Kotierte Indexfonds, kurz ETF, sind viel günstiger als aktiv verwaltete Fonds. Das hat der Produktkategorie viele Freunde beschert, denn beim Anlegen sind die Kosten die einzig voraussagbare Konstante. Wer pro Jahr 1 Prozent Gebühren mehr für ein Finanzprodukt bezahlt – was zunächst nicht nach viel klingt –, verschenkt über längere Zeit sehr viel Geld. Je nach Anlagesumme kann der Gegenwert in zehn oder zwanzig Jahren einem gehobenen Mittelklassewagen entsprechen.
Aber – werden die Anbieter aktiv verwalteter Fonds einwenden – durch aktive Investitionsentscheide kann eine deutlich höhere Rendite erzielt werden als mit ETF, die stur einen Referenzindex abbilden. Das ist zwar richtig, doch das gelingt nur einer Minderheit der Fondsmanager.
In volatilen Zeiten sollte eine Überrendite eher möglich sein, kommt es durch das Auf und Ab der Kurse doch zu vielen Opportunitäten. Umso ernüchternder ist es, dass gemäss der Ratingagentur Scope Analysis 2018 lediglich ein Viertel der untersuchten aktiv verwalteten Aktienfonds besser als ihre Benchmark abschnitt. Bei den Obligationenfonds waren es sogar nur 16 Prozent.
Der Trend kehrt
Kein Wunder kaufen Anleger ETF. Mittlerweile werden beinahe 3,5 Billionen Franken passiv verwaltet. In der vergangenen Dekade nahm die Volumenzunahme so richtig Fahrt auf. ETF haben mittlerweile einen festen Platz in den Portfolios professioneller und privater Investoren.
Alle ETF? Nein, vor allem eine Art hat sich durchgesetzt – die physisch replizierten. Als Folge der Finanzkrise und wegen wiederholter Warnungen des Internationalen Währungsfonds IWF, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ und des Finanzstabilitätsrats FSB vor synthetischen ETF bilden eigentlich alle Anbieter die Referenzindizes ausschliesslich mit den dem Index zugrunde liegenden Werten ab. Dieser Trend scheint nun aber in Europa zu drehen.
Nima Pouyan, ETF-Spezialist von Invesco, erklärt, dass in den vergangenen Quartalen viele Investoren ihre Anlagen von physischen in synthetische ETF umgeschichtet hätten. Der Grund hängt mit der steuerlichen Behandlung zusammen. Wegen einer Begünstigung sparen Anleger mit einem synthetisch replizierten europäischen UCITS-ETF – beispielsweise auf den S&P 500 – Steuern im Umfang von 30 Basispunkten (100 Basispunkte = 1 Prozent) der Investitionssumme pro Jahr.
Asset Manager Invesco ist als Erster daran, Anlegern potenzielle Steuervorteile bei möglichst vielen ETF aus ihrer Produktpalette weiterzureichen. Der Erfolg gibt Invesco recht und ist auch den Mitbewerbern nicht verborgen geblieben. Dem Vernehmen nach soll auch der Marktführer iShares bald entsprechende Produkte lancieren, andere Häuser dürften ähnliche Pläne schmieden.
Themen auf Vormarsch
Ungeachtet der Replikationsart fliesst das grosse Geld unverändert in Standardprodukte wie ETF auf den S&P 500, den Euro Stoxx 50 und so weiter, doch auch exotische Themen werden vermehrt im ETF-Mantel angeboten. Sven Württemberger, Leiter ETF-Vertrieb Schweiz und Israel von DWS, bringt es auf den Punkt: «Wenn sich die Finanzmärkte erfreulich entwickeln, sind Anleger empfänglich für eine überzeugende Investment-Story.»
In thematische ETF sind allerdings nur ein Bruchteil der passiv verwalteten Gelder investiert: Konkret sind es rund 40 Milliarden Franken – absolut betrachtet eine durchaus stattliche Summe. Und es kann gut sein, dass dieser Wert im weiteren Jahresverlauf noch deutlich anschwillt, denn oft investieren Anleger erst mit einer gewissen Verzögerung in Finanzprodukte – besonders dann, wenn der Markt zuletzt unter Stress stand, wie das Ende 2018 der Fall war.
