Am Dienstag war es also soweit: Endlich hat auch der Schweizer Leitindex SMI (Swiss Market Index) sein Allzeithoch aus der Vor-Corona-Zeit knacken können. Mit 11'305 Punkten und einem Tageshoch von 0,71 Prozent überschritt er seine alte Bestmarke von 11'270 aus dem Februar 2020. Für seinen Rekord hat sich der SMI vergleichsweise lange Zeit gelassen. Andere Leitindizes wie der Dow Jones, der Nasdaq oder auch der deutsche Dax hatten schon vor einiger Zeit die Vor-Corona-Stände erreicht und übertroffen. 

SMI-Kursentwicklung in den letzten drei Jahren

Graphik: cash.ch

Grund war unter anderem, dass im SMI – im Gegensatz zum DAX etwa – die Dividendenzahlungen bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. Doch auch die eher defensive Zusammensetzung des SMI hat zu einer Underperformance gegenüber anderen Länderindizes geführt. So konnte der Schweizer Leitindex weder von der Rally der Wachstumswerte noch von der Zykliker-Rally wirklich profitieren. 

Doch Anlegerinnen und Anleger von Schweizer Blue Chips sollten keineswegs verzagen. Anastassios Frangulidis prognostizierte unlängst im Interview mit cash, dass die defensiven Werte bald wieder in der Gunst des Marktes steigen werden. Hinzu kommt: Der SMI bietet auch interessante zyklische Aktien, die laut Analystenstimmen Potenzial nach oben haben. cash.ch hat bei allen 20 SMI-Titeln einen Blick auf die Analysten-Ratings geworfen und aufgrund von Daten von Bloomberg die durchschnittliche Kursziele berechnet.  

Durchschnittliches Kurspotenzial aller SMI-Aktien: Spitzenreiter Holcim

AktieAkt. Kurs, in CHF*Ø-Kursziel, in CHFKurspotenzial, in Prozent
Holcim53,564,620,7
Credit Suisse9,611,418,6
Novartis79,2392,8817,2
Alcon61,671,2815,8
UBS14,416,414,4
Swiss Re85,8496,3612,3
Lonza578647,3312
Roche312,9347,210,9
Zurich Insurance373,7414,510,9
Sika288,1307,76,8
Nestlé111,718,66,2
Richemont102,1108,36,1
Swiss Life462,8482,94,3
ABB30,230,82,1
SGS27132695,4-0,6
Swisscom509489,95-3,7
Swatch308,3296,9-3,7
Partners Group13391249,1-6,7
Givaudan39823704,5-7
Geberit643,6591-8,1

Daten: Bloomberg, *Stand 25.5.21, 10 Uhr

Dabei zeigt sich: Die Liste der Schweizer SMI-Titel mit den grössten Kurspotenzialen führt ein Zykliker an. Bei der Holcim-Aktie sehen Analysten ein durchschnittliches 12-Monats-Kursziel von 64,6 Franken. Das entspricht einem Potenzial von knapp 21 Prozent gegenüber dem aktuellen Kurs. Auch Fabienne Hockenjos von der Basellandschaftlichen Kantonalbank bekräftigte jüngst im Gespräch mit cash.ch ihre Kaufempfehlung für den schweizerisch-französischem Baustoffproduzenten. 

Einerseits sei der neue CEO Jan Jenisch "ein überzeugender Treiber von Effizienzsteigerungen", so Hockenjos. Ausserdem würden Nachrichten über wirtschaftliche Stützungsprogramme wie in den USA den Kurs noch länger stützen. "Die Nachfragedynamik dürfte durch die Implementierung des Infrastrukturprogramms noch einmal zunehmen", glaubt Hockenjos. 

Analysten seit Jahren (zu) optimistisch bei Bank-Aktien

Ganz vorne in der Liste findet sich auch die krisengeschüttelte Credit Suisse. Die Grossbank weist mit einem durchschnittliches 12-Monats-Kursziel von 11,4 Franken ein Potenzial von 18,6 Prozent auf. Auch die Aktie der grossen Konkurrentin UBS wird weitaus höher gesehen. Die positive Stimmung der Analysten bei den Banken ist allerdings seit vielen Jahren zu beobachten. Das oft gehörte Argument: Der Substanzwert der Banken sei um einiges höher als die jeweilige Börsenkapitalisierung. 

Der Markt teilt die Meinung der Analysten allerdings kaum - und das seit Jahren. Eine UBS-Aktie kostet heute genauso viel wie im Sommer 2011. Fairerweise muss man hinzufügen, dass in den letzten Jahren immerhin eine Dividendenrendite von meist über drei Prozent oder mehr drin war. 

Novartis mit Aufholpotenzial

Mit Novartis schafft es ein echter Defensiv-Wert auf den dritten Platz der laut Analysten vielversprechendsten SMI-Titel. Mit einem durchschnittlichen 12-Monats-Kursziel von knapp 93 Franken errechnet sich ein Potenzial von über 17 Prozent. Das zweitgrösste Schweizer Pharmaunternehmen hatte an der Börse lange das Nachsehen gegenüber seiner Konkurrentin Roche - auch, weil man weit weniger im Geschäft rund um das Coronavirus involviert ist. 

Doch viele Analysten halten die Novartis-Titel am Markt für unterschätzt. So habe der Konzern etwa eine ganze Palette von Produktkandidaten in der Pipeline, die vom Markt noch kaum zur Kenntnis genommen würden, schreiben etwa die Analysten von Morgan Stanley, die gar ein Kursziel von 102 Franken herausgeben.

Durchaus überraschende Kandidaten finden sich auf den hinteren Rängen. Mit Givaudan befindet sich ein wahrer Schweizer Top-Performer auf den vorletzten Platz (Kurspotenzial: -7 Prozent). Die Aktie des Weltmarktführers für Duftstoffe weist seit vielen Jahren einen stabilen Aufwärtstrend auf. Doch die Analysten geben hier ein überaus gespaltenes Bild ab. Zehn Kaufempfehlungen stehen zehn Halte-Empfehlungen gegenüber, bei acht Verkaufsempfehlungen. Ein Blick in die Statistik zeigt allerdings: In den letzten zwei Jahren hat der Analystenkonsens die Givaudan-Aktie praktisch immer unterschätzt und (zu) tiefe Kursziele herausgegeben. 

Die Crux mit den Analysten-Ratings

Ebenfalls überraschend ist der drittletzte Platz von Partners Group. Die auf Private Equity spezialisierte Vermögensverwaltungsgesellschaft könnte allerdings dabei schlicht und einfach "Opfer" ihres eigenen Erfolgs sein. Der Aktienkurs legte in den letzten sechs Monaten um fast 50 Prozent. Nicht selten kommt es bei stark steigenden Aktien vor, dass Analysten kaum damit nachkommen, ihre Kursziele anzupassen. Von 17 Analysten drückt bei Partners Group offiziell nämlich nur einer auf den Verkaufsknopf.  

Vor diesem Hintergrund soll auch noch mal darauf hingewiesen werden, dass Kursziele von Analysten zwar durchaus Aufschluss darüber geben, wie eine Aktie am Markt eingeschätzt wird. Trotzdem eignen sie sich ausdrücklich nicht als "Gebrauchsanweisung" für den Aktienhandel, der man als Anlegerin oder Anleger einfach unkritisch folgen kann. Kursziele sind ein Blick in die Zukunft, und solche Prognosen sind selbst bei ausgefeilten Berechnungsmethoden mit Unwägbarkeiten behaftet. Viele Kursziele stellen sich im Nachhinein als falsch heraus.