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Die Strategen der Deutschen Bank machen eine klare Ansage: Sie sehen den Stoxx Europe 600 Index bis Ende 2026 auf 650 Punkte steigen. Aus heutiger Sicht entspräche dies einem Plus von rund 14 Prozent – die Dividendenabgänge aufgerechnet sogar fast 17 Prozent. Das breit gefasste Börsenbarometer umfasst auch die gängigsten Aktien aus der Schweiz.
Damit folgen die für die Grossbank tätigen Maximilian Uleer, Carolin Raab und Francesca Mazzali ihren Berufskollegen bei der UBS in London. Letztere hatten ihre nächstjährige Prognose Mitte September erhöht und sehen den Stoxx Europe 600 Index Ende nächsten Jahres ebenfalls bei 650 Punkten stehen.
Weder der Umstand, dass das Börsenbarometer unter Aufrechnung der Dividendenabgänge alleine in diesem Jahr um mehr als 14 Prozent an Wert zulegen konnte, noch die Rekordjagd der letzten Wochen hält die Strategen von UBS und Deutsche Bank davon ab, europäische Aktien wärmstens zum Kauf anzupreisen – getreu dem Motto: Jetzt erst recht.
Jene der Deutschen Bank raten sogar dazu, aus amerikanischen in europäische Aktien umzuschichten. Mit dieser Empfehlung wagen sie sich weit auf die Äste hinaus, wähnt man bei vielen anderen Banken doch auch weiterhin die New Yorker Börse in der Favoritenrolle.
Kursbilanz des Stoxx Europe 600 Index seit Januar (Quelle: www.cash.ch)
Wer nun denkt, dass Maximilian Uleer und seine beiden Mitautorinnen dem Swiss Market Index (SMI) im mir vorliegenden Strategiepapier bis Ende nächsten Jahres nur geringfügig höhere Notierungen zutraut, der irrt. Mit 14'200 Punkten liegt das besagte Jahresendziel immerhin um knapp 13 Prozent über dem Schlussstand von gestern Dienstag. Obendrauf kommt noch eine Dividendenrendite von etwas mehr als drei Prozent. Das macht auch den als «langweilig» und «träge» verschrienen SMI fast zu so etwas wie einem «blinden Kauf».
Letztendlich dürfte die Entwicklung des Frankens gegenüber dem Euro darüber entscheiden, ob sich der sogenannte «Home Bias» für in Franken rechnende Aktienanlegerinnen und -anleger mit Blick aufs kommende Börsenjahr bezahlt macht oder nicht.
Bei dieser Gelegenheit sei noch kurz erwähnt, dass sich auf der 20 Titel starken Liste der taktischen Aktienempfehlungen der Londoner Strategen der UBS nicht eine einzige aus der Heimat der Grossbank findet. Und selbst auf der Liste der taktischen Verkaufsempfehlungen stösst man mit Straumann bloss auf eine Aktie aus der Schweiz. Die Berufskollegen der Deutschen Bank hingegen warten ihrerseits gar nicht erst mit konkreten Titelempfehlungen auf...
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Gestern Dienstag luden der neue Nestlé-Chef Philipp Navratil und seine Finanzchefin Anna Manz zu einem Analystentreffen nach London. Und das «Wer-ist-Wer» dieser Berufsgruppe leistete dieser Einladung erwartungsgemäss Folge.
Mittlerweile liegen mir denn auch erste Rückmeldungen vor. Analyst Tom Sykes von der Deutschen Bank etwa schreibt, dass er das Branchenverständnis, die klare Kommunikation und die Wachstumsorientierung des neuen Firmenchefs sowie die Stärke des kombinierten Managementteams zu schätzen weiss. Sykes geht künftig von einem besseren Zusammenspiel zwischen Management und Verwaltungsrat aus. Er sieht den Nahrungsmittelmulti nun in der Bringschuld, wobei das Interesse vor allem der Generierung höherer Cashflows gelten dürfte. Grösseren Anpassungsbedarf bei seinen Schätzungen sieht der Analyst nicht und stuft die Aktien wie bis anhin mit «Hold» und einem Kursziel von 86 Franken ein.
Die Aktien von Nestlé geben einen Teil der Gewinne von letzter Woche wieder ab (Quelle: www.cash.ch)
Sein für die UBS tätiger Berufskollege Guillaume Delmas meldete sich sogar schon am Dienstagnachmittag zu Wort. Seines Erachtens ist Geduld gefragt, bis das Tagesgeschäft wieder dauerhaft schneller und profitabler als der Markt wächst. Ausserdem wähnt der Analyst das Unternehmen mit Blick auf das kommende Jahr vor «schwierigen» Preisverhandlungen mit dem Einzelhandel. Er hält deshalb sowohl am «Neutral» lautenden Anlageurteil als auch am Zwölf-Monats-Kursziel von bloss 80 Franken fest.
Dass die Nestlé-Aktien heute Mittwoch den Kopf hängen lassen, dürfte weniger dem Analystentreffen in London, als vielmehr dem eher enttäuschenden Zwischenbericht bei L'Oréal geschuldet sein. Die Aktien des Kosmetikherstellers verlieren zeitweise mehr als sechs Prozent. Sauer stösst an der Börse vor allem die Aussage von Firmenchef Nicolas Hieronimus auf, wonach er «mit gekreuzten Fingern» auf ein erfreuliches Weihnachtsgeschäft sowie auf eine Belebung in China hoffe. Das klingt auch für mich ein bisschen nach dem «Prinzip Hoffnung». Bekanntlich sind die Westschweizer substanziell am französischen Kosmetikhersteller beteiligt.
Wie aus einem Kommentar aus der Feder von Patrik Schwendimann von der Zürcher Kantonalbank hervorgeht, könnten zwecks Schuldenreduktion Unternehmensteile im Umfang von bis zu vier Milliarden Franken zum Verkauf kommen. Er selber hält hingegen eine Teilreduktion des L'Oréal-Pakets von 20 auf 16 Prozent für die wohl eleganteste Lösung, liesse sich eine solche Stärkung der Bilanz um sieben Milliarden Franken doch rasch und einfach umsetzen. Schwendimann preist die Aktien von Nestlé mit «Übergewichten» und einem fairen Wert von 104 Franken an. Es ist das höchste mir bekannte Kursziel – und das einzige im dreistelligen Frankenbereich.
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