (34 für 2026) noch das Verhältnis Unternehmenswert zu EBITDA auf Sicht von drei Jahren überzeugend. In den kommenden Wochen sind weitere Abwärtskorrekturen der Analystenschätzungen zu erwarten. Zudem dürfte der bisher einzige Lichtblick im Swatch-Portfolio – der Geschäftsbereich «Amerikas» – im zweiten Halbjahr an Dynamik verlieren.
Positive Impulse könnten dagegen eine stabile Uhren-Nachfrage und geringere Rabatte bei Grosshandelspartnern, eine positive Wertschöpfung bei Harry Winston oder ein schwächerer Schweizer Franken liefern.
(cash)