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Eigentlich müssten hiesige Aktienanlegerinnen und Aktienanleger ja bei bester Laune sein. Nach dem Durchhänger von Mitte Januar weist der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) mit einem Plus von knapp einem Prozent mittlerweile eine positive Zwischenbilanz auf.

Bei einigen Unternehmen bietet sich den Aktionärinnen und Aktionären allerdings schon seit Wochen dasselbe geradezu zermürbende Bild: Denn fast täglich sind wieder neue 12-Monats-Tiefstkurse zu verzeichnen.

Eines dieser Unternehmen ist die ehemalige Sulzer-Tochter Medmix. Wie ich gestern Mittwoch in meiner Kolumne berichtete, trennten die Aktien des Medizinaltechnikherstellers zuletzt nicht mal mehr einen Franken von den Tiefstkursen seit der Abspaltung vom Mutterhaus aus Winterthur.


Doch selbst das hielt die Fonds-Manager der UBS nicht davon ab, sich gegen die Kaufempfehlung des hauseigenen Analysten Patrick Rafaisz zu stemmen und die Aktienbeteiligung – quasi zu Ausverkaufspreisen - auf unter drei Prozent zu reduzieren. Im Zuge des Börsendebüts kauften sie sich einst mit mehr als vier Prozent bei Medmix ein.

Doch auch vor Grossunternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI) macht der zermürbende Kurszerfall nicht Halt. In den vergangenen Tagen waren die Genussscheine von Roche für weniger als 230 Franken zu haben. Man muss schon in den Sommer 2018 zurückgehen, um auf ähnlich tiefe Kurse zu stossen.

Die Kursentwicklung bei Roche ist ein Trauerspiel sondergleichen (Quelle: www.cash.ch)

Für Vontobel-Analyst Stefan Schneider ist das jedoch noch lange kein Grund, jetzt nicht die Reissleine zu ziehen. Nachdem er über lange Jahre zur Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel hielt und deren Valoren zum Kauf anpries, soll nun alles anders sein. In einer mir zugespielten Unternehmensstudie geht Schneider überraschend von "Buy" auf "Hold". Gleichzeitig streicht er das Kursziel auf 254 (zuvor 310) Franken zusammen.

Der Analyst begründet diesen Schritt einerseits damit, dass nach dem Ende der Pandemie mehr Umsätze wegbrechen als gedacht und er anderseits die künftige Margenentwicklung überschätzt habe. Nun gibt er sich geläutert und sieht im weiteren Jahresverlauf nicht länger Raum für eine Höherbewertung.


Auch die defensiven Qualitäten der Swisscom sind momentan schlichtweg nicht gefragt. Gestern Mittwoch notierten die dividendenstarken Aktien erstmals seit mehr als einem Jahr wieder unter 500 Franken. Wie das Ergebnis für das Schlussquartal zeigt, schmälert der starke Franken die Ertragsströme aus Italien deutlicher als befürchtet. Und auch die eher vorsichtigen Gewinnvorgaben für dieses Jahr sorgen für das eine oder andere enttäuschte Gesicht.

Vermutlich sind die Swisscom und ihre Valoren den Anlegerinnen und Anlegern aber einfach nur eines: Viel zu langweilig. Der Hype um die jüngsten Fortschritte bei der künstlichen Intelligenz und jener um die Hersteller von Schlankheits-Spritzen graben gerade den defensiven Aktien ganz schön das Wasser ab.

Von langweilig kann bei anderen Aktien mit beinahe täglich neuen Tiefstkursen – ich denke da etwa an jene des Kapselherstellers Aluflexpack, des Vermögensverwalters GAM, des Spitalkommunikationsspezialisten Ascom, des Windkraftwerkzulieferers Schweiter Technologies oder des Glasverpackungsherstellers Vetropack – hingegen nicht die Rede sein. Alleine schon aufgrund des engen Marktes unterliegen diese Papiere teils starken Kursausschlägen.

Aluflexpack will in die USA expandieren. So weit, so gut. In Börsenkreisen fragt man sich allerdings, wie das hochverschuldete Unternehmen die anfallenden Investitionen aus eigener Kraft stemmen will. Und obschon die Angst vor hohen Investitionen übertrieben erscheint – will sich das Unternehmen dort doch kostengünstig einmieten und nicht selber bauen – bekunden die Aktien weiterhin Mühe.

Die Valoren von GAM fielen am Dienstag sogar auf den tiefsten Stand in der Firmengeschichte. Dem darbenden Vermögensverwalter laufen die Grossaktionäre davon. Neben dem langjährigen Ankeraktionär Silchester International – dieser ist seit Oktober 2011 mit an Bord – trennte sich mit der Gothic Corporation zuletzt auch ein Anlagevehikel der Elite-Universität von Yale von Aktien.

Kurszerfall bei den GAM-Aktien im mehrjährigen Vergleich (Quelle: www.cash.ch)

Nach mehreren verlustreichen Jahren in Folge wartet viel Arbeit auf den neuen Firmenchef Elmar Zumbühl. Es dürfte ihm nicht leichtfallen, seinen Arbeitgeber rasch wieder auf Kurs zu bringen.

Bei den Aktionärinnen und Aktionären von Ascom sitzt der Unmut über die Umsatz- und Gewinnwarnung vom Dezember noch immer tief. Auch unter der neuen Führung bleibt der Anbieter von Spitalkommunikationslösungen den Erwartungen vieles schuldig. Da helfen auch so bekannte Persönlichkeiten wie der ehemalige Phonak-Chef Valentin Chapero nur bedingt.

Schweiter Technologies und Vetropack finden sich hingegen aufgrund des schwierigen Branchenumfelds sowie des starken Frankens wegen in einem ziemlichen Stimmungstief wieder. Gestern Mittwoch kündigte der für die Berenberg Bank tätige Analyst Fraser Donlon den Aktien von Vetropack die Liebe und ging mit einem Kursziel von 46 (zuvor 57) Franken von "Buy" auf "Hold". Das setzte den Papieren gleich nochmals zu.

Der Analyst warnt vor tieferen Absatzpreisen und deutlich negativen Währungseffekten. Darauf abgestützt streicht er seine Gewinnerwartungen für den Glasverpackungshersteller um bis zu 33 Prozent zusammen. Andere Berufskollegen dürften es ihm gleichtun und bei ihren Schätzungen ebenfalls den dicken Korrekturstift ansetzen.

Ein altes Börsensprichwort warnt Anlegerinnen und Anleger davor "ins fallende Messer zu greifen". Rückblickend war das bei sämtlichen der genannten Aktien in den letzten Wochen und Monaten tatsächlich eine schlechte Idee. Doch gerade bei den Urgesteinen der hiesigen Unternehmenswelt wie Roche oder Swisscom greift eine weitere Weisheit: Modeströmungen kommen und gehen – Roche und Swisscom sind hier um zu bleiben...

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