Die Ankündigung traf die Investorinnen und Investoren wie ein Schlag: Vor rund einem Jahr gab Cembra Money Bank das Ende der Zusammenarbeit mit der Migros bei der Kreditkarte Cumulus bekannt. Wegen des damit einhergehenden Gewinnrückgangs bei der Konsumkreditbank stürzte die Aktie im Nu um über 30 Prozent ab.
Ein aktuelleres Beispiel ist Polypeptide. Am Tag der Gewinnwarnung für das erste Halbjahr 2022 sackte die Aktie Anfang Juli 39 Prozent ab. Damit nicht genug: Am Folgetag gings gleich nochmals 14 Prozent runter.
Logisch, regt sich dann ein uralter Anlegerreflex: "Buy the Dip". Bloss: Abgestürzte Aktien senden dann oft lange Zeit keine klaren Erholungssignale aus. Sie dümpeln auf dem viel tieferen Niveau weiter. Die Aktie von Polypeptide hat einen Monat nach dem kolossalen Rückgang erst etwa 10 Prozent aufgeholt.
Gewinnwarnungen treten gehäuft in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs ein oder bereits am Ende eines Konjunkturzyklus. Dann, wenn die Geschäfte nicht mehr wie erwartet laufen, müssen Unternehmen ihre Gewinnschätzungen anpassen. Daher ist oft die zyklische Branche betroffen. Im Gegensatz dazu gibt es auch "positive Gewinnwarnungen", will heissen: Meldungen, dass Umsatz und/oder Gewinn eines Unternehmens wider Erwarten steigen.
Skepsis ist angebracht
Gefallenen Aktien nach Gewinnwarnungen sollten Anlegerinnen und Anleger immer Skepsis entgegenbringen. Die Gründe für die Hiobsbotschaft, wie sie einzuordnen sind und vor allem die Auswirkungen auf das Geschäft müsen genau analysiert werden. Das ist für Aussenstehende und selbst für Profi-Investoren aber oft schwer zu beurteilen. Wer bei Gewinnwarnungen zukauft und auf das schnelle Geld hofft, wird nicht selten enttäuscht und gerät gar vom Regen in die Traufe: Was mit einer Gewinnwarnung beginnt, hört nicht selten mit einer Kapitalerhöhung auf.
Äusserste Vorsicht ist geboten ist zum Beispiel bei Unternehmen, die seit Jahren Schwierigkeiten bekunden. Dazu gehört etwa der Lausanner TV- und IT-Sicherheitsspezialist Kudelski, der sich im x-ten Jahr der Resutrukturierung befindet. Mit zahllosen Gewinnwarnungen in den letzten Jahren hat das Unternehmen längst das Vertrauen der Investoren verspielt.
In diesen Kontext gehört auch die notorisch schlechte Schlagzeilen liefernde Credit Suisse: Nach einem "Profit Warning" Ende März 2022 wegen des Archegos-Debakels rasselte die Aktie auf einen Schlag 14 Prozent auf rund 10 Franken in die Tiefe. Verlockend für viele Börsianer, da zuzugreifen. Bald folgten aber weitere Negativmeldungen punkto Aktienrückkauf oder Dividende. Die CS-Aktie rutschte in der Folge noch weiter ab und steht heute bei etwas über 5 Franken.
Die Rechnung kann aber auch aufgehen – wenn Geduld und gewisse Signale vorhanden sind. Zum Beispiel, wenn mit einer Gewinnwarnung auch ein CEO-Wechel verkündet wird und der neue CEO einen guten Leistungsausweis mitbringt.
Stimmt die Bilanz des Unternehmens, sind die Produkte weiter konkurrenzfähig und die Kosten kein grösseres Problem, werden Gewinnwarnungen für Investoren noch interessanter. Oft erkennen dies Investoren früh, so dass es gar zu keinen Kursabstürzen kommt.
Bei Cembra brach mit dem Ende der Cumulus-Zusammenarbeit ein richtiger Brocken Ertrag weg, der jahrelang wesentlich zum Gewinn beigetragen hatte. Investoren waren monatelang zurecht skeptisch, ob der Cumulus-Wegfall adäquat kompensiert werden kann. Die schlechte Kommunikation des Unternehmens spielte sicher auch eine Rolle, weshalb der Markt misstrauisch lange misstrauisch blieb. Erst in den letzten Wochen und Monaten hat die Aktie wieder angezogen. Bis zum Niveau von August des letzten Jahres fehlt aber noch einiges.
Grundsätzlich gilt für Cembra und andere von Gewinnwarnungen betroffene Aktien: Mit einem Zukauf warten, bis der Kurs über Tage oder Wochen anhaltend und deutlich zulegen kann. Das ist oft ein Zeichen, dass sich hinter den Börsen-Kulissen etwas tut. Denn Grossaktionäre, Fondsmanager und Analysten sind immer besser informiert als die breite Anlegermasse.
Dies ist eine aktualisierte Version eines cash-Artikels, der zuerst am 9. September 2021 erschien.