Sechs Tipps für Themen-ETFAnlageerfolg mit Autopilot - ETF auf Future MobilityDWS setzt auch bei diesem ETF auf den Indexanbieter Yewno. Der Index ist breit diversifiziert und führt bis zu hundert Titel wie etwa AMD, Nvidia, Micron, Hitachi und ASML. DWS-Vertriebsleiter Schweiz, Sven Württemberger, sagt: «Das sind neue ETF, die nach vorne blicken.» Traditionelle ETF blicken demgegenüber eher zurück, denn sie stellen auf die Marktkapitalisierung ab. Dank den Artificial-Intelligence-basierten Filtern, die Yewno zur Aktienselektion verwendet, soll in zukünftige Gewinner investiert werden. Obwohl sich die Performance des ETF in diesem Jahr erholt hat, beträgt die Dividendenrendite immer noch 2,6 Prozent, was für einen Index auf Tech-Firmen erstaunlich hoch ist. Mit der Kursentwicklung des ETF auf Artificial Intelligence (AI) kann das Produkt nicht mithalten. Das hängt auch damit zusammen, dass das Anlagethema bereits seit längerer Zeit beliebt ist. Pro Jahr beträgt die Total Expense Ratio (TER) 35 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BGV5VR99. Nährboden für Portfoliogewinne - ETF auf Nasdaq BiotechBiotech klingt nach altbekannt. Doch verstehen wohl nur einzelne Anleger, an was für neuen Medikamenten und Behandlungen die Forscher in den Labors der Branchenführer arbeiten. In ein ausgewähltes Biotech-Unternehmen zu investieren, ist nur etwas für risikofähige Anleger, denn positive und negative Forschungsergebnisse haben massiven Einfluss auf die Kurse. Besser ist es, breit diversifiziert in den Sektor zu investieren. Das bietet dieser ETF, auch wenn die regionalen Gewichte klar verteilt sind: Rund 95 Prozent der Unternehmen im Index Nasdaq Biotechnology sind in den USA domiziliert respektive deren Aktien dort kotiert. Dabei handelt es sich um klingende Namen wie Gilead Sciences, Celgene und Amgen. Chinesische Valoren wie Beigene, einen Onkologiespezialisten, umfasst der Index allerdings auch. Pro Jahr beträgt die TER 40 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BQ70R696. Selbstlernende Rendite - ETF auf Artificial Intelligence und Big Data«Künstliche Intelligenz ist das neue ESG», ist Sven Württemberger überzeugt. Im Gegensatz zu ESG interessieren sich vor allem Privatinvestoren und Privat-Banking-Kunden dafür und nicht so sehr institutionelle Anleger. Der ETF von DWS bildet den Nasdaq Yewno Artificial Intelligence and Big Data Index ab, der bis zu hundert innovative Unternehmen aus den Bereichen Cyber Security, Digital Payment und Voice Recognition umfasst. Dazu zählen Valoren wie Xilinx, Cadence Design Systems, Softbank und Proofpoint. Das ist für Anleger auch deshalb spannend, weil viele dieser Firmen in Asien domiziliert sind und nicht in den USA. Bis heute investieren westliche Investoren vor allem in Tech-Konzerne. Durch diesen ETF kann das Übergewicht regional diversifiziert werden. Pro Jahr beträgt die TER 35 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BGV5VN51. Unterwegs im Crypto Valley - ETF auf Elwood-BlockchainDer Bitcoin-Kurs hat sich erholt und noch immer verbinden viele die Blockchain-Technologie nur mit Kryptowährungen. Invesco hat mit Elwood Asset Management einen ETF lanciert, der das weitreichendere Potenzial der Blockchain-Technologie erschliesst. Bin Ren, CEO von Elwood, erklärt die Idee: Der Index biete Zugang zu globalen Unternehmen aus Industrie- und Schwellenländern, die am Blockchain-Ökosystem künftig partizipieren könnten. Er ist darauf ausgelegt, sich mit dem potenziellen Wachstum der Blockchain-Technologie weiterzuentwickeln. Zu den grössten Aktienpositionen zählen CME Group, GMO Internet, Taiwan Semiconductor und Global Unichip. 40 Prozent der Aktien im Index sind in den USA kotiert, in Japan 30 Prozent und aus Taiwan und China stammen etwas mehr als 10 Prozent der Titel. Pro Jahr beträgt die TER des ETF 65 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BGBN6P67. Hohe Anlagequalität und Rendite - ETF auf Preferred SharesPreferred Shares? Die meisten Schweizer Anleger dürften noch nie davon gehört haben. Im Gegensatz zu US-Investoren, die seit langem damit vertraut sind. Preferred Shares zählen zum Tier-1-Kapital und damit zur Kernkapitalquote. Sie sind eine zwischen Aktien und Anleihen angesiedelte Hybridform. Technisch gesehen sind sie jedoch Aktien, obwohl ihre Performance-Muster denen von Anleihen entsprechen. Nima Pouyan von Invesco führt aus, dass Preferred Shares Laufzeiten und eine Duration besitzen. «Die Cupons sind technisch gesehen Dividenden, ähneln aber eher Cupons, da der Emittent sie nicht wie Dividenden von Stammaktien beliebig kürzen kann.» Bei einer Anlage in Preferred Shares entsprechen die Renditen mit mehr als 6 Prozent bei einem durchschnittlichen Investment-Grade-Rating eher denen von High-Yield-Anlagen. Pro Jahr beträgt die TER des ETF 50 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BG482169. Vom Absturz profitieren - ETF auf Fallen AngelBeim Fallen-Angel-Phänomen drücken zwei Faktoren auf den Kurs der Anleihen. Im Vorfeld der Herabstufung beginnen die Kurse zu sinken, wenn sich die Investoren für die Herabstufung positionieren. Ist die Herabstufung von Investment Grade zu High Yield erfolgt, zwingen strenge Anlagerichtlinien einige grosse, gewöhnlich institutionelle Vermögensinhaber dazu, sich von diesen Anleihepositionen zu trennen. Diese Zwangsverkäufe können dazu führen, dass die Anleihe überverkauft wird. Dadurch ergeben sich dann wieder neue Einstiegschancen. Oft folgen auf den überzogenen Ausverkauf der Anleihen daher auch Erholungen der Anleihekurse, von denen Investoren mit einem guten Timing profitieren können. In manchen Fällen wird die Anleihe später sogar wieder auf Investment Grade hochgestuft. Der Fallen-Angel-ETF bildet den Citi Time-Weighted US Fallen Angel Bond Select Index ab. Pro Jahr beträgt die TER des ETF 45 Basispunkte, die ISIN lautet IE00BD0Q9673. |
Dieser Beitrag erschien zuerst im Magazin «Millionär», das von der Handelszeitung und cash.ch herausgegeben wird, unter dem Titel «Exotik im ETF-Dschungel».